Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Filz

Eifel-Filz

Titel: Eifel-Filz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaques Berndorf
Vom Netzwerk:
Strick nehmen.«
    »Wo haben Sie die Armbrust gekauft?«
    »Sie werden lachen, in Ravensburg auf einem Trödelmarkt. Jemand hatte sie gekauft und war enttäuscht. Er wollte sie loswerden.«
    »Hatten Sie das M 99 schon?«
    »Oh ja, seit Anfang des Jahres.« Udler sprach nicht zu mir, er sprach mit sich selbst. »In Daun campierte ein kleiner Wanderzirkus. Sie kennen das: Menschen und Tiere haben Hunger und kein Geld. Meine Frau kümmerte sich um sie und sammelte. Dann wurde der Elefant krank und mußte operiert werden. Meine Frau holte einen Zooarzt aus Köln. Ich war dabei, es war ja auch Werbung für die Bank. Der Arzt spritzte dem Tier dieses Zeug, und es legte sich nach Sekunden um. Das hat mich fasziniert, ich war vollkommen baff. Ich habe den Beipackzettel genommen und gelesen, was das war. Unfaßbar, daß Menschen solche Stoffe ersinnen. Ich nahm zwei Ampullen an mich, es war ganz einfach. Wenn Sie mich fragen, warum, so habe ich darauf keine Antwort. Gefährliche Stoffe haben mich schon immer gereizt. Totenschädel übrigens auch.«
    Ich stand auf, ging in die Küche, goß den Tee auf. Er roch stark und gut. Ich trug zwei Becher, den Zucker und die Kanne hinüber.
    »Eine Ampulle haben Sie vermutlich für Kinn, Kutschera und den alten Mann gebraucht?«
    »Ja. Es hätte natürlich für eine Kompanie der Bundeswehr gereicht, ich weiß. Aber es ist schwierig, mit dem Zeug umzugehen. Der Bruchteil eines Tröpfchens auf die Zunge oder in die Augenwinkel, und Sie sind unwiderruflich tot. Die zweite habe ich noch.« Er griff in die Brusttasche seines Hemdes und legte eine Ampulle auf den Tisch.
    »Um Gottes willen«, hauchte ich.
    Er lachte. »Es beißt nicht. Muß ich erklären, weshalb ich hier bin?«
    »Eigentlich nicht.« Ich goß ihm Tee ein.
    »Es ist etwas merkwürdig, nicht wahr? Aber, ich wollte Sie eigentlich nicht töten lassen. Ich wollte nur erreichen, daß Sie schweigen.«
    »Ich weiß«, sagte ich. »Brauchen Sie Milch?«
    »Keine Milch, danke. Der Pierre hätte alles versucht. Der Pierre war ein Luftikus. Er redete zuviel und zu oft. Er hätte alles versucht.«
    »Sie haben ihn wohl geliebt.«
    »Ja, habe ich. Er war mein Sohn, irgendwie. Er war noch nicht reif. Aber diese gottverdammte Romanze hatte ihn vollkommen um den Verstand gebracht. Sie wollten die Welt erobern, die zwei. Das wollten sie wirklich. Pierre war noch gar nicht soweit, er mußte noch wachsen und werden. Und dann geht das Arschloch hin in seinem Sexualrausch und macht mir Konkurrenz.«
    »Haben Sie das sofort gemerkt?«
    »Na, sicher. Er wandte sich an meine Kunden, und er unterbot mich um glatte zwei Prozent.«
    »Haben Sie nicht mit ihm geredet?«
    »Oh doch! Nicht einmal, zehnmal. Ich habe ihm gesagt: Junge, mach keinen Scheiß, du bist sowieso mein Erbe. Laß dir Zeit. Geht erst mal ein paar Jahre woanders hin, kommt dann zurück und übernehmt meine Arbeit.« Udler trommelte mit seinen Fingern auf die Sessellehne.
    »Was sagte er?«
    »Das Übliche. Deine Zeit ist vorbei, alter Mann. Meine Zeit ist gekommen!«
    »Es war also ein Krieg?«
    »Ja, es war ein Krieg. Er war so hoffnungslos weg von dieser Welt. Er hat überhaupt nicht registriert, daß diese Geschäfte lautlos laufen müssen. Er fing schon an, in Kneipen herumzureden, er könne Schwarzgeld gewinnbringend unterbringen. Es war eine Frage der Zeit, wann ihn die Staatsanwaltschaft kassiert hätte. Damit wäre auch meine Arbeit hinfällig gewesen.«
    »Sie sind ein reicher Mann, nicht wahr?«
    »Ja. Aber das interessiert mich nicht. Schon lange nicht mehr. Ich bin ein Eifler Jung, ich wollte diese Landschaft hochbringen. Tourismus, Industrieansiedlung und so. Verdammt, wir waren lange genug arm, wir hatten nie die Butter auf dem Brot. Und da kommen Sie mir mit der blöden Natascha!«
    »Tut mir leid, aber das sah anfangs nach einer Spur aus.«
    Er sah mich an. »Immer nur das Trivialste«, sagte er. Dann trank er einen Schluck Tee.
    Ich starrte auf die Ampulle. »Gab es denn keinen anderen Weg?«
    Er schüttelte den Kopf. »Es gab keinen anderen. Pierre machte nicht nur mein Lebenswerk kaputt, er tötete die Eifel politisch. Der Skandal hätte jeden Politiker verschreckt, wir hätten nicht mehr mit Subventionen rechnen können. Pierre war noch kein Profi, Pierre wollte ficken und nebenbei reich werden. Er hätte locker zweihundert bis vierhundert Existenzen vernichtet mit allem Drum und Dran. Nein, es gab keine andere Lösung. Haben Sie etwas zu rauchen? Ich rauche nie,

Weitere Kostenlose Bücher