Eifel-Müll
einem. Ach ja, ich habe kein Wiegemesser für Kräuter. Hast du so was?«
»Du bist unmöglich«, sagte sie, lachte aber gelöst.
Elmar Theis knatterte mit seiner KTM auf den Hof. Er machte zwei Schritte durch das Gartentor. »Da bin ich. Gehen wir rein oder raus?«
»Rein«, sagten wir.
Rodenstock führte das Gespräch: »Wenn es um einen gewaltsamen Tod geht, müssen wir das Leben des Opfers möglichst gut kennen lernen. Ich denke, das können Sie nachvollziehen, oder?«
»Sicher«, sagte er. »Das verstehe ich.«
»Nun, Sie haben mit Rücksicht auf Ihre Freundin Natalie nicht die ganze Wahrheit gesagt. Das ist verständlich, niemand hier nimmt Ihnen das übel. Sie haben eindrucksvoll berichtet, wie Natalie Ihnen, also den vier Musketieren, Unterricht am lebenden Objekt erteilt hat.« Er lächelte väterlich. »Sie zog sich aus und zeigte Ihnen ihr Geschlecht. Ist das richtig?«
»Das ist richtig«, bestätigte Theis verlegen.
»Das war auch ein Vertrauensbeweis für Sie, nicht wahr?«, fragte Rodenstock.
»Ja, genau. Ich meine, wir waren wirklich enge Freunde und Natalie war so etwas wie die Mutter der Kompanie.«
»Aber in den letzten zwei Jahren hat sie deutlich zu einem Verhalten tendiert, das man nuttig nennen kann. Wie haben die vier Musketiere darauf reagiert?«
»Sie hat es uns erklärt«, sagte er. »Und wir haben es ihr glauben können.«
»Können Sie uns erklären, was sie Ihnen erklärt hat?«
Theis überlegte. Dann fragte er: »Aber es wird nichts davon veröffentlicht?«
»Es wird nicht veröffentlicht«, versicherte Rodenstock.
»Wir haben ja genau mitgekriegt, was da lief. Anfangs haben wir gedacht: Das geht uns nichts an. Irgendwie ging es uns aber doch was an, weil wir Freunde waren. Natalie begann, verächtlich über Männer zu reden. So nach dem Motto: Alle Männer sind Schweine. Sie hatte auch zunehmend weniger Zeit. Sie sagte, sie müsse arbeiten. Und sie hatte immer mehr Geld.«
»Nun, da gab es ja auch die Geschichte mit Florian Lampert«, fuhr Rodenstock fort. »Wie lief das ab?«
Theis überlegte wieder, verschränkte die Hände ineinander, dann griff er in sein Hemd, zog eine Zigarettenschachtel heraus und zündete sich eine an. »Das war sehr grausam«, sagte er schließlich leise. »Ich kann mich heute nicht mehr verstehen, dass ich da mitgezogen habe.«
»Dieser Lampert war ihr Opfer?«, fragte Emma.
»Ja, genau. Und wir haben mitgezogen, und das war nicht gut. Aber wir konnten nichts mehr machen, da war Lampert schon weg. In Wittlich, glaube ich. Lampert hatte sich verknallt.« Theis lächelte breit in der Erinnerung. »Das kannten wir schon, die ganze Klasse kannte das. Natalie zog immer die gleiche Show ab. Sie zog sich aufreizend an, machte die ersten Knöpfe an der Bluse auf und sagte: ›Na, denn wollen wir mal!‹ Während des Unterrichts stand sie dann langsam auf, stellte sich in den Mittelgang und stellte eine Frage, mit ihrer Lolita-Stimme. Zum Beispiel: ›Wie sollen wir uns denn dem Krieg im Kosovo gegenüber verhalten? ‹ Wir sahen den neuen Lehrer an und er war nicht auf die Frage vorbereitet und starrte Natalie an. Es war immer das Gleiche.«
»Wir sind etwas vom Thema ab«, Rodenstock klang ausgesprochen gemütlich. »Eigentlich wollten Sie berichten, was Natalie erzählt hat, als Sie sie gefragt haben, was da jetzt in ihrem Leben los ist, weshalb sie arbeiten muss, was sie arbeiten muss, was da zu Hause mit ihrer Mutter ist.«
»Ach so, ja. Wir haben sie also gefragt. Das war in der Jagdhütte von Hardbecks. Ich weiß noch, wir hatten drei oder vier Sixpacks Bier bei uns und sie kam mit Champagner, mit echtem Champagner. Ich kann mich an den ersten Satz erinnern, den sie sagte: ›Jungs, bei mir zu Hause, das ist nur noch ein Puffl‹ Natalie litt damals wie ein Tier. Wenn diese Herrenrunde Partner einlud, um mit denen Geschäfte zu besprechen, dann musste Natalie auch für die sorgen. Wir nannten das Forsthaus nur noch das Forsthaus mit dem Verwöhnaroma. Natalie hasste ihre Mutter und sie sagte, sie würde sie am liebsten umbringen. Deshalb haben wir auch gedacht, die Mutter hätte Natalie umgebracht, um ... um ihr zuvorzukommen.«
»Sieh mal einer an«, murmelte Vera. »Und? Was glauben Sie nun? War es die Mutter?«
»Nein«, sagte er.
Rodenstock nickte. »Mir fällt auf, dass Sie vor einem Jahr Abitur gemacht haben und jetzt noch zu Hause sind. Ist das normal heutzutage?«
»Nein. Wir jobben im Moment alle, um etwas Kohle zu verdienen.
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