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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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Sinn. Du hast ja schon gesagt, dass Leute im Haus herumschnüffeln. Es würde mich nicht wundern, wenn das zufällig diese Nachbarn, die unwissentlich – Gina, ich muss doch sehr bitten! So naiv bist du doch sonst nicht – also die Nachbarn wären, die unwissentlich das Grundstück …«
    »Aber das stimmt doch gar nicht«, mischte sich Julia ein, und Christiane schaute zweifelnd zwischen uns hin und her, dann wieder auf die Näherkommenden mit ihren Stirnlampen, während ich von meinem Verdacht erzählte: »Die Keksdose … äh, die Urne … war nicht an ihrem Platz, als ich von der Nail-Art-Metzgerin zurück …«
    »Die Urne? Ich dachte, die ist erst gestern gekommen?«
    »Äh, natürlich, gestern, ich meinte tatsächlich eine Keksdose, haha, sie sah ganz ähnlich aus wie eine Urne, so ein Zufall! Und die Matratze, also, das Bett, ganz zerwühlt, an dem Morgen, als Mirko … Äh, außerdem hat es nach Zitrone gerochen …« Jetzt sahen mich beide, Christiane und Julia, auf die gleiche Art an, halbwegs erwartete ich, dass sie mich von beiden Seiten vorsichtig unterhaken würden, um mich nach Hause zu bringen, ein »Jetzt schläfst du erst mal schön, und morgen kommt der Arzt« auf den Lippen. Aber der Arzt war schon da. Zumindest der Tierarzt. In seiner Gestalt als Surflehrer. Oder als Schwimmlehrer. Oder als was auch immer er hier in Badehosen, mit Stirnlampe und Angeberschwimmbrille am See fungierte, immerhin abends nach zehn. Judda und Üwe erklärten es uns: »Nachtschwimmen!« Es sei sooo romandisch, schwärmten sie, viel besser als eine Nachtwanderung, und sie würden demnächst auch nachtschnorcheln gehen, was sicher noch romandischer wäre. »Willst du nicht mitmachen, meine Guddsde? Du hast doch schon mal mitgeschnorscheld!« Glücklicherweise ging Juddas Bemerkung in der Begrüßung unter Nachbarn unter. Erst schüttelte Quirin Christiane die Hand, ernst und dafür, dass er nichts als eine Badehose und ein Handtuch trug, doch recht förmlich, dann trat ein charmant lächelnder Hartl vor, ebenfalls in Badehose, schob die Stirnlampe zurück ins Haar und ergriff ihre Hand. Er hoffe, sagte er in bestem Hochdeutsch, sie habe sich schon etwas eingelebt?
    »Ja, ich glaube, das habe ich.« Christiane betrachtete den halbnackten Hartl von oben bis unten, in aller Ruhe und Genüsslichkeit. Was ihm nichts weiter auszumachen schien.
    Souverän ließ er ihr Zeit, sich sattzusehen, hielt dabei ihre Hand fest in seiner, zeigte sich als galanter Augenschauer. Als er sie endlich losließ und wir weitergingen, blieb er einen Moment stehen und gönnte sich einen dezenten Blick auf ihren bemerkenswerten Pfirsichhintern in ihrem engen, geschlitzten Rock, bevor er wieder zu ihr aufschloss. Im Weitergehen unterhielten sie sich, Christiane lachte einige Male ihr tiefes Lachen, und als er kurz vor dem Kiesweg vorsorglich stützend nach ihrem Ellenbogen griff, ließ sie es sich gefallen. Worüber sie sprachen, hörte ich nicht, denn Julia erzählte dem Fischlippigen und dem dünnen Mädchen, das von Surfbrettern fiel, von der kommenden Modenschau, von der sie gerüchteweise gehört hatten.
    »Heute ganz offiziell, Frau Zuhlau?« Ich spürte Quirin neben mir, seinen Arm, noch kalt vom Wasser, dicht an meinem, und mir fehlte die Kraft, meine innere Kuh zu aktivieren und gelassen zu bleiben.
    »Lass doch mal diesen Quatsch!«
    »Welchen Quatsch?« Er legte seine Hand auf meine Schulter, und unmerklich blieben wir einen Schritt zurück … Aber schon drehten sich die Sachsen um, Üwe rief, dass seine Tauchlehrer ja immer so edebedede seien, was Effgaga betreffe, Nachtschnorcheln, da gönnd man ja gleich Naggdschnorcheln, und alles lachte. Einen Moment legte Quirin seinen Arm um meine Taille, leicht, beinahe spielerisch, beugte sich zu mir.
    »Welchen Quatsch soll ich lassen?«
    »Diesen Frau-Zuhlau-Quatsch.« Dummerweise fing mein Herz von einem Moment auf den anderen an, so schnell zu schlagen wie sonst nur nach einem einstündigen Step-Aerobic-Workout, und ich entzog mich seinem Arm.
    »Du bist so süß, wennsd so straight bist«, flüsterte er, ich spürte seinen Atem an meinen Ohr, Schwimmbadduft. Bevor mir eine Antwort einfiel, drehte er sich um, und ich ging hinter den anderen her ins Haus.
    »Zieh die Latschn aus, wannsd reinkimmst, hosd mi?«
    In der Küche brannte noch Licht, und es roch nach Kohl. Von Lutz keine Spur. Das Haxnexperiment schien misslungen zu sein. Auf dem Tisch stand der Römertopf, gefüllt mit

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