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Eifel-Träume

Eifel-Träume

Titel: Eifel-Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Übrigens, Vera finde ich unheimlich nett. Emma und Rodenstock sowieso. Vergisst du Anni nicht?«
    »Ich vergesse sie nicht«, versprach ich.
    »Dann sehe ich dich irgendwann später.«
    »Ja, das könnte sein. Ich wohne hier.«
    Sie sah mich von der Seite an und kicherte: »Damit hätte ich wirklich nie gerechnet.« Endlich entschwand sie in den Tiefen des Hauses.
    Ich zog mir etwas an, das Badezimmer zur morgendlichen Reinigung stand mir ja nicht zur Verfügung. Also setzte ich mich erst mal in die Sonne an den Teich und beobachtete eine graubraune, beinahe widerlich aussehende Raublarve, die einen Stängel der Schlangenwurz erobert hatte, um an ihm hochzukriechen und sich dann – o Wunder – in eine große, grünblau schillernde Libelle zu verwandeln, eine Königslibelle.
    Meine Goldfische zogen ihre Bahnen, an einem Algenband war noch etwas Futter hängen geblieben. Also brauchte ich sie heute nicht zu füttern. Satchmo kam heulend heran, von der Straße her war ein drohendes Wuff meines Hundes zu vernehmen. Die beiden wollten Futter, natürlich bekamen sie es und erstaunlicherweise verzichtete Satchmo auf sein Klagelied um Paul.
    Ist es wahr, dass alte Leute weniger Schlaf brauchen? Ich riskierte es mit dem Glockenschlag acht und wählte die Nummer von Göden, Peter in Hildenstein an. Artig sagte ich: »Mein Name ist Siggi Baumeister. Ich bin Journalist. Kann ich Sie mal sprechen?«
    »Was wollen Sie denn wissen?«, krähte er fröhlich in einem beinahe unerträglich hohen Diskant.
    »Na ja, ich will die Stimmung in Hildenstein beschreiben. Die Stimmung, die herrscht, seit die kleine Annegret ermordet aufgefunden worden ist. Sie wurden mir genannt als ein Mann, der viel über das Städtchen weiß.«
    Einen Moment war Pause. »Hm, einiges weiß ich schon. Wollen Sie am Sonntag kommen? Sonntags habe ich immer Zeit.«
    »Das ist schlecht, denn am Sonntag kann ich nicht. Geht es nicht gleich?«
    »Ja, na gut. Wollen mal gucken, was ich so weiß. Sie sind doch wohl aus der Großstadt?«
    Fast war ich beleidigt. »Nein, ich lebe hier in der Eifel.«
    »Ja denn«, sagte er zufrieden. »Bis gleich.«
    Ich griff die Weste mit den Pfeifen und dem Tabak und setzte mich ins Auto. Im Westen bauten sich schon wieder Wolkentürme auf. Wenn sie blieben, konnten wir am Abend erneut mit einem Gewitter rechnen.
    Göden wohnte in der Straße Am Blindert auf der linken Seite. Es war ein unauffälliges Haus, neu, klein, bescheiden mit einem Vorgarten, in dem zwei kleine Weymouthskiefern vor sich hin dämmerten.
    Er war ein kleiner, schlanker Mann, vielleicht fünfundsiebzig Jahre alt, mit einem schmalen, beinahe asketisch wirkenden Gesicht voller Falten und einer strahlenden Glatze.
    »Wir gehen in die Küche«, setzte er fest. »Wo wohnen Sie denn?«
    »In Dreis-Brück«, gab ich Auskunft.
    Er trug einen Blaumann, der ihm entschieden drei bis vier Nummern zu groß war, er schien darin zu ersaufen.
    »Ach, am Dreiser Weiher. Da hatte ich mal eine Freundin. Ist schon eine Weile her, mittlerweile ist sie ja auch tot. Tja, die Zeit vergeht.«
    »Darf ich eine Pfeife rauchen?«
    »Ja, machen Sie mal. Hoffentlich riecht der Knaster gut. Und Sie wollen über die Kleine schreiben?«
    »Ja. Allerdings habe ich bis jetzt eigentlich noch nichts zu schreiben.«
    »Das sehe ich aber anders.« Seine Augen waren blassblau und strahlten mich an. »Da hat doch der Toni Burscheid sich umgebracht. Weil die Leute gesagt haben, er wäre scharf auf Kinder. Dabei war der nur ein gemütlicher Onkel. Und dann dieser Mann, der in Wiesbaum ermordet worden ist. Äh, der Name … der Name …«
    »Gustav Mauren.«
    »Genau. Der hat doch wohl auch irgendwie damit zu tun …«
    »Kannten Sie die Kleine?«
    »Sicher, wer kannte die nicht? Lief hier immer die Straße entlang. Schulweg und so. War immer lieb und brav, da konnten die Eltern stolz drauf sein. Grüßte auch immer. Doch, ein nettes Ding.«
    »Als Sie zum ersten Mal von ihrem Tod hörten, was haben Sie da gedacht?«
    Er sah zum Küchenfenster auf die Straße hinaus. »Was soll ich gedacht haben? Ich dachte: Hier doch nicht! Doch nicht so was!«
    »Sie hatten also keinen Verdacht?«
    »Nein. Habe ich bis heute nicht. Wer so was tut, der muss krank sein. Einem kleinen Mädchen den Kopf einschlagen!«
    »War die Polizei auch bei Ihnen?«
    »Klar. Die waren doch in jedem Haus. In jedem Haus hier in dieser Straße und in jedem Haus in der Stadt. Aber ich habe die Kleine an dem Donnerstag nicht gesehen.

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