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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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diese Ingrid fragen? Ich meine, ach Scheiße, ich lasse dich so ungern zurück.«
    »Du wirst keine Frage vergessen«, sagte ich.
    »Ich mag dich schon sehr gern, Baumeister.«
    »Ubertreib es nicht«, sagte ich.
    »Angsthase«, sagte sie und fuhr ab.
    Ich schlenderte gemächlich die Straße entlang, niemand war auf den Beinen, niemand befuhr die Straße. Die aus Nonnenbach zur Arbeit fuhren waren durch, und für die Touristen war es zu früh.
    An dem Punkt, an dem Marita aus der Kurve geflogen war, kletterte ich zu dem Wrack hinunter. Auf beiden Vordersitzen waren sehr viele Blutflecken. Ich kletterte wieder hinauf und hockte mich zweihundert Meter abwärts an den Rand der Straße auf einen Findling. Alfred kam nach einer Stunde. Es sah imposant aus, wie er mit dem schweren Gerät die Kurven hochkam. Er fuhr Vollgas. Er stieg aus, ging seltsam krumm und hatte ein vollkommen verpflastertes Gesicht.
    »Frag mich nicht«, sagte er. »Fahren kann ich.«
    Wir fuhren an den Punkt, an dem Marita von der Straße gekommen war.
    »Von hier oben geht das nicht, außer mit schwerem Bergegerät«, entschied er. »Das haben wir nicht. Wie kommen wir näher ran? Ist da unten ein Weg? Wir können es nur vom Tal aus versuchen.«
    Es machte sehr viel Mühe, aber schließlich brachte er es fertig, den Tieflader durch das Tal auf ungefähr zwanzig Meter an das Wrack heranzubringen. »Von hier aus geht es mit der Frontwinde. Stell dich oben an die Straße. Wenn einer kommt, hebst du einfach die Hand. Dann höre ich auf. Die Winde macht einen Riesenlärm.«
    Vierzig wunderbare Minuten hindurch kamen nur zwei PKWs durch, deren Fahrer sich absolut nicht für uns interessierten. Vierzig wunderbare Minuten konnten wir ungehindert arbeiten, das Wrack kreischend auf den Tieflader ziehen. Ich dachte dauernd, das muß man auf dem Domplatz in Köln hören.
    Strahlend zogen wir heimwärts, strahlend pfiffen wir einen Schlager mit, der aus dem Radio dröhnte, strahlend sagte ich: »Das wird uns kein Schwein glauben«, strahlend und stolz brüllte er: »Du brauchst bloß in die Eifel kommen, da ist was los!« Und um unser kleines Glück vollkommen zu machen, sang im Radio die höchst wunderbare Ella Fitzgerald Sunny, Yesterday my Life was Filled withRain ...«
    Wir fuhren das Wrack in seine große Scheune.
    »Ich weiß nicht, was ich suche«, sagte ich. »Falls du jemand kennst, der beim TÜV ist und Ahnung hat und den Mund halten kann, ruf ihn an. Irgend etwas an der Karre muß nicht in Ordnung gewesen sein. Und leg dich wieder ins Bett.«
    »Ich weiß einen«, sagte er. »Aber ins Bett gehe ich nicht mehr.«
    »Da ist noch etwas zu klären«, sagte ich. »Wegen deiner Prügelei und der Fotos.«
    Er sah mich an und grinste schief. »Ich habe das schon verstanden. Aber wenn ich gewußt hätte, wer die Fotos gemacht hat, hätte ich den Mund gehalten.«
    »Es ist so«, sagte ich, »eigentlich war es ganz gut, daß du das gesagt hast. Das hat sie unsicher gemacht. Sie suchen jetzt nach einem Bilderverkäufer, den es gar nicht gibt.«
    »Ich verstehe schon«, sagte er. »Du bist ein Hund.«
    »Ja, ja«, murmelte ich lahm, drehte mich herum und wollte gehen, als er protestierte: »Hör mal, was machen wir denn mit dem Blechhaufen? Ich brauche die Scheune doch für's Heu.«
    »Es wird mir schon etwas einfallen«, sagte ich und ging nach Hause. Elsa war noch nicht da, ich legte mich auf das Sofa und dachte nach. Erfolgreich kann es nicht gewesen sein, ich döste ein.
    Elsa kam erst zwei Stunden später, zog bedrückt wie ein kleiner Clown durch den Flur, blieb in der Tür stehen und seufzte: »Ach, Baumeister, das ist alles so traurig. Entschuldige, daß das alles so lange gedauert hat, aber das Mädchen hatte nur eine Freundin: Marita. Und sie war völlig aus dem Leim. Ich habe ihr gesagt, sie solle die Boutique weitermachen und bei irgendwelchen Fragen mich anrufen.«
    »Weiß sie irgend etwas von Bedeutung? Und wie geht es Marita?«
    »Ja, sie weiß etwas, und sie hat etwas, aber wir wissen nicht, was es bedeutet. Hier ist ein DIN-A4-Blatt. Marita hat sich gestern nach Geschäftsschluß hingesetzt und etwas aufgeschrieben. Da steht: Heute waren zwei Leute von der Presse bei mir, ein Pärchen. Sie machen den Eindruck, als könnten sie herausfinden, wer Lorenz und die anderen getötet hat ... An dieser Stelle bricht der Text ab. Und untendrunter steht in großen Buchstaben mit Bleistift: SCHAFE! Ausrufezeichen. Spät am Abend, so gegen elf Uhr, hat Marita

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