Eifel-Liebe
Selbst die Blumenbeete sahen aus, als seien sie mit einem kräftigen Besen abgekehrt worden. In einer Rasenfläche standen traurig zwei Hängeweiden, vielleicht einen Meter hoch, die schütter im Blattwerk waren, als seien sie barsch eingeschüchtert worden. Es schien mir wie ein Wunder, dass Meyers Name neben der Klingel stand.
Er öffnete die Tür und sagte statt eines Grußes: »Ist ja schon spät.«
Es war durchaus noch nicht spät, aber ich beeilte mich, ihm entgegenzukommen. Ich sagte: »Vielen Dank, dass Sie mich trotzdem empfangen.«
»Na, dann kommen Sie mal rein.« Er wirkte widerlich arrogant, latschte vor mir her wie ein alter Mann und ich stellte mit Vergnügen fest, dass er diese furchtbaren dunkelbraunen Kordpantoffeln trug, die seit Generationen nicht auszumerzen waren.
Es ging durch einen lichtlosen Flur, in dem an einem zweiarmigen Leuchter nur eine 25-Watt-Birne brannte. Dann in eine Küche. Über dem Tisch der gleiche Neonkreis, der auch Oma Ohlers Küche so ungemütlich machte. Der Trostlosigkeit wurde dadurch die Krone aufgesetzt, dass die beiden Rollläden genau zur Hälfte heruntergelassen waren.
»Hier halte ich mich meistens auf«, stellte er fest und wies auf einen Resopaltisch. »Nehmen Sie Platz.« Meyer war ein großer, schlanker Mann mit einer ausgeprägten Stirnglatze und einem Pferdegesicht darunter, in dem die Zähne im Oberkiefer wegen ihrer Hauerqualitäten auffielen. Er trug Jeans, dazu ein blaues Hemd mit einem vollkommen wirren Muster. Es dauerte eine Weile, bis ich erkannte, dass es Delfine waren, die ein wahrscheinlich betrunkener Designer in Herden auf den textilen Untergrund geworfen hatte.
Ich mochte den Mann nicht, das zumindest war mir sofort klar. Und wahrscheinlich mochte er mich auch nicht, aber wir waren nicht zusammengekommen, um Händchen zu halten. »Darf ich mir eine Pfeife stopfen?«
»Normalerweise ist hier rauchfreie Zone«, erwiderte er trocken. »Aber machen Sie mal.« Er setzte sich mir gegenüber und rieb die Hände ineinander. Es entstand ein staubtrockenes Geräusch.
Von allen Mitgliedern der Clique schien er mir der bisher entschieden seltsamste. Er passte überhaupt nicht ins Bild, er war von allen Freuden des Lebens Lichtjahre entfernt. Er hatte das mickrige Gesicht, das Hunderte von katholischen Heiligen zeigen: eine Mischung aus unendlicher naiver Gläubigkeit, gepaart mit ebenso unendlichem Selbstmitleid.
Ich stopfte mir bedächtig eine lange gerade Pfeife von Butz-Choquin und fragte munter drauflos.
»Der Tod Ihrer Verlobten tut mir Leid, mein aufrichtiges Beileid. Nun interessiere ich mich für dieses Clique … Sie gehören da doch auch zu, nicht wahr? Was ist das für eine Clique?«
»Tja, gut, wir sind eine Gruppe von Leuten, die gerne Gesellschaftsspiele machen. Karten, Monopoly und so. So Sachen eben.«
»Wie oft in der Woche haben Sie sich denn getroffen?«
»Tja, gut, unterschiedlich. So zwei-, dreimal die Woche, manchmal nur einmal.«
Ich mag Leute nicht, die auf jede Frage erst ein ›Tja, gut‹ ausstoßen. Sie erinnern mich schmerzlich an gut verdienende Fußballer, die vor jeder Antwort grundsätzlich nach ihrem Hirn zu fahnden scheinen.
»Gab es auch andere Gründe für ein Treffen als zu spielen? Ich meine, Spiele können doch nicht alles gewesen sein, oder?«
»Tja, gut, es gab ja auch noch Geburtstage und so, und dann gab es auch Betriebsausflüge. Also, wir nannten das Betriebsausflüge, Tagesausflüge. Mal an die Mosel, mal eine Fahrt mit einem Rheinschiff.«
»Und nach Portugal«, schob ich ein.
»Tja, gut, da waren wir auch mal.«
»Wie oft?«
»Tja, also gezählt habe ich es nicht. Viermal vielleicht.«
Claudia Vaals hatte wütend erklärt: Zwanzigmal! Der Mann log.
Und weil ich ihn sowieso nicht mochte, sagte ich: »Das glaube ich Ihnen nicht. Viermal? Es gibt Zeugen, die behaupten, dass es zehn, fünfzehn, zwanzig Reisen gab. Na gut, lassen wir das. Haben Sie auch Bargeld für den alten Forst im Gepäck gehabt?«
»Tja, gut, es wird behauptet, dass andere aus der Gruppe Geld dabeihatten. Aber ich nicht, ich wusste nichts davon, ich wäre auch nicht damit einverstanden gewesen. Das habe ich den Damen und Herren der Mordkommission auch gesagt, natürlich.«
»Herr Meyer, haben Sie jemals Kokain geschnupft? Also, Lines gezogen?«
»Nie! Das kann ich beschwören. Was unterstellen Sie mir!«
»Wie war Ihr Verhältnis zu Elvira Klein? Und kommen Sie jetzt bitte nicht damit, dass
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