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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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trotzig voraus, über die wackligen, zusammengeschobenen Tische, aber etwas riss mich zurück. So würdevoll wie möglich ruderte ich mit den Armen in der Luft, versuchte, meinen Absatz aus der Ritze zwischen den Tischen zu befreien. Auf keinen Fall würde ich mich an Quirin festklammern, lieber würde ich mir den Knöchel brechen. Aber er hatte schon stabilisierend den Arm um mich gelegt.
    »Was mich deine Nächte angehen? Gina, ich … Kruzifix!« Ich hatte den Absatz mit Gewalt herausgezogen, was mich mein Gleichgewicht kostete, und er umfasste mich fester. Unter dem Hemd trug er noch seinen nassen Angeberneoprenanzug, Julia und Therese hatten ihn direkt vom Surfkurs geholt. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie seine Freundin in ihrem wilden Tanz innehielt, zu uns herüberschaute. Mit einem wohlwollenden, verständnisvollen Blick unter Liebenden: Ach Schatz, umarme sie nur, ich gönne dir auch ein bisschen Lebensfreude.
    Klatschmohnrot vor Wut und Scham befreite ich mich, machte kehrt, ohne auf ihn zu warten. Das Publikum um uns tobte. Nat Wildmoser, in knappen Müllsackshorts, als Zombie geschminkt, hatte singend eine Kommode erobert und spielte ein Luftgitarrensolo auf seiner Axt.
    »Gina?« Quirin hatte mich eingeholt. »Ich verstehe, dass du böse auf mich bist, aber …«
    »Wieso sollte ich böse sein? Ich leb mein Leben und du deins.«
    Ich strebte weg von ihm, aber er packte mich am Arm, unsanft, riss mich herum. »Was ist mit dir und Strobl?«
    Ich hatte endgültig genug. Was immer er mit Strobl habe, schnauzte ich ihn an, ich wolle damit nichts zu tun haben, und er solle die Eifersucht wegen seiner Freundin gefälligst nicht auf mich übertragen. Im Übrigen hätte ich Geschmack, was Männer beträfe, und warum er nicht einfach abzöge, mit seiner Freundin den Raum erobere und mich einfach in Ruhe ließe?
    In meiner Wut hatte ich zu tief Luft geholt, stieß an die Grenzen meines Dirndlgefängnisses.
    »Welche Freundin?« Überrascht ließ Quirin mich los, und ich rieb meinen Arm.
    »Halt, halt, halt, jetzt kommt langsam zurück!«
    Julia und Therese hatten sich vor unserem Tisch aufgebaut, wiesen uns an, uns der Reihe nach aufzustellen und einzeln über die Tische zu flanieren, langsam, mit Drehung, wie geübt.
    »Na, welche Freundin wohl?« Mit einem Kinnrucken deutete ich auf Susn, die in anmutigem Gang, allerdings weniger anmutig in sich hineingiggelnd, nach vorne trippelte, sich drehte und zurückkam.
    »Das war Susn im Hochzeitsdirndl aus Thereses Lodenmodenshop!« Julia hatte Therese das Megaphon abgenommen, ihre Ansage krächzte über den gesamten Platz.
    »Du glaubst, Susn ist meine Freundin? Bist du deshalb die ganze Zeit so …«
    »Ja, was denn sonst?« Ich starrte ihn entgeistert an. Der Schnitt vom Rasieren leuchtete in seinem blassen Gesicht. Um uns brandete Applaus. Julia hatte Anderl, den Trachtenwirt, angesagt, jetzt liefen Kathi und Nat Wildmoser über die Tische, und Therese verkündete, dass es Nats Hosen auch in Leder gebe, Hirsch und Wildbock, in ihrem Shop.
    »Sie ist dir doch um den Hals gefallen, mitten im See. Und am Ufer hat sie dir das Haar aus dem Gesicht gestrichen, und außerdem …«
    »Gina, mei … Gina.« Er griff nach meinen Händen. In seinen Mundwinkeln lauerte ein Lächeln, ein ungläubiges, fassungsloses Lächeln.
    »Jetzt Quirin im Müllsacklendenschurz und einem Trachtenhemd aus dem Shop!«
    Aber er lief nicht. Er hielt meine Hände fest. Wie er mich ansah, mit diesem leuchtenden Blick, wie es in seinem Gesicht aufging, ein Strahlen, als hätte ich gerade ein Wunder verkündet.
    »Quirl, jetzt lauf schon! Bitte!«
    »Ich erklär’s dir gleich.«
    Er ließ mich los, tänzelte über die Tische, ein Steinzeitjäger in Lendenschurz und einem Neoprenanzug. Ich sah ihm nach, benommen. Du glaubst, Susn ist meine Freundin? Ja, was denn sonst? Anscheinend gab es irgendwo, weit entfernt, eine andere Möglichkeit. In einer entlegenen Abteilung meines Hirns knallten erste Sektkorken.
    »Und jetzt unsere größte Attraktion: Gina im Kondomdirndl!«
    Ich taumelte nach vorne, ließ mich bestaunen: mein Oberteil, das aus zusammengerollten Kondomen gemacht war, in zartem Rosa und Lila, die aufgeblasenen Ballons um die gesamte Taille, Rock und Schürze aus losen, aufgerollten Präserln, die bei jedem Schritt wippten.
    »Die san alle aus meinem Automatn!«, brüllte Anderl. Und damit erreichte die allgemeine Ekstase ihren Höhepunkt. Rufe, frenetischer Applaus, der sich nicht

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