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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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sofort, er sei unglücklich verheiratet, zwei Kinder seien da, und er wolle sich scheiden lassen.«
    Sie lächelte in der Erinnerung. »Er sagte eigentlich das, was eine Bardame jede Nacht hört. Und ich dachte: Scheiße! Wieder so ein Typ, der sich bloß an meinen Titten festhalten will! Entschuldigung, aber ich bin so wütend. Mit Lorenz war das anders. Er war in seiner Ehe wirklich unglücklich und wollte da raus. Er bereitete also alles vor und reichte dann die Scheidung ein.« Sie sah Elsa um Hilfe bittend an. »Wir Frauen haben ja oft mit Männern zu tun, die behaupten, unglücklich zu sein, und die nur bumsen wollen. Na ja, Lorenz war ehrlich. Dann ließ er sich nach Hohbach versetzen, weil das auch näher zu mir war. Aber ich war nicht der wirkliche Grund. Lorenz ließ sich hierherversetzen, weil er zusammen mit Susanne Kleiber hinter einem dicken Fisch her war. Die sind seit zwei Jahren hinter irgend etwas hergewesen. Fragen Sie mich nicht, was das war. Das weiß ich nicht.«
    »Was ist in Hohbach eigentlich gelagert?«
    »Kampfgas«, sagte sie. »Die Leute reden immer von Atomsprengköpfen und solchen Sachen. Aber es ist Kampfgas. Susanne Kleiber war seit Jahren mit Lorenz zusammen. Erst waren sie zusammen in der Gegend von Bitburg, dann kamen sie für kurze Zeit nach Bad Münstereifel, dann hierher. Sie hat immer in einem Hotel bedient, es war immer dasselbe Schema wie hier in Hohbach.« Sie lächelte. »Es ist möglich, daß Sie Leute treffen, die behaupten, Lorenz und Susanne hätten etwas miteinander gehabt. Die waren auch dick befreundet. Aber sie hatten nichts miteinander, absolut nichts.«
    Elsa kniete sich nieder und pflückte Zittergras. »Waren Sie glücklich mit Lorenz?«
    »O ja, sehr glücklich. Es war schön mit ihm. Über die meisten Dinge waren wir gleicher Ansicht, und es gab Dinge, in denen wir verschiedener Ansicht waren. Aber Krach gab es nicht. Er hat mir beigebracht, den anderen und seine Meinung zu akzeptieren. Mir ist das zum erstenmal im Leben passiert.«
    »Ist es wahr«, fragte ich, »daß Lorenz in diesem Dorf im Münsterland als Verkehrsopfer beerdigt wurde?«
    »Das ist wahr. Ein Chefarzt von einer der Kliniken hier hat einen ausführlichen Bericht für die Eltern gefälscht. Und ein Polizeichef hat einen ebenso ausführlichen Unfallhergang erfunden und ebenfalls den Eltern zugeleitet. Das wußte ich zunächst durch Gerüchte, inzwischen weiß ich es sicher. Die Eltern und die Frau konnten ihn ja nicht mehr sehen, er hatte ja ... er hatte kein Gesicht mehr.« Sie trödelte ein wenig aus der Reihe, wahrscheinlich sah sie gar nichts, war ganz versunken in ihrem Gram. Dann stolperte sie in altem Laub und schreckte zusammen.
    »Hat Ihnen Lorenz eigentlich viel von seinem Beruf erzählt?«
    »Anfangs nicht, und ich war auch nicht neugierig. Irgendwann habe ich gemerkt, daß er kein normaler Soldat ist. Erstens konnte er sich gewissermaßen selbst versetzen, wenn es ihm notwendig schien. Zweitens konnte er sehr viel zwischen den Depots pendeln, und er selbst bestimmte das. Drittens hatte er niemals Wachdienst oder Bereitschaftsdienst. So etwas fällt mit der Zeit auf. Erst habe ich mich nicht getraut zu fragen, aber dann wollte ich es wissen. Er sagte, er wäre beim MAD. Einzelheiten allerdings sagte er mir nie. Ich weiß nur, daß er bestimmte Akten oder Teilakten niemals im Depot aufbewahrte, sondern immer in der Zentrale des MAD in Köln. Wenn er sich Notizen machte, lernte er sie auswendig und verbrannte die Zettel. Er war auch häufig im Ministerium in Bonn.«
    »War er denn in der letzten Zeit anders? Aufgeregt? Gespannt?«
    »Ja. In den Wochen vor seinem Tod war er unheimlich nervös. Und er sagte: Wenn das klappt, werde ich befördert. Susanne wird auch befördert. Und dann können wir noch mehr Geld sparen. Und dann, sagte er, mache ich dir das Geschenk deines Lebens.«
    »Wissen Sie, was das sein sollte?«
    »Ich weiß es nicht, ich weiß es wirklich nicht.«
    »Was wäre denn das Geschenk Ihres Lebens gewesen?«
    »Daß er die Bundeswehr verläßt.«
    »Wieso das?«
    »Ich weiß nicht, ich denke, wir brauchen Frieden und keine Soldaten.«
    »Hat er denn einen Hinweis darauf geliefert, weshalb er befördert werden würde?«
    »Hartkopf wird es wissen, ich weiß es nicht.«
    »War Hartkopf sein Vorgesetzter?«
    »Ja, leider. Das war das, was ihn am meisten störte. Hartkopf ist ein mieser Typ. Lorenz sagte, daß hundert Hartkopfs die ganze Bundeswehr versauen

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