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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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Bierkekse!« Ich schickte einen verzweifelten Hypnoseblick zu Franzi. Einen Blick, der erstaunlicherweise wirkte. Franzi überschüttete meine immer noch zuckersüß lächelnde Chefin mit Rezepten für Biergebäck und Poulardenschenkeln in Bier, nicht ohne mir wissend zuzuzwinkern. Worauf ich das Gespräch endgültig auf ein ungefährlicheres Thema brachte, mit einer lobenden Bemerkung über das Wetter, das bis jetzt gehalten habe, und darüber, dass von all den Herrlichkeiten, die wir auf den Kiesweg gestellt hatten, noch nichts weggekommen war, haha, ob das nicht großartig sei? Christiane bedachte mich mit einem langen, nachdenklichen, beinahe besorgten Blick.
    »Ja, bei uns wären sie längst mit Bussen vorgefahren. Vielleicht ist das einer der großen Vorteile des Landlebens. Ich wusste ja gar nicht, dass du dich so sehr für Keksrezepte interessierst, Gina.«
    Mit einer großzügigen Bewegung in Richtung Sperrmüll wandte sie sich darauf den Flanierenden zu.
    »Wenn Sie irgendetwas haben wollen, seien Sie nicht schüchtern, nehmen Sie es sich ruhig mit!«
    Worauf die versammelte Mannschaft der Sperrmüllbetrachtenden innehielt und sie anstarrte.
    »Aber doch ned vor dem Zwoarazwanzigsten«, sagte Franzi, und Therese, in der Tür des Cafés, trat ihre Zigarette aus.
    »Wer des bestimmt, wolln wir erst amoi sehn«, sagte sie, drehte sich auf dem Absatz ihres Cowboystiefels um und ging zurück ins Café.

    Gegen elf Uhr waren wir bei Planquadrat E6 angelangt. Zu viert, in dem von Christiane vorgegebenen Tempo, ging es beschämend schnell. Unsere Chefin, anscheinend nicht halb so erschöpft wie wir, hatte dabei sogar noch den Atem für zwei kleinere Vorträge. Im ersten, kürzeren, ging es darum, wie wenig man doch seine Mitmenschen kenne, dargestellt am Beispiel ihrer Angestellten Gina und ihrem plötzlichen Interesse für Schnorchelkurse und Kochrezepte. Der zweite Vortrag, für den sie in ihrer Arbeit innehielt, während wir die Anfänge der Treppe in den zweiten Stock freilegten, war eher ein einsames Brainstorming zum Thema »gewinnbringende Kosten-Nutzen-Rechnung und Organisation einer Tauchschule mit angeschlossenem Café an einem idyllischen Uferstreifen«. Sie war mitten in der Konkurrenzanalyse, als das Telefon in der Diele ein heiseres Klingeln von sich gab. Ich hatte das vorsintflutliche Zifferntelefon mit dem Überzug aus geblümtem Stoff gleich zu Anfang ausgegraben, unter Kisten voller chinesischer Porzellandrachen, und hatte ihm nicht zugetraut, dass es überhaupt klingeln konnte, wenn auch hörbar ungeübt. Noch weniger hatte ich meiner Chefin das rasante Tempo zugetraut, mit dem sie die Holztreppe hinuntergaloppierte, auf Ledersohlen durch die Diele schlitterte, um den Hörer an sich zu reißen. Und schon gar nicht ihren säuselnden Tonfall, nachdem sie sich gemeldet und eine Weile gelauscht hatte.
    »Oh, ja? Natürlich. Aber ja. Was für eine wunderbare Idee. Und wie gerne. Doch wirklich. Ich brauche nur einen Moment.« Sie legte den Hörer auf, rief uns, jetzt wieder im Befehlstonfall, zu, wir sollten die letzten Müllsäcke nach unten schleppen, dann könnten wir Feierabend machen, und verschwand im Bad. Zehn Minuten später rauschte sie aus dem Haus, nur leicht geschminkt, in frischen Edeljeans und sportlicher Bluse. Nachdem wir fluchend und mit schmerzenden Muskeln mehrere Müllsäcke voller alter Schrauben, verrosteter Zangen und anderer Eisenteile entsorgt hatten, duschten Lutz und Julia. Zusammen. Es dauerte, vielleicht fütterten sie noch eine schnelle Brahma-Ente. Als ich endlich aufbrach, duftend, mit Silberkappe und Bikini unter Rock und Bluse, wusste ich, dass ich zu spät kam. Am Nachthimmel hing eine fahle Mondsichel. Nur eine einzige Grille war noch auf dem Posten und zirpte in voller Lautstärke, als ob sie den Job für zehn andere mitmachen müsste. Die Frösche ruhten erschöpft, ließen die Insekten unbehelligt ausschwärmen zu den wartenden Blüten. Und zu mir. Stillvergnügt plätscherte der See vor sich hin, keine Haifischflosse teilte die glatte Wasserfläche, kein sächsischer Schnorchel tauchte auf. Nirgendwo eine Spur einer wilden »Effgaga«-Party mit Taucherbrille und Schwimmflossen. Nur weit entfernt, beinahe am anderen Ufer, dümpelte ein Boot, in dem zwei Schatten saßen. Mann und Frau vielleicht, es war nicht zu erkennen. Einen dummen, eifersüchtigen Moment dachte ich an Quirin und Die-vom-Surfbrett-fällt, dann drehte ich mich um, ging zurück zum Haus. Es war

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