Eifelbaron
verstehe ich aber auch etwas.«
Fischbach spürte einen Stich im Nacken. Die schiefe Haltung bekam ihm nicht. »Komm mal hoch«, wies er sie an und rieb sich die Halswirbel.
Die junge Frau krabbelte unter dem Tisch hervor, stand auf und wischte sich den Staub von den Knien.
Einige Sekunden lang musterte Fischbach sie. Er hatte sie hier und da auf dem Gang herumwuseln sehen, bisher aber kein Wort mit ihr gewechselt. Lange konnte sie noch nicht im Dienst sein. Wie alt mochte sie sein? Seine Tochter wäre jetzt … Lass das, Hotte. Er zwang sich, den Gedanken abzubrechen.
»Wie heißt du?«
»Bianca Willms.« Die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Anwesenden schien sie nicht im Geringsten einzuschüchtern. Offen blickte sie Fischbach aus leuchtend blauen Augen an. Ein Piercing in ihrem Nasenflügel blitzte hin und wieder auf. Die blonden Haare trug sie zu einem Pferdeschwanz gebunden, der ihr bis weit über die Schultern reichte.
»Bianca, aha. Und du verstehst die Welt?«, stichelte Fischbach.
»Gib mir einen leistungsstarken Computer, dann zeig ich sie dir«, gab sie schlagfertig zurück.
Fischbach schmunzelte. Die Frau hatte Power. Das gefiel ihm.
»Okay, mit Computern kennst du dich also aus. Was allerdings noch zu beweisen wäre. Und wieso auch in unserem Fach?« Er hob den Zeigefinger. »Jetzt komm mir nicht mit CSI New York, Miami oder wo die Zaubermänner überall mit ihren Sonnenbrillen spielen. Das hat nichts mit unserer Arbeit zu tun.«
Sie schnaubte abfällig durch die Nase. Dann huschte ein Schatten über ihr Gesicht. »Ich bin … war … Anwärterin, stand schon kurz vor der Prüfung.« Zum ersten Mal bemerkte Fischbach ein unsicheres Timbre in ihrer Stimme.
»Was ist passiert?«
Sie zuckte mit den Schultern. »Ein Kind kam dazwischen, das ist passiert. Da ich etwas von Computern verstehe, darf ich hier als Angestellte in der EDV aushelfen. Wie du weißt, machen wir alles: Die ›Dinger‹ betreuen, defekte Telefone austauschen, Netzleitungen ziehen und wenn nötig auch Kaffeemaschinen reparieren. Hat ein Freund meines Opas eingefädelt. Linden heißt der.«
Daher weht der Wind, dachte Fischbach. Josef Linden war in den Achtzigern Landrat in Euskirchen gewesen und unterhielt noch immer gute Verbindungen zur Euskirchener High Society.
»Und du verstehst wirklich was von den Dingern?«, lenkte er wieder auf das eigentliche Thema zurück.
Augenblicklich zeigte sich auch wieder der Schalk auf dem Gesicht der jungen Frau. »Du zweifelst, weil ich ein Mädchen bin, stimmt’s? Jungs die Technik, Mädchen den Herd.«
»Na ja, Mädchen würde ich nicht mehr sagen«, warf Büscheler heiser ein. Er schien sich noch immer prächtig zu amüsieren.
»Aber den Rest schon?«, hakte sie kess nach.
Büscheler machte eine wegwerfende Handbewegung. »Ach was, ich habe selbst eine Nichte, die Informatik studiert. Die hilft mir immer, wenn ich zu Hause den Videorekorder programmieren will.«
Fischbach lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. »Erzähl mal, warum du dich so gut mit dem Ding … äh, dem Computer verstehst.«
Sie nahm sich einen Stuhl und setzte sich. »Mein erstes System bekam ich an meinem vierten Geburtstag. Auf dem Gymnasium habe ich dann die Computer-AG belegt. Standardsoftware war mir aber auf Dauer zu langweilig, daher habe ich nebenbei Programmiererin an der Fernuni gelernt. Im Netz habe ich damals außerdem ein paar total abgedrehte Typen kennengelernt. Die haben mir alles beigebracht, was ein Hacker wissen muss. Sind ja ansonsten eher verschlossene Charaktere, aber mich hatten sie in ihr Herz geschlossen. Mit sechzehn habe ich meinen ersten Server geknackt. Der Kick, etwas Verbotenes zu tun, ohne dabei erwischt zu werden, war aber rasch verflogen. Auf Dauer fand ich es eher langweilig, in fremde Systeme einzudringen. Es gab ja keine echten Gegner. Die Administratoren waren einfach zu blöd, um uns zu schnappen. Es war wie ein Spiel, bei dem man von vornherein weiß, dass man gewinnen wird, ohne sich anstrengen zu müssen. Öde. Und so reifte in mir nach und nach die Idee, die Seite zu wechseln.«
Fischbach lachte. »Deswegen hast du dich für die Polizei entschieden? Um uns unter die Arme zu greifen?«
Sie hob langsam die Schultern, breitete die Arme aus und grinste.
Er schüttelte amüsiert den Kopf. »Was für eine Story. So was habe ich ja noch nicht gehört.« Bianca Willms war ihm äußerst sympathisch. Sie war offen und ehrlich und um keine Antwort
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