Eifelbaron
Hals schnürte sich zu. Er schluckte trocken, um seine Wut in den Griff zu bekommen. »Wer schießt denn? Rück doch mal Namen raus.«
Bönickhausen lehnte sich zurück. »Das werde ich nicht tun. Es reicht, wenn ich das höre. Und wenn sie zu ihren Meinungen stehen, werden sie es dir selbst sagen. Bis dahin konzentrier dich auf den Fall.« Er trank einen Schluck aus seiner Tasse. »Intriganten gibt es überall. Das ist kein Phänomen unserer Behörde. Belaste dich nicht damit. Wenn du den Fall erst mal erfolgreich abgeschlossen hast, werden die Stimmen schnell verstummen.«
Fischbach zweifelte daran. »Bekomme ich nun meine Überwachung oder nicht?«
Bönickhausen nickte. »Ab morgen früh steht da ein Wagen vor der Tür.«
»Morgen erst?«
Bönickhausen lächelte listig. »Kompromisse sind manchmal notwendig, Hotte. Wenn mir ein Abteilungsleiter sagt, dass er keine Leute zur Verfügung hat, dann muss ich ihm das glauben und ihm entgegenkommen. Ansonsten würde er sich auf den Schlips getreten fühlen. Er muss ja zumindest die Chance haben, seine Leute umzudisponieren.«
Fischbach stemmte sich hoch. »Hoffentlich ist es dann noch nicht zu spät.«
Bönickhausen winkte ab. »An der Beerdigung wird Frau Baron schon noch teilnehmen. Vorher kann sie kaum mit ihrem Liebhaber auf große Reise gehen.« Er stand auf und klopfte Fischbach aufmunternd auf die Schulter.
* * *
Welscher nahm die Akte vom Sideboard, die ihm vor fünf Minuten ein Bote hereingereicht hatte. Er legte sie vor sich auf den Schreibtisch. »Teufelsanbeter« stand in großen schwarzen Lettern auf dem Deckel. Da trieben sich ein paar gelangweilte Jugendliche nachts im Wald herum, und die Eifler hatten nichts Besseres zu tun, als mit Übertreibungen zu reagieren. Teufelsanbeter, wie theatralisch. Die sollten mal erleben, was in Köln alles so ablief. Viele Eltern dort wären froh, wenn ihre Kinder nur den Teufel anbeten würden. Trotzdem war es wichtig, die Sache zu prüfen, das wusste er. Sobald Fischbach auftauchte, mussten sie sich absprechen, damit sie die richtigen Fragen stellen konnten. Er zückte seinen Notizblock und schlug die zuletzt beschriebene Seite auf, die er mit dem Lesezeichen markiert hatte. Eine Telefonnummer fiel ihm ins Auge. Kerstin. Die hätte er fast vergessen. Er grübelte eine Weile vor sich hin und kam zu dem Ergebnis, dass Sigrid recht hatte. Er musste auf andere Gedanken kommen. Er sah auf die Uhr. Zwanzig vor zehn. Würde er Kerstin jetzt erreichen können? Eigentlich müsste gerade die erste große Pause laufen. Probier es einfach aus, Jan, dachte er. Falls sie sich doch im Unterricht befinden sollte, würde sie ihr Handy ausgeschaltet haben, keine Gefahr also zu stören.
Entschlossen nahm er sein Handy und löschte zunächst die zahlreichen Benachrichtigungen über eingegangene und nicht angenommene Anrufe. Immer dieselbe Telefonnummer. Du kannst ruhig ein wenig schmoren, dachte er böse. Dann wählte er Kerstins Nummer. Bereits Sekunden später meldete sie sich.
»Hallo, Jan hier. Stör ich?«
»Nein, nein«, hörte er ihre fröhliche Stimme sagen.
»Gut. Ich will nämlich nicht …«
»Jan, du störst nicht«, unterbrach sie ihn. »Wie geht es dir?«
Was sollte er darauf antworten? Er entschied sich, sie nicht mit seinen Beziehungsproblemen zu belasten. »Gut, gut«, versicherte er. »Pass auf, warum ich anrufe: Wie wäre es, wenn wir uns heute zusammensetzen? Hast du Zeit? Ich lade dich ein, quasi als Wiedergutmachung.« Er stützte den Kopf in die linke Hand, wappnete sich gegen die Möglichkeit, abgewiesen zu werden.
»Gerne. Um sechs?«
Überrascht ruckte er hoch. »Äh, lieber etwas später. Wir haben heute Nachmittag ein volles Programm, und ich will nicht wieder absagen müssen. Geht auch neun?«
Sie lachte. »Natürlich. Ich bin ja nicht gebunden. Was hältst du vom ›Basta‹ in Euskirchen?«
Er notierte sich den Namen der Kneipe. »Ich werde da sein. Ich freue mich, ehrlich.«
Sie verabschiedeten sich. Zufrieden lehnte er sich in seinen Stuhl zurück.
Fischbach stürmte herein. Welscher bemerkte sofort, dass er sauer war. Seine Mundwinkel hingen herab, die Lippen waren aufeinander gepresst, die Fäuste geballt. Er blieb am Fenster stehen und starrte hinaus.
»Schlechte Nachrichten?«
Fischbach stützte sich mit den Fäusten auf die Fensterbank und lehnte die Stirn gegen die Scheibe. »Nur ein paar organisatorische Probleme«, presste er heraus.
Welscher spürte, dass Fischbach ihn
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