Eifelbaron
kam.
Fischbach wandte den Blick ab und musterte den Neuen. Der hing kreidebleich auf dem Stuhl und stierte mit leerem Blick auf die Tischplatte. Der Anblick des Opfers schien ihm immer noch in den Knochen zu stecken.
Doris Schmitz-Ellinger nickte Bönickhausen zu. »Bitte, legen Sie los«, forderte sie ihn auf. Ihr Kugelschreiber schwebte einsatzbereit über ihrem Notizbuch. Bönickhausen holte sich noch ein zustimmendes Kopfnicken vom Landrat ab. Dann räusperte er sich und begann zu sprechen.
»Liebe Kollegen, verehrter Landrat und werte Staatsanwältin, es wird Ihnen aufgefallen sein, dass die Bonner Kollegen fehlen, die ja üblicherweise die Mordkommissionen bei uns leiten.«
Fischbach sah, wie Welscher den Kopf hob und die Stirn runzelte.
»Glauben Sie mir: Ich bin nicht weniger überrascht als Sie«, fuhr Bönickhausen fort. »Wie Sie alle wissen, hat es in letzter Zeit erdrutschartige politische Umschichtungen in allen Bereichen der öffentlichen Hand gegeben. Im Zuge dieser Veränderungen wurden neue Ideen geboren, viele davon auch wieder verworfen, aber einige überlebten die Geburt.« Erfreut über das Sinnbild grinste er in die Runde.
»Mach es kurz«, forderte Fischbach ihn auf, »wir haben einen Todesfall aufzuklären.« Er konnte sich den Ton erlauben. Nicht nur, weil er seine freien Tage opferte, sondern auch, weil er mit Bönickhausen befreundet war. Vor Jahrzehnten waren sie sogar zusammen auf Streife gewesen, hatten beim VfL Kommern 1960 e.V. die Gegner weggegrätscht, und bei ihren Hochzeiten waren sie Trauzeugen gewesen. Anfang der Achtziger war Bönickhausen in die Politik gegangen und hatte auf der Karriereleiter eine Stufe nach der anderen erklommen. Fischbach dagegen hatte nach dem Unfall und seinem anschließenden seelischen Zusammenbruch Jahre gebraucht, bevor er wieder ein normales Leben führen konnte. Aber selbst in dieser schwierigen Zeit hatte Bönickhausen ihm zur Seite gestanden und alles getan, damit er wieder auf die Beine kam. Nicht zuletzt durch die Versetzung in seine Abteilung.
Eine Kollegin von der EDV öffnete die Tür, bevor Bönickhausen weitersprechen konnte. Sie balancierte mehrere Notebooks auf den Unterarmen. Auf den Rechnern lag ein Bund rote Kabel. »Oh!«, entfuhr es ihr, als sie bemerkte, dass der Raum voll besetzt war. Unschlüssig blieb sie im Türrahmen stehen.
»Nun kommen Sie schon rein«, rief Bönickhausen ungehalten, kniff die Augen zusammen und rieb sich mit Daumen und Zeigefinger den Nasenrücken. Seine Brille drückte er dabei nach oben. »Die Dinger sollten doch längst schon installiert sein«, tadelte er.
Für Bönickhausen war alles, was auch nur entfernt nach einem Computer aussah, »Dinger«.
»Ich musste doch erst noch ins Stadtzentrum und die Geräte einkaufen«, verteidigte sich die Kollegin. »Schneller ging es nicht.«
Fischbach bemerkte, wie Büscheler und Andrea Lindenlaub sich überraschte Blicke zuwarfen. Er schmunzelte. Die beiden waren sichtlich überrascht, dass die Notebooks an jeglicher Vergaberichtlinie vorbei angeschafft worden waren. Üblicherweise dauerte so ein Vorgang Monate, es mussten Ausschreibungen durchgeführt und Angebote abgewartet werden. Und wenn die Geräte endlich da waren, waren sie bereits veraltet. Aber heute hatte Bönickhausen die Richtlinie offensichtlich mit Füßen getreten.
Die Kollegin stellte die Notebooks auf dem Tisch ab. »Soll ich sie direkt anschließen oder, äh, soll ich später wiederkommen?«
»Später«, entschied Bönickhausen. »Wir sagen Ihnen Bescheid. Halten Sie sich bitte zur Verfügung.«
»Na gut.« Sichtlich erleichtert verließ die junge Frau das Zimmer.
»Wo waren wir stehen geblieben?« Bönickhausen sammelte sich. »Ah, ja. Kurz soll ich mich … gut, kein Problem. Also. Es gibt Bestrebungen auf Landesebene, unsere Zuständigkeiten neu zu ordnen. Ich will hier und heute nicht ins Detail gehen.« Er wechselte einen Blick mit Fischbach, der dankbar nickte. »Zusammengefasst kann man festhalten, dass die Polizei wieder dezentraler ausgerichtet werden soll. Das bedeutet mehr Kompetenzen vor Ort, Aufstockung des Personals und Stärkung des finanziellen Rahmens.« Er klopfte mit den Fingerknöcheln auf den Deckel des obersten Notebooks. »Die Polizei soll wieder Freund und Helfer werden, beim Bürger präsent. Und jetzt komme ich zu des Pudels Kern.« Er konnte sich eine kleine Spannungspause nicht verkneifen und sah in die Runde. Büscheler schauspielerte ein
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