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Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition)

Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition)

Titel: Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Elise Miesbach heran. »Falls Sie denken, ich lasse mich veräppeln, kennen Sie
mich schlecht. Zu Ihrer Information, junge Dame: Ich bin schon mit ganz anderen
Kalibern fertig geworden als Sie eines sind.«
    »Die gute
alte Zeit, ich verstehe.«
    »Wenn ich
Sie wäre, Fräulein, würde ich den Mund nicht so voll nehmen!«, zischte der LKA-Mann,
entblößte die makellos weiß schimmernden Zähne und ließ es sich nicht nehmen, den
Blick über den Körper seiner Kontrahentin wandern zu lassen. »Täusche ich mich,
oder tragen Sie sich mit dem Gedanken, Karriere zu machen? Ja? In diesem Fall würde
ich Ihnen raten, sich nicht allzu weit aus dem Fenster zu lehnen. Sie wissen doch,
je höher man steigt, desto tiefer der Fall. Und was Sie angeht, Herr Professor,
tun Sie mir den Gefallen und räumen das Feld. Was den Abtransport und die weitere
Verwendung des Leichnams betrifft, sind ab jetzt meine Mitarbeiter draußen auf dem
Flur zuständig. Und natürlich meine Wenigkeit. Darüber hinaus, Herr Peters, darf
ich Sie nochmals auf das Schreiben des Herrn Generalstaatsanwaltes hinweisen. Auf
das Kleingedruckte sozusagen. Mit anderen Worten: Sowohl Sie, Fräulein, als auch
Sie, Herr Professor, unterliegen der Schweigepflicht, sowohl im medizinischen als
auch dienstrechtlichen Sinn.«
    »Dienstrechtlich?«
    »Ich sehe,
wir verstehen uns, Herr Peters«, entgegnete Posininsky, ein Lächeln auf dem konturlosen
Bürokratengesicht, in dem das einzig Hervorstechende die Hornbrille war. »Noch ein
Wort, vor allem über den vorliegenden Fall, und Sie können sich eine andere Beschäftigung
suchen. Von Druckmitteln, über die ich verfüge, nicht zu reden.« Posininsky drehte
sich um und schlenderte zur Tür. Dort angekommen, drehte er sich schwungvoll um
und zischte: »Nur ein Wort, nur einziges unbedachtes Wort, und Sie beide können
sich Ihr Grab schaufeln. Haben wir uns verstanden, Herrschaften?«

Verbrechen und Strafe
     
     
     
     
    ›Jerusalem, 15. Dezember. Das Bezirksgericht
in Jerusalem verurteilte am Freitagmorgen den ehemaligen SS-Obersturmbannführer
Adolf Eichmann wegen Verbrechen gegen das jüdische Volk, Verbrechen gegen die Menschlichkeit
und Kriegsverbrechen zum Tode durch Erhängen. Wegen seiner Zugehörigkeit zu Organisationen,
die nach israelischem Gesetz als verbrecherisch gelten, wurden keine Strafen gegen
Eichmann verhängt. Die letzte Sitzung dauerte nur 13 Minuten. Der Angeklagte nahm
das Urteil gefasst entgegen. Er wird durch seinen Verteidiger Berufung einlegen.‹
     
    (Aus: Die Welt , Sonnabend,
16. Dezember 1961, S. 1)
     
     
    ›Die amerikanischen Juden hatten
zu dieser Zeit (Anfang der 50er-Jahre, Anm. d. Autors) wahrscheinlich andere Sorgen.
Die Israelis hatten kein Interesse mehr an Eichmann, sie mussten sich im Überlebenskampf
gegen Nasser behaupten. Die Amerikaner hatten kein Interesse mehr an Eichmann, sie
mussten sich im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion behaupten. Ich hatte das Gefühl,
mit ein paar wenigen gleichgesinnten Narren vollkommen alleine zu sein.‹
     
    (Aus: Simon Wiesenthal, Recht,
nicht Rache , Frankfurt / M. · Berlin
1988, S. 105)

Drittes Kapitel
     
    (Berlin,
Donnerstag, 31. Mai 1962)

11
     
    Berlin-Schöneberg, Polizeipräsidium
in der Gothaer Straße │ 16:10 h
     
    Die Frau war zwar alt, aber das
bedeutete nicht, dass sie etwas zusammenfantasierte. Weder wirkte sie zerstreut,
noch war sie vergesslich oder verschroben. Das merkte man sofort, und wie immer,
wenn Sydow ihr begegnete, hatte er das Gefühl, das Alter und die damit einhergehenden
Beschwerden könnten ihr nichts anhaben.
    Kein Grund
also, ihr zu misstrauen. Er konnte sich nicht erinnern, dass die Zugehfrau seiner
Eltern auch getratscht, ihre Nachbarn angeschwärzt oder Dinge behauptet hatte, die
aus der Luft gegriffen waren. Viel eher war das Gegenteil der Fall gewesen, und
soweit er dies beurteilen konnte, war Hermine Pasewalk, von den Kindern im Haus
›Tante Mine‹ gerufen, die Gleiche geblieben. Sie war immer noch so, wie er sie in
Erinnerung hatte, resolut, vital, geistig rege und mit einem Gedächtnis gesegnet,
um das sie manch Jüngerer beneidete.
    Trotz allem
konnte Sydow die Frage, welche bei zahllosen Verhören gestellt worden war, nicht
umgehen. Hinterher tat es ihm zwar leid, in alte Gewohnheiten verfallen zu sein,
aber da war das Kind bereits ins Wasser gefallen. »Sind Sie sich da auch ganz sicher?«,
rutschte es ihm heraus, und wenn er gekonnt hätte, wäre er im Erdboden versunken.
»Ich

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