Eifel-Liebe
Ihre Stimme war jetzt kein sympathischer Alt mehr, ihre Stimme war schrill.
»Warum Sie der Mordkommission verschwiegen haben, dass Ihr Verlobter, Klaus Mertes, Kinsi aus Meerfeld erschlagen hat. Das habe ich gefragt und das haben Sie noch immer nicht beantwortet.« Ich lächelte sie an, mühte mich um eine freundliche Haltung.
Ich zog eine Pfeife aus der Tasche, erwischte eine 200er von Winslow und begann sie unendlich gemütlich zu stopfen. Nur keine Spur von Unsicherheit zeigen.
Vorsichtig wagte ich einen Blick zur Seite auf Mama, die vollkommen konsterniert war. Am Hals und im Gesicht waren rote Flecken zu sehen.
Nachdem ich die Pfeife angezündet hatte, wandte ich mich wieder der Tochter zu. »Es ist mir wichtig zu betonen, dass ich nicht hier bin, um Sie zu beschimpfen oder zu provozieren, sondern um Sie zu warnen. Wie lautet Ihre Antwort?«
Jules Gesicht war weniger als einen Meter von meinem entfernt. Sie starrte mich immer noch mit weit offenen Augen an, rührte sich nicht, schien krampfhaft zu überlegen, kam wohl zu keinem Ergebnis und schüttelte den Kopf.
Sie nahm eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sie an. Endlich sagte sie: »Darauf falle ich nicht herein.«
»Lieber Himmel!«, schnaubte ich wütend. »Auf was wollen Sie denn nicht hereinfallen? Glauben Sie im Ernst, dass ich so viel Zeit mit Ihnen verschwende, nur um Ihnen eine Falle zu stellen? Also, ein letztes Mal: Warum haben Sie der Mordkommission nicht erzählt, dass Klaus Mertes Kinsi erschlug?«
»Julchen!«, sagte nun Mama hinter mir mahnend. »Er meint es doch nicht böse. Du kannst doch ruhig erzählen, wenn da irgendwas … Sag es dem Mann doch, Kind.«
»Mama!«, sagte Jule aufbrausend. »Halt dich raus, verdammt noch mal! Also, wie lautet noch mal die Frage?«
Ich wiederholte die Frage brav, war aber plötzlich vollkommen verunsichert. Wie sollte es weitergehen?
Unendlich langsam wandte Jule den Kopf zurück Richtung Fenster und starrte in den blühenden Garten hinaus. Sie zitterte, als friere sie. Tonlos sagte sie: »Er hat Kinsi nicht erschlagen, er war es nicht.«
Mein Gehirn begann zu rattern. Wenn sie antwortete, dass Mertes es nicht gewesen war, dann musste sie wissen, wer es tatsächlich getan hatte. Welche Frage passte jetzt?
»Jule, ich bitte Sie herzlich, mich nicht zu verarschen. Sie können nicht mehr verlieren, als Sie schon verloren haben. Sie können nur noch gewinnen. Also, lassen Sie uns den Samstag rekonstruieren, jenen verhängnisvollen Samstag, an dem Kinsi verschwand, um viele Tage später in der Heuhalle aufgehängt entdeckt zu werden. Einverstanden? Erinnern Sie sich an das Wetter?«
»Julchen, Kind«, flüsterte die Mama.
»Es war ein grau verhangener Tag«, begann sie leise. »Morgens bin ich mit Mama einkaufen gefahren. Nach Daun. Wir wollten zu Mr. Tom, das ist ein Jeansgeschäft. Da waren wir auch. Es war so gegen elf Uhr, als wir wieder zu Hause waren. Mama hatte Kartoffelsalat gemacht, das weiß ich noch. Klaus war hier. Er arbeitete irgendwelche Forstsachen auf, er saß in seinem Zimmer am Computer. Dann rief Bliesheim an. Er war ganz aufgeregt und sagte, er müsse Klaus sofort sprechen. Klaus ist dann ans Telefon gegangen, aber da war ich nicht bei. Ich habe auch nicht gefragt, es war so, dass wir …« Sie beugte sich weit vor und starrte auf den Teppichboden zwischen ihren Füßen.
Baumeister, konzentriere dich, da war was! Was hatte Markus Klinger erzählt, als es um Anna ging? Sie habe auch mit dem Förster Klaus Mertes geschlafen. In der Jagdhütte.
»Sie hatten Krach mit Klaus, nicht wahr? Einen sehr schlimmen, fast existenziellen Krach.«
»Mein Gott!«, hauchte Mama am Tisch. »Was war denn so schlimm?«
»Ich habe ihm gesagt …« Jule stockte wieder.
»Sie haben ihm gesagt, dass Sie unter diesen Umständen nicht mit ihm nach Neuseeland gehen können, nicht wahr?«
Sie nickte.
»Aber worum ging es denn?«, fragte Mama.
»Das alte Lied«, sagte ich. »Jule hatte erfahren, dass ihr Klaus mit Anna Hennef geschlafen hatte. So war es doch, oder?«
»Ja«, bestätigte Jule unbewegt. »So war das. Das haben sie gemacht. Viele Male.«
»Wie haben Sie davon erfahren?«
»Von Anna. Sie hat es mir erzählt. Sie hat mir gesagt, dass Klaus … dass sie mit ihm was hatte und dass er gut sei im Bett und dass sie mich beneidet, einen Mann zu haben, der mich aus der Eifel rausholt.«
»Oh, mein Kind!« Mama brach in Tränen aus. Schniefend wunderte
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