Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Träume

Eifel-Träume

Titel: Eifel-Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
Nicht morgens und nicht mittags.«
    Ich stopfte den Tabak in meiner Pfeife fest und zündete sie an.
    »Hat Sie die Polizei auch gefragt, ob Sie manchmal Damenbesuch haben?«
    »Ach, darauf wollen Sie hinaus.« Er war nicht im Geringsten verlegen, sondern grinste wie ein Honigkuchenpferd, ein wenig verschlagen und ein wenig stolz. »Tja, in so einer Kleinstadt hat man es aber auch schwer. Also, da war die Gertrude, die aus Betteldorf. Die ist so um die vierzig, die kannte ich schon als Kind. Irgendwann hab ich zu der gesagt: Du könntest einem alten Mann eine Freude machen und mich besuchen. Erst hat sie sich geziert. Ach, du lieber Gott, war das ein Theater! Sie sagte: Ich kann doch nicht einfach zu einem alten Mann kommen. So geht das nicht, Pitter! Also habe ich eine Decke über sie gelegt und wir sind striktweg bis in die Garage gerauscht. Irgendwer hat das aber doch gesehen, weiß nicht, wer. Jedenfalls haben die Leute geredet und geredet und ich hab mir einen Ast gelacht. Der Polizei habe ich natürlich gesagt, dass das die Gertrude war. Die halten ja den Mund. Müssen sie, haben sie gesagt. Und Sie – Sie schreiben das doch nicht?«
    »Ich schreibe das nicht«, versprach ich.
    »War ja auch nur zwei-, dreimal. Die Polente kam aber auch noch mit der Sache mit dem jungen Mädchen aus Köln. Davon haben Sie auch gehört, oder?«
    Ich nickte.
    »Das war ja alles ganz anders, aber diese Plappermäuler sind schlimm … Nachts im Fernsehen laufen ja nun die wildesten Angebote, die wirklich teuren Nummern. Eine Nummer gibt es, da heißt es immer: Frauen aus deiner Nachbarschaft wollen dich verwöhnen! Na ja, und ich habe dann da angerufen. Und was passiert?«
    Er schnupperte. »Der Tabak riecht gut. Also, eine Frau fragt mich, wo ich denn wohne. In der Eifel, sage ich. Och, sagt sie, kein Problem! Dann geben Sie mir mal Ihre Telefonnummer. Und dann wollte sie auch die Nummer von meiner Plastikkarte für das Geld. Nee, habe ich gesagt, nicht mit mir. Na gut, sagt sie, es meldet sich jemand.« Er grinste wieder. »Natürlich habe ich das nicht geglaubt. Doch eines Tages steht ein Auto in meiner Einfahrt und zwei Männer bringen eine junge Frau herein. Sie sagen, ich kann sie für vier Stunden haben, das kostet dann die Kleinigkeit von dreihundert Euro. Aber vorher muss ich noch den Sprit bezahlen. Von Köln bis hierher kostet der zweihundert. Ich sage: Ihr habt wohl einen Sprung in der Schüssel, fünfhundert für ein so junges Ding? Die sah richtig verhungert aus, ich hätte der am liebsten erst mal ein paar Butterbrote geschmiert. Kein Fleisch am Arsch, kein Fleisch am Busen. Ich sage also: Nein. Sagen die Männer: Zweihundert für den Sprit oder wir machen Randale. Sage ich: Ja, gut, lasst mich das Geld holen. Stattdessen hole ich mein Flobert, Kaliber .22, noch von meinem Vater, und brülle: Raus hier! Und dann sind sie gegangen. Die waren plötzlich richtig schnell.«
    »Und nun besucht Sie wieder die Gertrude aus Betteldorf?«
    »Richtig!«, sagte er und schien für meine Einfühlsamkeit tief dankbar. »Bleibe daheim und nähre dich redlich. Gertrude macht es Spaß, mir macht es Spaß. Wir trinken ein Sektchen und dann ist alles gut. Ich meine, so richtig oft geht das bei mir ja gar nicht mehr.«
    Griseldis Schmitz, dachte ich bei mir, du hast nicht richtig zugehört! Und du hast seinen Witz überhaupt nicht verstanden.
    »Zurück zu Toni«, forderte ich grinsend. Der Alte gefiel mir. »Wie Sie ja selbst schon sagten, war sein Tod wahrscheinlich die Folge von übler Nachrede. Und Sie haben doch bestimmt manchmal mit den Frauen hier im Umkreis geredet. Waren da diese Gerüchte über Toni ein Thema?«
    Er stand auf, drehte sich zu einem Küchenschrank, nahm zwei Gläser heraus, füllte sie mit Leitungswasser und stellte beide zwischen uns auf den Tisch. »Also, die Rederei der Frauen ist wirklich schlimm. Toni war dauernd ein Thema, das war richtig übel. Vor gar nicht allzu langer Zeit habe ich dann mal gefragt, woher die die ganzen Sachen wissen wollen. Da haben sie geantwortet: Ach, Pitter, du bist ein alter Mann, du hast gar keine Ahnung mehr vom Leben heute. Daraufhin habe ich gesagt: Dafür habt ihr keine Ahnung von euren Kindern! Ich gebe ja zu, ich war wütend. Die haben vielleicht geguckt! Richtig giftig.«
    Ich war so elektrisiert, dass ich ihn anstarrte und nicht wusste, was ich darauf entgegnen sollte. Wie hatte Kischkewitz es formuliert? Das geheime Leben der Kinder …
    »An welchem Tag war das genau?

Weitere Kostenlose Bücher