Eifelbaron
Fischbach den Gashahn auf. Die Harley schoss vorwärts, Schwester Regina jauchzte ihm ins Ohr, und er freute sich.
Er bremste und bog in einer schwungvollen Bewegung auf die L 11 nach Antweiler ab. Niemand störte ihre Ausfahrt, die Straße lag verlassen vor ihnen. Er beschleunigte und nahm auch keine Geschwindigkeit zurück, als er am Birkenhof vorbeifuhr. Plötzlich blitzte es rötlich auf. Fischbach schreckte zusammen, und die Maschine schlingerte. Eine Radarfalle. Er hoffte inständig, dass ein paar hundert Meter weiter kein Empfangskomitee für Temposünder auf ihn wartete.
Doch am Ortseingang von Antweiler verpuffte seine Hoffnung. Ein Kollege von der Streife stand auf der Straße und winkte ihn mit der Kelle auf den Seitenstreifen neben einen VW-Bus.
»Guten Morgen«, grüßte ein zweiter Kollege. Fischbach kannte ihn. Er spielte Trompete in der Big Band der Polizei und hieß Thomas Gilles.
»Das ist ja schade«, murmelte Schwester Regina und streifte ihren Helm ab. Fischbach tat es ihr gleich.
Gilles riss die Augen auf. »Hotte! Was machst du denn hier?«
»Offensichtlich zu schnell fahren«, brummte Fischbach ärgerlich. »Ihr stellt die Dinger aber auch blöd auf. Solltet ihr nicht brenzlige Ecken abdecken? Kindergärten, Schulen, von mir aus auch Altenheime?«
Gilles blickte genervt zum Himmel. »Weißt du, wie viele Leute wir jährlich von den Bäumen kratzen? Wir müssen sehen, dass die Landstraßen sicherer werden. Du kennst doch die aktuelle Diskussion.«
»Sicher«, bestätigte er. »Übersetzt heißt das: Der Kreis benötigt Einnahmen.«
»Das ist etwas zu kurz gesprungen, Hotte, und du weißt das genau.« Gilles zückte seinen Kugelschreiber und schrieb etwas auf einen Block. »Nette Begleitung hast du da«, sagte er dabei und lächelte süffisant.
»Schwester Regina«, stellte sie sich unaufgefordert vor und lachte. »Ihr Kollege hat schon ein heißes Ding zwischen den Beinen.«
Gilles hielt in seiner Bewegung inne und sah Schwester Regina ungläubig an. Sekundenlang schwebte der Kugelschreiber über dem Papier.
Fischbach wusste nur zu gut, was gerade in Gilles’ Kopf vorging. Der Kollege mit der Kelle stellte sich neben ihn. Fischbach kannte ihn nur vom Sehen. »Ist was?«
»Ein Ton zu irgendjemandem, und du kannst die nächste Zeit Innendienst schieben«, zischte Fischbach Gilles zu.
»Ich liebe den Innendienst«, entgegnete der und grinste anzüglich.
»Einfach phantastisch«, jubelte Schwester Regina. Ihr war anscheinend die Zweideutigkeit ihrer Aussage nicht bewusst, denn schon plapperte sie einen weiteren missverständlichen Satz. »Die Kraft, diese Leichtigkeit. Meine Herren, Sie glauben gar nicht, wie befriedigt ich bin. Seit Jahren träume ich von solch einem Trip.« Sie kicherte. »Trip, ja, ja, sagt man so.«
Fischbach sah, dass die beiden Kollegen sich anstrengen mussten, nicht laut loszuprusten.
»Mach, dass du fortkommst«, forderte Gilles. Seine Mundwinkel zuckten amüsiert, Tränen sammelten sich in seinen Augenwinkeln.
Eilig setzten sie die Helme auf. Zehn Sekunden später steuerte Fischbach die Maschine zurück auf die Straße. Im Rückspiegel sah er noch, wie sich die beiden Kollegen vor Lachen krümmten.
* * *
»Hast du das Geld aufgetrieben?«
»Ja«, log er. Er sah mit unbewegter Miene zum Fenster hinaus und presste den Hörer gegen sein Ohr.
»Gut. Heute Nacht um zwölf. An der Bruder-Klaus-Kapelle.«
»In Wachendorf?«
»Kennst du sonst noch eine?«, tönte es höhnisch aus dem Hörer.
»Nein, klar. Warum gerade da?«
»Abseits, guter Überblick. Da wird uns niemand überraschen. Also keine Tricks, verstanden?«
»Keine Tricks.« Er drückte das Gespräch weg.
Tricks, nein, die hatte er nicht mehr nötig. Hier mussten Fakten geschaffen werden. Er hätte nicht gedacht, dass es so einfach werden würde. Offensichtlich wurde ihm zu wenig zugetraut. Ein Wolf im Schafspelz. Der Vergleich gefiel ihm. Es wurde Zeit, auf die Jagd zu gehen.
***
Der Konferenzraum war gut gefüllt. Neben dem Ermittlerteam waren diesmal auch wieder Bönickhausen und Doris Schmitz-Ellinger anwesend, außerdem Klaus Züll, der Leiter des Sondereinsatzkommandos, das eigens aus Köln angefordert worden war. Er trug einen grünen Overall. Mit seinen breiten Schultern und dem durchtrainierten Körper wirkte er auf seinem Stuhl wie ein Clown auf einem zu kleinen Fahrrad. Auch Feuersänger huschte noch herein und setzte sich zu ihnen.
Fischbach brachte zunächst alle
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