Eifel-Blues
brannten. »Ich habe die Wildsau aus dem Eisschrank veredelt«, sagte sie.
»Du mußt nach Köln«, sagte ich. »Ich brauche die Fotos von Messner oder Hartkopf, oder wie er auch immer heißen mag.«
»Was willst du heute nacht damit? Du siehst ihn doch morgen früh beim Angeln.«
»Du wirst es erleben«, sagte ich. »Wann kannst du fahren?«
»Ich bin todmüde. Wäre es nicht besser, das Laborzeugs hierherzuholen?«
»Das ist eine gute Idee«, sagte ich. »Wann fährst du?«
»Du bist ein Irrer. Schon gut, ich fahre gleich. Und was machst du?«
»Ich werde zu Alfred spazieren. Er wollte aufschreiben, was ihm widerfahren ist. Dann diktiere ich das Material zu Ende, mache die Sendung fertig und bringe sie zur Post.« So geschah es. Gegen elf Uhr fuhr ich durch die Nacht nach Adenau und warf die Umschläge mit den Filmen, den Tonbändern und Alfreds Bericht in den Briefkasten. Als ich zurückkehrte, war Elsa gerade dabei und schleppte keuchend den Vergrößerungsapparat ins Haus.
»Und wo können wir entwickeln?«
»Im Badezimmer. Das ist leicht zu verdunkeln. Bist du müde?«
»Todmüde«, sagte sie. »Ich habe deine Post mitgebracht. Glaubst du, daß wir irgendwann herausfinden, wer sie getötet hat?«
»Ich weiß nicht, ich hoffe es. Gib mir den Film mit den Aufnahmen von Messner. Ich will ihn noch entwickeln.«
»Du bist wahnsinnig. Du arbeitest nicht, du baggerst.«
»Laß mich, ich kann nicht anders.«
Sie legte mir die Arme um den Hals. »Gib einmal nach, mach einmal Pause. Nur für heute. Du mußt um fünf raus, um sechs triffst du Messner in Hohbach.«
»Gut«, sagte ich, aber ich fand es nicht gut.
Ich zog um auf meine geliebte Matratze im Obergeschoß und war schon eingeschlafen, als Elsa frisch gebadet und wohlriechend aus dem Bad kam.
Als das Telefon schrillte, war sie schneller hoch als ich und lief nackt auf bloßen Füßen hinunter in das Wohnzimmer. Ich hörte, wie sie laut »Nein!« sagte, dann verstand ich nichts mehr und döste schon wieder ein. Plötzlich war Licht, und Elsa stand vor dem Bett und sagte atemlos: »Aufstehen, Mensch, aufstehen. Marita ist verunglückt.«
»Wie bitte?«
»Erinnerst du dich an das Mädchen, das Marita im Laden vertreten hat, als wir mit ihr sprachen? Die war am Telefon. Marita ist spätabends irgendwohin gefahren. Sie ist auf einer schmalen Straße irgendwie abgekommen und wurde dann gefunden. Das Mädchen sagt, es wäre vor einer Stunde passiert. Wir müssen das sehen, wir müssen das angucken.«
»Zieh dich an und mach die Kameras klar«, sagte ich. Dann drehte ich mich auf den Bauch und schlug auf die Matratze ein. »Ich Arschloch hätte daran denken sollen. Ich Trottel! Und ich habe daran gedacht. Und ich habe die Schnauze gehalten, weil ich dachte, ich mache mich lächerlich.«
»Komm jetzt. Sei nicht traurig. Laß uns fahren«, sagte sie. »Vielleicht war es ja wirklich ein Unfall.«
»Wie heißt das Mädchen?«
»Ingrid«, sagte sie. »Ich habe ihr gesagt, sie soll mit niemandem sprechen, bis wir da sind.«
Draußen dämmerte schon die Ahnung eines neuen Tages und auf den Hügeln waren die ersten Lerchen schon in die Luft gestiegen.
SIEBTES KAPITEL
Elsa hatte sich hinter das Steuer meines Wagens gesetzt und sagte: »Das wird sicher ein schöner Sonnenaufgang.«
»Sonnenaufgang, Sonnenuntergang, die Eifel ist einfach wunderbar. Rutsch zur Seite, ich fahre. Wo ist das passiert?«
»Nonnenheim oder Nonnenburg oder so. Ich will fahren, du rast immer so.«
»Rutsch beiseite. Das heißt Nonnenbach, ich kenne die Straße. Ich rase nicht, ich rase nie.«
Sie rutschte zur Seite, und noch auf der Dorfstraße gab ich Vollgas. »Hast du die Kameras?«
»Sicher. Vorsicht! Kurve.«
»Ich wollte eigentlich geradeaus fahren. Was immer passiert: Du fotografierst, nimmst jeden vollen Film raus und verstaust ihn da, wo du den Messner-Film verstaut hast. Ich lasse dich vor der Unglücksstelle raus. Auf diese Weise bist du abgedeckt.«
»In welchem Krankenhaus wird sie liegen?«
»Das kann uns jetzt egal sein. Wenn das passiert ist, was ich glaube, kommen wir sowieso nicht an die heran.«
»Jawoll, Sir. Kannst du nicht etwas langsamer fahren. Du bist schon bei einhundertsechzig, und ich bin ein junges, blühendes Leben.«
»Morgen«, sagte ich, »morgen.«
»Dann mache ich die Augen zu«, sagte sie.
»Das ist gut, das ist sehr gut.«
Ich schaffte es in zwanzig Minuten, und es war nicht zu übersehen, wo es passiert war. Ich schaltete die
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