Eifelbaron
Weg.
* * *
Die Gaststätte »Im Krug« war keine dreihundert Meter entfernt. Die schwarzen Balken des Fachwerks fügten sich nahtlos in die Reihe der anderen Häuser auf der Kölner Straße ein. Der Kommerner Ortskern war einer der schönsten in der Eifel, fand Fischbach, und als »Ureinwohner« war er sogar ein wenig stolz darauf. Als er die Kneipe betrat, wurde er von drei Männern, alle im fortgeschrittenen Alter, mit großem Hallo begrüßt. Wie er trugen sie Lederjacken mit dem K-Heroes-Schriftzug auf dem Rücken.
»Hotte, altes Haus«, begrüßte ihn Jörg Dödenfeld, Oberstudienrat am St. Michael-Gymnasium in Bad Neuenahr, und hielt ihm die Faust hin. Fischbach ließ sich auf einen freien Stuhl fallen, grüßte in die Runde und hieb mit seiner Faust gegen Jörgs. Als junger Bursche hatte er die Geste cool gefunden, inzwischen war sie ihm nur noch peinlich. Doch Jörg stand auf Rituale und pflegte sie stoisch. Er war eben ein typischer Klischeebeamter, unbeweglich wie eine Eisenbahnschiene.
Der Wirt, ein stämmiger Bursche mit chronischem Bluthochdruck und schütterem Haar, klopfte Fischbach auf die Schultern und stellte ihm einen doppelten Els hin. Fischbach mochte den eigenwilligen Geschmack des Kräuterschnapses. Er konnte es überhaupt nicht verstehen, dass hin und wieder jemand den Mund verzog und behauptete, der würzige Brand würde nach Badezusätzen schmecken.
»Bring mir noch eine Frikadelle, ja?«, bat Fischbach.
»Geht klar. Zum Wohlsein«, wünschte der Wirt und zog sich in die Küche zurück.
»Stimmt es, was man so hört?«, flüsterte sein anderer Kumpel, der Pfarrer Klaus Levknecht. »Bei Maria Rast habt ihr einen gefunden?«
»Was mimst du denn hier den Heiseren?«, amüsierte sich Ralf Lorscheidt, Landwirt in der vierten Generation und engagiertes Mitglied der freiwilligen Feuerwehr, der auf dem Stuhl neben Hotte saß und einen Bierdeckel unter seinem Zeigefinger rotieren ließ. »Weiß doch eh schon der ganze Kreis.«
»Weiß er das, ja?«, wollte Fischbach wissen, wieder mal überrascht, wie schnell sich solche Informationen verbreiteten. Er vermutete schon lange, dass die Hälfte der Eifeler Bevölkerung den Polizeifunk abhörte. Es wurde wirklich Zeit, auf die neue Digitaltechnik umzusteigen.
Der Wirt kam an den Tisch und brachte die Frikadelle.
Gierig biss Fischbach ab.
»Sicher«, bestätigte Ralf. »Den Gartenzwerg-König hat es erwischt, heißt es. Mord, wie es scheint.«
»Munkelt man, soso«, knurrte Fischbach und nippte an seinem Glas. »Wer der Täter war, munkelt man nicht zufällig auch?«
Jörg nickte heftig. »Ja, doch. Da sollen Drogen eine Rolle gespielt haben.«
Fischbach verschluckte sich. Krampfhaft hustete er den scharfen Schnaps aus seiner Luftröhre. Sein Hals brannte wie Feuer. »Wie kommt man denn darauf?«, keuchte er.
Ralf stoppte seinen Bierdeckel und sah erstaunt auf. »Ist doch klar: Gartenzwerge.«
Bekräftigend, als ob damit alles klar wäre, nickten Jörg und Klaus.
»Gartenzwerge?« Fischbach spitzte die Lippen und sah von einem zum anderen. »Ihr wollt mich hochnehmen, stimmt’s?«
»Auf gar keinen Fall«, rief Klaus. »Es liegt doch auf der Hand. Dieser Baron ist ja kein Unbekannter. Jeder weiß doch, dass der kein Armer ist … war. Woher soll denn das ganze Geld gekommen sein, frage ich dich? Doch bestimmt nicht durch den Verkauf der Gartenzwerge.« Er verzog skeptisch das Gesicht und schüttelte nachdrücklich den Kopf.
»Genau«, stimmte Ralf zu.
Fischbach trank seinen Schnaps aus und bedeutete dem Wirt, eine Runde nachzuschenken. Er grübelte einen Moment über das Gesagte nach, während die anderen sich über Sinn und Unsinn der neuen Hähnchenmastanlage in Vettweiß stritten.
Der mögliche Zusammenhang mit Drogengeschäften war nicht ganz von der Hand zu weisen, musste er zugeben. Waren Gartenzwerge nicht sogar das ideale Mittel, um Heroin, Koks und Haschisch vom Erzeuger zum Abnehmer zu transportieren? Unschuldig grinsende Zipfelmützenträger, die Lieblinge der deutschen Kleingärtner, mit dem Gegenwert von Millionen von Euros im Bauch? Zog man es gut auf, war es eine perfekte Tarnung.
»Eh, Hotte.« Ralf hieb ihm so heftig auf die Schultern, dass die Haut brannte. »Bist du noch bei uns? Klaus wollte von seiner gestrigen Predigt erzählen.«
»Wenn ihr dabei gewesen wäret«, murmelte Klaus, »wüsstet ihr, worum es ging. Aber euch sieht man ja eher selten in der Messe.« Er klang ein wenig vorwurfsvoll. »Sei’s
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