Eiertanz: Roman (German Edition)
nur ihr Lehrmädchen, sondern anscheinend auch ihre Tochter war, teilten sich den Ecktisch.
»Na, von wegen überfüllt«, murmelte Christiane und steuerte auf den großen Tisch zu, gerade als sich der verfilzte Vorhang teilte und Julia mit einem Tablett voller Teller heraustrat. Sie sah uns nicht, bog direkt ab zum Ecktisch.
»Fünfmal Pommes weißblau. Für wen war der vegane Leberkäse?«
»Das glaub ich jetzt nicht!«
»Christiane, da ist ja Alexander Strobl! Wie praktisch!« Und schon hatte ich meine Chefin am Ellenbogen gepackt und führte sie an Strobls Tisch. Alexander Strobl begrüßte mich mit einem breiten Lächeln: »Was sehe ich, Frau Zuhlau, heute als Gast, nicht in Ihrer Tätigkeit als …«
»Oh, Herr Strobl, was für ein Zufall, darf ich Ihnen Frau Breitner vorstellen?« Meine Zunge, vielleicht noch trainiert von Quirins Küssen, überschlug sich fast. Wie um alles in der Welt konnte ich ihn davon abhalten, das Wort Bedienung auszusprechen?
»Herr Strobl, Frau Breitner, die – äh – Erbin. Das sieht aber ansprechend aus, haha, auf Ihrem Teller, das ist sicher der Leberkäse?«
Ich mied Christianes Blick, sah stattdessen Alexander Strobl an, erst flehend, dann beschwörend.
»Ach, wissen Sie, Frau Zuhlau, dieser Möchtegern-Leberkäse ist ebenso unspannend wie die Menschen, die solche Absurditäten zu sich nehmen. Schön, Sie endlich kennenzulernen, Frau Breitner. Die Herren hier sind übrigens meine beiden Bekannten, die gleich das Grundstück vermessen werden …«
Während er uns die Männer vorstellte, fixierte ich ihn, versuchte fieberhaft, mich an Hypnose-Sendungen im Fernsehen zu erinnern. Vielleicht würde es auch ohne Pendel gehen:
Alexander, du bist ganz entspannt. Tiiief entspannt. Du wirst jetzt gleich vergessen, dass du Georgina Fernande Zuhlau jemals als Bedienung hier gesehen hast.
»… wann glauben Sie denn, ist die Testamentsangelegenheit endlich geklärt?«
»Ich denke, spätestens in zwei Tagen. Jetzt, wo ich hier bin und einiges in Ordnung bringen kann.« Christianes missbilligender Blick brannte auf meinem Gesicht, aber ich sah sie nicht an, versuchte, Julia per Fernhypnose dazu zu bringen, in der Küche zu bleiben, von mir aus mit dem Karöttchen Kamasutra-Übungen zu machen oder, noch besser, durch die Hintertür zu entwischen. Dann würde die nächste Übung sein, den Anblick von Julia mit Tablett aus Christianes Hirn zu tilgen. Aber Julia machte das unmöglich, teilte lächelnd den Vorhang, sah uns, stutzte und verschwand wieder, obwohl Alexander Strobl winkte: »Hallo, bitte, ich hätte gern noch eine Apfelschorle! Frau Breitner, ich kann Ihnen diesen Pseudo-Leberkäse eher nicht empfehlen, höchstens die Pommes frites, so was bekommt ja noch jeder hin. Wissen Sie, welches Gericht es als Alternative gibt, Frau Zuhlau? Sie kennen sich ja aus, Sie haben ja hier Erfahrung als …«
»Weißwurst! Vegane Weißwurst!« In meiner Aufregung hatte ich gebrüllt, als müsste ich die frohe Weißwurst-Botschaft den Hungrigen am anderen Seeufer mitteilen, und alle starrten mich an, auch Therese, die gerade hinter dem Vorhang hervortrat, ein Blech Apfeldatschi auf der Theke abstellte.
»Mei, Gina. Und Sie sind sicher …«
»Christiane Breitner.«
Darauf hielt Therese einen kleinen Vortrag, wie viel Gina schon im Haus geschafft habe, Christiane könne sich kein Bild davon machen, wie es dort ausgesehen hätte. Sie selbst habe sich ja um die alte Dame gekümmert, so weit es ihr möglich gewesen sei, nicht nur sie, auch ihr Bruder, Hartl, und ihr Neffe, zumindest in den Ferien. Aber gegen die jahrzehntelange Sammelwut der alten Dame hätten sie auch nichts unternehmen können. Gina habe Wunder gewirkt, sei überhaupt so tüchtig und so nett.
Ich hatte nicht gewusst, dass Hartl Thereses Bruder war, wirr dachte ich darüber nach, tatsächlich, sie sahen sich ähnlich, um die Augen, und Quirin war dann ihr …
»… macht ja auch bei der Modenschau als Model mit«, sagte Therese gerade, und ich schrumpfte unter Christianes Blick zusammen.
»Ja, sehr tüchtig, unsere Frau Zuhlau«, fiel Alexander Strobl in die Lobeshymne ein, und ich gab meine Hypnoseversuche endgültig auf, jetzt war es auch schon egal.
»Ich habe sie ja die letzten Tage hier im Café erlebt …«, ruhig war ich jetzt, ganz ruhig, wie nur hatte ich glauben können, dass es möglich war, vor Christiane die Notfälle zu verheimlichen, die mich vom Suchen abgehalten hatten,
»… als
Weitere Kostenlose Bücher