Eifel-Sturm
fleischeslustigen Albert Tenhoven eine geeignete Kandidatin.
Ich tippte sie vorsichtig an die Schulter. »Sind Sie die Frau von Tenhoven?«
Sie drehte sich herum und lachte mich an. »Das habe ich schon mal gehört.«
»Kann ich einen Moment mit Ihnen sprechen?«
»Aber ja doch. Wenn Sie einen Schnaps mittrinken.«
»Keine Erpressung, bitte«, grinste ich. »Wohin können wir denn mal gehen?«
»In die Küche«, entschied sie. Sie kletterte von der langen Bank und sagte: »Ich bin gleich wieder da, Kinners.«
Dann ging sie vor mir her in das Haus und stieg dabei über den brüllenden Ghettoblaster hinweg. Die Küche sah aus wie der ganze Hof, ausgesprochen unordentlich und ausgesprochen liebevoll eingerichtet.
»Was willste denn?«, fragte sie und setzte sich auf einen Stuhl. »Wir können uns duzen.«
»Ich suche deinen Mann, den Albert Tenhoven. Ich bin Journalist und möchte mit ihm sprechen.«
»Kommt dir wahrscheinlich komisch vor, aber mein Mann ist weg. Eine Woche schon. Ist was besorgen, kommt aber bald wieder.« Sie war eine schöne Frau und sie war klug, wie ihre Augen besagten.
»Kann man ihn nicht telefonisch erreichen? Per Handy vielleicht?«
»Kann man nicht, er ist nicht für diese modernen Sachen. Da musst du schon wiederkommen, wenn er wieder da ist. Willst du wirklich keinen Schnaps?« Sie war gar nicht betrunken, sie war einfach gut gelaunt.
»Ich trinke keinen Alkohol. Hast du denn eine Ahnung, wie lange er noch wegbleibt?«
»Nicht die geringste. Tenhoven kommt, Tenhoven geht, so ist der Kerl nun mal. Aber sei mal ehrlich, du bist Journalist, du willst was zu Jakob Drieschs Tod hören, nicht wahr?«
»Richtig. Die beiden kannten sich und mochten sich nicht. Deshalb will ich mit deinem Mann reden.«
»Er würde dir sicher was sagen, aber er ist eben nicht hier. Vielleicht weiß ich ja was.« Sie lächelte.
»Na schön. Dein Mann hat Waffen hier. Unter anderem eine 44er-Winchester. Das weiß ich. Braucht man hier denn Waffen?«
Sie kicherte. »Nein, normalerweise nicht, aber Albert ist eben ein verrückter Kerl. Er benutzt die Dinger ja nie, aber er meint: Falls mal jemand was von uns will, habe ich was für ihn. So einfach ist das. Und nebenan in Belgien kommst du ja ziemlich einfach an die Dinger, wenn du weißt, wen du fragen musst.«
»Und Albert weiß, wen er fragen muss, nehme ich mal an. Glaubst du, er kann derjenige gewesen sein, der auf Driesch schoss?«
Sie wirkte erstaunt. »Das kann nicht dein Ernst sein. Albert ist ein wilder Lümmel, aber er kann der Fliege an der Wand nichts tun, er ist ein Sensibelchen. Wie kommst du denn auf diese Idee?«
»Das frage ich jeden, der mir über den Weg läuft«, lachte ich. »Keine Beleidigung, nur eine solide Frage. Und schließlich hat er Driesch nicht gemocht, oder?«
»Ja, das stimmt schon. Aber nur wegen der Scheißwindkraftanlagen. Gerade jetzt wegen der Planung in Hollerath. Hundert von diesen Dingern, das musst du dir mal reintun. Da bin ich ganz auf Alberts Seite, da hat er Recht. Was zu viel ist, ist zu viel. Dabei geht so viel Wald den Bach runter und so viele seltene Tier- und Pflanzenarten. Und dann auch noch das Quellgebiet von drei viel Wasser führenden Bächen. Da wird Natur zerstört, das kann doch kein Mensch verantworten.« Sie war jetzt sehr erregt. »Stell dir mal vor, irgendjemand würde so ein Ding in deinen Garten setzen, dann kannst du dir auch vorstellen, wie das ist, wenn du Hunderte von Morgen Wald kaputtmachst. Dagegen ist Albert und dagegen ist jeder, der da draußen am Tisch sitzt. Du kannst sie fragen.« Sie machte eine Pause, zog ein Päckchen Tabak aus einer Tasche und drehte sich eine Zigarette nur mit der rechten Hand. Es sah aus wie Zauberei. Sie bemerkte meinen Blick und lachte wieder. »Das habe ich in Afrika gelernt. Da war ich für den Deutschen Entwicklungshilfe-Dienst tätig. Die Leute sind immer baff, wenn sie das sehen.«
»Ist es möglich, dass dein Albert Sachen weiß, die andere nicht wissen?«
»Was meinst du damit?« Sie war auf der Hut.
»Albert steckt mitten in der Szene, er geht in die Kneipen, hört hier was und da was. Und vielleicht hat er was gehört, was hilfreich sein könnte. Das meine ich.«
Bedächtig nickte sie. »Da könnte was dran sein. Aber da müsstest du mit Albert persönlich reden. Ich selbst weiß jedenfalls nix, das musst du mir glauben. Für welches Käseblatt bist du denn unterwegs?«
»Unter anderem für eins aus Hamburg. Ich möchte es etwas
Weitere Kostenlose Bücher