Eifel-Liebe
Qualitäten?«
Er dachte nicht lange nach, sondern sagte tonlos: »Also, irgendwie schon. Tja, gut, ich meine, starke Frauen, stark im Leben und stark im Glauben.«
Ich beschloss, dass seine Schonzeit um war. »Gundula Pechter mit Hildegard von Bingen zu vergleichen scheint mir etwas gewagt. Als Rainer Bliesheim mal so eben fünfundsechzigtausend Euro brauchte, um eine alte Rentnerin aus ihrem Haus herauszukaufen, marschierte er in Gundula Pechters Haus und holte sich das Geld. Ist das für Sie normal? Geraten Sie da nicht ins Nachdenken?«
»Da war ich nicht bei«, sagte er schnell.
»Wie kommt die Frau Pechter, die Ihrer Meinung nach so viel mit Hildegard von Bingen gemein hat, an fünfundsechzigtausend Euro in bar? Wieso reicht sie das dem Bauunternehmer Rainer Bliesheim mal eben so über den Tisch? Sagen Sie mal, Gernot Meyer, kommen Ihnen da nicht die Tränen?«
Er spitzte den Mund, als wollte er spucken. »Nein, wieso? Wenn der Rainer sich bei Gundula das Geld holt, dann hat er es eben da deponiert. Warum auch nicht? Die beiden sind enge Freunde, sie kennen sich von klein auf.«
»Sie sind Beamter in der öffentlichen Verwaltung, richtig? Nun frage ich Sie, was denken Sie von einem Bauunternehmer, der bei einer Freundin aus Kindertagen mal eben tausende von Euros deponiert?«
»Da denke ich mir nix«, antwortete er und starrte wieder auf die Platte des Küchentisches.
»Dann sollte man Sie schnellstens fristlos feuern«, provozierte ich. »Wie wird Ihr Vorgesetzter in Wittlich reagieren, wenn ich ihm erzähle, was Sie meiner Meinung nach alles wussten?«
Er ruckte hoch und sah mich fassungslos an. »Das wollen Sie tun?«
Ich hatte ihn. Schäbigerweise zog ich die Schlinge noch ein wenig enger. »Sie wissen, dass Journalisten wesentlich sanfter fragen als Staatsanwälte.«
Er schnaufte unwillig. »Kann doch sein, dass das Lohngelder waren, die Bliesheim eigentlich am nächsten Tag zum Auszahlen brauchte.«
»Oh, sicher ist das möglich. Aber: Wieso lag das Geld bei der Pechter? Warum lag es nicht im Büro seiner Firma? Und wo ist dieses Geld, das sich Bliesheim bei Gundula Pechter holte, verzeichnet? In welcher Bilanz taucht es auf? Ich beantworte die letzte Frage gleich selbst: Das Geld existiert offiziell gar nicht, es ist so rabenschwarz, dass man eine Flutlichtanlage braucht, um es zu entdecken. Denn es ist Drogengeld, Gernot Meyer! Was wissen Sie von dem Kokain?«
»Von Kokain? Was soll ich da wissen?«
»Gernot Meyer«, sagte ich vorwurfsvoll, denn ich hatte begriffen, dass er mich niemals aus dem Haus werfen würde, weil er einfach konfliktscheu war. »Spielen Sie um Gottes willen nicht harmloser, als Sie sind. Und nun tun Sie mir einen Gefallen: Holen Sie Gundula Pechter hierher. Jetzt!«
»Das ist doch unmöglich, das geht nicht.« Er war richtig empört.
»Wenn die so katholisch ist, wie Sie behaupten, dann steht sie hier in zwanzig Sekunden vor der Tür, weil sie fürchten muss, die ewige Seligkeit zu verlieren. Ehrlich gestanden geht mir diese Betulichkeit auf die Nerven. Rufen Sie sie an.«
Er versuchte abzulenken: »Wieso Betulichkeit?«
»Du lieber Himmel! Wir wissen von Bargeldtransporten, Kokain und Schwarzgeld. Und es sind mehrere Morde begangen worden. Und Sie verklickern mir seit einer Stunde, die Clique sei nichts anderes als ein Skatklub. Jetzt rufen Sie endlich die Frau Pechter her.«
Er stand auf und ging an das Telefon, das auf dem Küchenschrank stand. »Gundi, hier ist der Gernot. Also, wir haben einen dringenden Fall zu besprechen. – Nein, Gundi, es ist wirklich dringend. – Nein, morgen Abend reicht nicht. Also, das müsste jetzt sein. – Wie jetzt? Also, jetzt, meine ich. Jetzt. In ein paar Minuten. – Tja, gut, also das kann ich nicht sagen, aber dass es dringend ist, das kann ich sagen. – Tja, also, gut, Gundi. Bis gleich.« Er wandte sich zu mir und seufzte in einem Ton, als habe er das Abendland vor den Hunnen gerettet: »Sie kommt.«
Ich kratzte meine Pfeife aus und kramte nach einer anderen. Ich wählte die stark gebogene McRooty von Vauen, die schien mir die richtige für stichhaltige Überlegungen und schnellen Gedankenflug – bei gleichzeitig völligem Verzicht auf eine Erfolgsgarantie.
Fußballspieler dribbeln einander aus, Rennfahrer bremsen einander aus, ich schwieg Meyer aus – das hatte ja schon einmal funktioniert. Ich tat so, als sei er gar nicht vorhanden, stopfte meine Pfeife, achtete darauf, dass der Tabak gut im
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