Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Sturm

Eifel-Sturm

Titel: Eifel-Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
gründlicher machen als andere. Schließlich war Driesch Bundestagsabgeordneter und ein Mann mit viel Einfluss. Ich sprach heute übrigens mit seiner Frau. Die ist total am Boden.«
    »Anna, ja Anna.« Die Frau von Albert wurde still und nachdenklich. »Die kenne ich gut.« Sie trommelte mit den Fingern der rechten Hand auf die Tischplatte. »Ich hol mir mal einen Schnaps, den brauche ich jetzt dringend.« Sie stand auf und murmelte: »Arme Anna.« Sie verschwand im Vorraum.
    Nach einer Weile kam sie zurück, sie trug ein Wasserglas halb voll mit Schnaps und stellte es mit einem satten Knall auf die Platte.
    »Woher kennst du Anna?«
    »Wir kennen uns schon fast so lange, wie ich mit den Kindern hier bin. Erst kam sie her, um Eier, Milch und Honig zu kaufen. Wir sind ins Schwätzen geraten, wie Frauen das so tun. Ein Wort gibt das andere. Wir sind ja nicht so blöd wie ihr Mannsleute, die ihr euch anschweigt bis zum Umfallen. Na ja, dann bekamen wir Schwierigkeiten mit Eileen. Eileen ist die Älteste, jetzt ist sie siebzehn, damals war sie fünfzehn. Sie zog rum, schlief mal hier, mal da. Albert hat sich aufgeregt und hat vermutet... na ja, er vermutete, sie schläft mit Jungens. Was ja auch stimmte. Aber nicht mit Jungen, Plural, sondern mit einem Jungen. Und mit dem zusammen ist sie durch die Gegend gezogen. Du lieber Gott, hat die uns Kummerfalten gemacht. Sie ist so eine Hübsche, musst du wissen, so wild und romantisch. Richtig neidisch war ich manchmal, obwohl Albert das nicht merken durfte. Und sie ist frech. Da geht sie doch hin und klaut aus dem Tante-Emma-Laden nicht weit von hier Fressalien und Rauchzeug und Wein und Bier und solche Sachen. Das konnte so nicht weitergehen und ich hab mich auf den Trecker gesetzt und bin nach Schieiden zu Anna gefahren. Anna, habe ich gesagt, ich brauche deine Hilfe. Das muss man sagen: Anna hilft, wenn sie kann. Und sie konnte. Irgendwie hat sie meine Tochter an der richtigen Stelle zu fassen bekommen. Die bewohnt jetzt ein kleines Apartment, der Junge darf sie da besuchen. Anna sagte: Du kannst Liebe nicht verbieten. Wenn du Liebe verbietest, bist du grausam.«
    Ich stopfte mir die Rubino von Da Vinci.
    »Sag mal, willst du einen Kaffee? Da ist noch einer.«
    »Ja«, sagte ich dankbar.
    Sie kramte irgendwo hinter mir herum.
    »Kannst du dir jemanden vorstellen, der hingegangen ist und Jakob Driesch in den Rücken geschossen hat?«
    »Nein!«, sagte sie hart. »Er kann ja andere Ansichten über Natur und Naturbewahrung haben, er kann meinetwegen Windkraft verteidigen und einrichten und planen, aber ihn totschießen? Nein. Sogar mein Albert sagt, Driesch war immer ein ehrlicher Mann. Ich dachte, vielleicht hat den ja jemand in die Rur gekippt? Ich meine, erst erschossen und dann reingeschmissen? Aber das geht nicht, sagt Albert, das Wasser ist zu seicht und hat viel zu wenig Strömung. Ist ja schon eine geheimnisvolle Geschichte, nicht wahr?«
    Ich nickte. »Und deshalb dachte ich, dass Albert vielleicht etwas mehr weiß oder gehört hat oder ahnt. Ist er mit dem Auto unterwegs?«
    »Ja, mit unserm Rover Freelander. Stimmt, du hast Recht, wird Zeit, dass er mal wieder reinschaut. Außerdem muss er das Gatter für die Ziegen höher machen. Die Saubande springt einfach drüber und ist schneller als unsereins. Vielleicht kannst du deine Telefonnummer hier lassen? Dann kann er dich ja anrufen, wenn er wieder hier ist.«
    Ich schrieb meine Handynummer auf einen Zettel und legte ihn vor sie hin. Der Abend kam, man konnte die ersten Dunstschleier im Tal sehen, die laute Gesellschaft am Tisch im Hof war leiser geworden.
    »Gut, er soll sich melden, wenn er mal Zeit hat. Mach's gut und danke für den Kaffee.« Ich ging hinaus, setzte mich in meinen Wagen und verließ den Hof. Ich fuhr talwärts bis Neuhaus, dann weiter nach Schmidtheim. Ich fand eine Kneipe, in der es ein gutes Wiener Schnitzel gab und wo ich draußen sitzen konnte.
    Driesch, gib mir eine Antwort auf die Frage, wo du dich neun Stunden herumgetrieben hast. In diesem Land ist dein Gesicht bekannt. Wieso hat dich niemand gesehen? Jeder hier kennt dein Auto – wieso hat niemand das gesehen? Und – zum fünfhundertsten Mal – aus welchem Grund bist du in die Rur gestiegen?
    Mein Handy regte sich, jemand hatte vor, mir den Abend zu verderben.
    Ich meldete mich mit: »Ich bin verplant. Hier ist das städtische Krematorium, Ofen sechs. Heizer Baumeister.«
    »Du bist total verrückt.« Vera lachte. »Wo steckst

Weitere Kostenlose Bücher