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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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außerordentlich talentierte Bedienung«, schloss Alexander Strobl.

15.
    D en Rest des Tages verbrachten wir in der Strafkolonie der Planquadrate D6 bis E6, mit Schlitten, Skiausrüstungen, Rentieren und Weihnachtsschmuck. Es war heiß im ersten Stockwerk, und Lutz, der uns widerstrebend half, hatte sich bald wieder bis auf sein Leopardenunterhöschen ausgezogen. Für Julia hoffte ich, dass er mehrere davon besaß. Wir arbeiteten schweigend, sahen uns nur ab und zu an, wobei Julia immer wieder mit den Augen rollte und kopfschüttelnd die Wangen aufblies, um das, was im Café geschehen war, zu kommentieren. In ihrem zuckersüßesten Tonfall hatte Christiane verkündet, dass sie ihre Angestellten nicht dafür bezahle, in einer Caféhütte, und möge sie auch noch so urig sein, zu bedienen, auch nicht dafür, an einer Modenschau mitzuwirken, worauf Therese mit einem »A, gä, ich bezahls ja auch. Neunfuchzig die Stund« auftrumpfte und mit einem: »Die Madln werrn scho selbst wissen, was sie tun« die Arme vor ihrem gewaltigen Balkon verschränkte.
    »Neunfuchzig die Stunde, ich glaub’s einfach nicht.« Christiane hatte zu ihrem Allein-unter-Irren-Lachen angesetzt, es aber gleich wieder heruntergeschluckt, als Julia ein vorsichtiges, dennoch beherztes »Aber die Moden… Au!« in den Raum zu werfen wagte, gestoppt von meinem Tritt auf ihren Fuß.
    Jetzt, während sie wütend einen übergroßen Plastikweihnachtsmann zur Treppe zerrte, zischte Julia mir zu: »Aber die Modenschau ist mir wichtig!«
    »Ich weiß. Sie wird sich schon wieder beruhigen, lass uns einfach mal einen Tag machen, was sie will, du kennst sie doch.«
    »Habt ihr ihre Aura gesehen?«, mischte sich das Karöttchen ein. »Schlammbraun.« Was Julia ihm auf der Stelle bestätigte. Man musste kein Aura-Seher sein, um zu erkennen, dass Christiane tatsächlich düster umwölkt war. Sie lief von einem Zimmer ins nächste, öffnete Schubladen in Planquadraten, die ich längst durchsucht hatte, drohte Picco mit immer phantasievolleren Strafen, falls er sich nicht sofort in seinen Käfig begab. An die Wand nageln, jede Feder einzeln ausrupfen und ihn an den nächsten Hähnchengrill verkaufen waren dabei noch die harmlosesten. Picco, erfreut über die Ansprache, antwortete mit Bauarbeiter-Pfiffen, hemmungslosem Gekecker und verliebtem Gurren, das mich vermuten ließ, dass er eine devote Ader hatte, zumindest bei Frauen. Je schlimmer Christianes Drohungen wurden, desto animierter wurde sein Gurren, und ich wollte mir nicht ausmalen, was passierte, wenn er auf ihrer Schulter landen, seine Krallen in ihre Seidenbluse graben würde.
    Draußen hörten wir Alexander Strobl seine Männer an den Vermessungsgeräten befehligen, durchs Fenster sah ich ihn wichtigtuerisch herumstolzieren, mit glänzender Glatze, und als es klingelte, vergrub ich mich grimmig tiefer in Planquadrat E2. Das Letzte, was ich jetzt brauchte, war Alexander Strobl. Aber als Christiane öffnete, hörte ich nicht Strobls Stimme, sondern die des Tierarztes. Der nur einmal schnell vorbeikam, um sich nach Picco zu erkundigen.
    »Sie sind Tierarzt? Sie sind derjenige, der dieses vermaledeite Federvieh in- und auswendig kennt? Dann tun Sie mir einen Gefallen, stecken Sie ihn in den Käfig, wo er hingehört.«
    »Sehen Sie, ein Papagei gehört nicht in einen Käfig, er …«
    »… ist neugierig und möchte frei fliegen, das habe ich schon von Gina gehört. Und jetzt stecken Sie ihn bitte in den Käfig.«
    »Wenn Sie meinen. Na, komm, Picco, du armer Hund, bist halt zu gefährlich für die Weiberleit, es ist immer dasselbe.«
    »Wollen Sie mich jetzt veralbern?«
    »Wieso? Nehmens halt ein Stück Draht, er befreit sich sonst. Gina hatte auch amoi ein Vorhängeschloss … ist sie eigentlich da?«
    »Oben, wir haben heute viel zu tun.«
    »Ja, wir auch. Ich muss gleich wieder weg.«
    Ich hörte, wie er auf die Treppe zuging, und mein Herz setzte zu einem Sprint an. Er sollte mich so nicht sehen, in meiner Kampfkleidung, ohne Silberkappe, vollkommen verstaubt, nicht nach dem, was er mir gestern noch ins Ohr geflüstert hatte. Hastig verschanzte ich mich hinter einem Berg Schlitten, mähte dabei einen Skistockwald um.
    »Gina? Ist was passiert?«
    »Nein, nein, alles supi, ich kann nur grad nicht runterkommen.«
    Sein Kopf erschien, oben an der Treppe, hinter ihm Christiane.
    »Hast Lust, heute Abend mitzuschnorcheln? Du hast ja den Grundkurs, und …«
    »Sie hat den Grundkurs? Im Schnorcheln?«

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