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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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Ingwer, Fenchel, Vanille und Zimt und was immer der verzückte Koch noch an Mittelchen für einen Liebeszauber hineingetan habe. Entfesselt sei man allgemein gewesen, sagte Judda, und sofort fiel mir ein, dass Strobl auch von der Haxe gegessen hatte. Was allerdings keine Entschuldigung war. Im weiteren Verlauf der Party, berichtete Judda, habe die Nail-Art-Metzgerin mangels Kundschaft versucht, dem armen Tier, dem Flöh, die Krallen zu lackieren, was der Hund, verführt durch das Angebot, so viele Leberkassemmeln fressen zu dürfen, wie er wolle, sich sogar gefallen lassen habe, nicht aber sein Härrschen, das ziemlich böse geworden sei. Überhaupt sei er ganz schön schlecht gelaunt gewesen, ihr Schnorschellehrer, dabei sei er doch sonst ein so netter Genösse. Und ob ich einen Schluck Rotwein wolle?
    Ich lehnte ab, schwach und schwindlig vor ausgestandener Angst und Erschöpfung. Was Judda veranlasste, mich erst an ihren mütterlichen Busen zu ziehen und dann mitsamt Schlafsack in eines der Zelte zu verfrachten. Mein kleines Fleckchen Geborgenheit roch nach Gummi und Gras und ein bisschen nach etwas, was mich verstehen ließ, warum ein Schlafsack nicht nur als Penntüte, sondern auch als Miefwurst bezeichnet wurde. Es war mein erstes Campingerlebnis, und ich war viel zu ausgelaugt, um es zu würdigen.
    Ich schlief tief und fest, über alle Geräusche hinweg, die die Nacht noch bereithielt. Erst als direkt neben meinem Zelt Enten schnatterten, wachte ich auf. Mit einem überwältigenden Verlangen nach einer Dusche und einem Latte macchiato.
    Kein Mensch im Sperrmüllcafé, selbst Üwe und Judda mussten sich mit ihrer einzig verbliebenen Penntüte in eins der Zelte zurückgezogen haben, vielleicht im Äfrodisiagarausch. Ich entschied, diesen vorsichtigen Anflug einer Phantasie lieber nicht weiter auszubauen oder gar mit etwas zu verknüpfen, was ich nachts im Traum gehört zu haben meinte, klopfte das Gras von meinem Rock und beobachtete, wie sich Therese vom Café her näherte. Sie trug ein Wildlederdirndl aus ihrem Shop, darunter eine blütenweiße Bluse, auf dem Kopf einen Indiana-Jones-Hut. Eine Wasserflasche in der Hand, ging sie auf die Kette zu, öffnete das Schloss, befestigte es an ihrem Gürtel und setzte sich auf ihren Hocker, wie an einen Schreibtisch im Büro. Sie nahm einen großen Schluck Wasser und zwinkerte mir zu.
    »Wird fei heiß heut. Hast im Zelt geschlafen?«
    Ein unausgesprochenes »Nicht bei Strobl« steckte in der Frage, und ich nickte, rieb an einem Grasfleck auf meinem Top herum.
    »Wennsd magst, kannst drüben einen Kaffee trinken. Kennst dich ja aus mit der Maschine. Apfeldatschi is auch noch da. Und wennsd di waschn willst …« Sie schwenkte einladend den Schlüsselbund, an dem auch der Schlüssel zu ihrer Kette hing. Ich dachte an den Wasserhahn in der Küche, daran, wie ich mich nach der Modenschau gewaschen hatte, in mich hineinkichernd, überdreht nach der Probe, wie Quirin nach mir gegriffen, seine Hand verletzt und mich geküsst hatte. Wann würde es mir gelingen, zu vergessen, dass jeder Kuss von Quirin eine eigene kleine Insel der Geborgenheit war?
    Auf jeden Fall erst dann, wenn ich nicht mehr hier wäre.
    Ich würde jetzt Julia herausklingeln, duschen und packen. Meiner Chefin waren Weinbergschnecken und französische Fahrstuhlmusik anscheinend wichtiger als das, was mit ihrem Haus oder ihrer Angestellten passierte, und mit Strobl wollte ich nichts mehr zu tun haben.
    »Es is scho a Schand, wie die Franzi uns in den Rücken fallt, ha?«
    Ich nickte höflich, obwohl es das Letzte war, was mich im Moment interessierte. Und noch weniger interessierte mich, warum Therese plötzlich »uns« sagte, als stünden hier nicht Hausbesitzer gegen Besetzer. Womit es, ich bemühte mich, es ihr in wenigen Sätzen klarzumachen, jetzt endgültig vorbei war. Von meiner Seite musste sie keinen Strafantrag mehr befürchten. Beinahe war ich ein wenig gerührt von meiner Großmut, als ich es aussprach.
    Ganz und gar nicht gefasst war ich auf Thereses Reaktion, die resignierte Geste, mit der sie den Schlüsselbund in ihren Schoß sinken ließ.
    »Keinen Strafantrag? Gina, des kannst mir ned antun!«

21.
    I ch wagte es kaum, an mir herunterzusehen. Und noch weniger wagte ich zu atmen. Das Dirndl war zu eng um Taille und Hüfte, Julia hatte mich darin eingenäht.
    »Zieh einfach den Bauch ein, Süße, ich hab nicht mehr Stoff. Es dauert nicht lange. Ich bin so froh, dass du mitläufst.«
    Wie ich

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