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Eifel-Feuer

Eifel-Feuer

Titel: Eifel-Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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du das wiederholen?«
    »Es hat ja doch keinen Zweck, dir das zu verheimlichen. Sie trägt auf dem Rücken zwei Eierhandgranaten. Die sind mit Cottbus und seiner rechten Hand mit einem Draht verbunden. Wenn Cottbus den Kontakt schließt...«
    »Das ist nicht wahr«, schrie ich.
    »Doch«, sagte er. »So ist es.«
    Ich hatte das Gefühl vollständiger Ohnmacht, ich dachte, meine Beine würden nachgeben. Ich konnte erst wieder sprechen, als ich spürte, wie Tränen über mein Gesicht liefen. »Aber dann brauchen sie doch eigentlich nicht darauf zu hoffen, daß sie ihn erschießen können, oder?«
    »Nach dem augenblicklichen Stand ist das Problem noch nicht gelöst«, nickte er. »Doch sie sind gut und arbeiten dran.«
    »Oh Gott!«
    »Das ist richtig. Beten ist nicht schlecht.«
    »Fahr mich zurück, fahr mich sofort zurück. Ich muß mit ihr reden. Woher wissen sie das denn? Das mit dem Draht und den Granaten im Rücken?«
    »Sie haben es fotografiert«, gab er Auskunft.
    An die beiden folgenden Stunden habe ich nur unklare Erinnerungen. Ich weiß, daß ich lange Zeit mit Emma allein war und daß sie versuchte, mich zu trösten und mir Mut zu machen. Ich erinnere mich auch, daß ich spürte, wie sie selbst der Mut längst verlassen hatte.
    Ich erinnere mich auch daran, daß irgend jemand einen Teller vor mich hinstellte, auf dem Rührei war. Ich aß nichts, ich konnte nichts essen.
    Irgendwann sagte Rodenstock: »Ich glaube, wir fahren wieder.« Während dieser Fahrt lichtete sich der Nebel, und ich kam auf die Erde zurück.
    »Kann Dinah sich von diesem Draht nicht befreien?«
    »Doch«, sagte er. »Das kann sie schon. Aber das nutzt doch nichts. Er spürt es sofort, oder?«
    »Diese Hilflosigkeit macht mich verrückt.«
    »Mich auch.«
    »Kann ich noch einmal mit Trautwein sprechen?«
    »Sicher«, sagte er. »Wenn es dir hilft.«
    »Ich weiß nicht, ob es hilft«, meinte ich wahrheitsgemäß.
    Ich stand vor den Bussen, während Rodenstock mit Trautwein sprach. Dann kam Trautwein zu mir und murmelte: »Lassen Sie uns ein paar Schritte machen, ich kann frische Luft gebrauchen. Wie geht es Ihnen?«
    »Nicht besonders«, sagte ich. »Da vorne steht eine Bank.«
    Wir setzten uns nebeneinander und sahen uns nicht an.
    »Wie lang ist der Draht, der die beiden verbindet?«
    »Etwa acht Meter«, sagte er. »Aber machen Sie sich keine Hoffnung, das klappt nicht.«
    »Ich mache mir aber Hoffnung«, sagte ich. »Ich hatte vor ungefähr vierzehn Tagen einen Streit mit Dinah. Sie hatte plötzlich die Idee, sie müsse Kriminalgeschichten schreiben. Ich sagte ihr, daß ich absolut nichts davon halte, aber das bremste sie nicht. Sie schrieb eine. In dieser Kurzgeschichte wird ein Mann entführt. Er kann nur heil und unversehrt aus der Geschichte herauskommen, wenn er es riskiert, mit einem Sprung rückwärts durch ein geschlossenes Fenster den Raum zu verlassen. Ich sagte ihr, das ginge nicht, das würde ihr niemand glauben, das sei vollkommen hirnrissig. Sie war wütend auf mich.«
    »Moment mal«, sagte er erregt. »Heißt das etwa ...?«
    »Das heißt es«, nickte ich. »Das Verrückte an der Sache ist, daß der Sprung rückwärts durch das Fenster in einer lauen Sommernacht stattfindet. Um Punkt drei Uhr zehn.«
    »Heiliges Sammelsurium«, sagte er tonlos. »Das wäre eine Möglichkeit. Ist Dinah sportlich?«
    »Absolut nicht. Sie ist ein Unglückswurm, der noch nie im Leben eine Kniebeuge zustande gebracht hat.«
    »Hm. Wie hoch sind die Fensterbänke im Haus?«
    »Keine Ahnung. Ich habe mir überlegt, warum sie eigentlich rückwärts springen muß. Verstehen Sie? Das ist ein generelles Problem bei dieser Idee. Die Planung bei Dinah, ich meine, die Planung der Kurzgeschichte hat einen Denkfehler. Aus irgendeinem Grund wollte sie, daß der Mann rückwärts springen muß. Ich habe gebrüllt, das wäre doch idiotisch, aber sie hat gesagt, daß die Hemmschwelle dann geringer ist, weil er nicht mit dem Kopf zuerst durch die Scheibe muß, sondern mit dem Arsch. Sie hat sich vorgestellt, daß sie selbst springen müßte, und ist zu dem Schluß gekommen, daß sie es rückwärts versuchen würde, vorwärts aber nicht.«
    »Das heißt, sie müßte den Draht...«
    »Richtig«, sagte ich. »Sie müßte den Draht abreißen und gleichzeitig Anlauf nehmen. Ob vorwärts oder rückwärts, ist eigentlich wurscht, Hauptsache ist, sie kommt durch die Scheibe geflogen.«
    »Um drei Uhr zehn«, murmelte er. »Wird sie sich an die Uhrzeit

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