Eifelbaron
herum, in dem sie Baron am Montag gefunden hatten. So früh am Morgen war der Parkplatz vor den Gebäuden fast leer. Nur ein betagter weißer Opel Corsa stand direkt vor dem blauen P-Verkehrszeichen.
Fischbach ließ die Harley durch das Tor in den Innenhof der Bildungsstätte rollen und schaltete die Zündung aus. Die Reifen knirschten, ansonsten war es ruhig und friedlich. Er klappte den Seitenständer aus und stieg ab. Am Fenster in der ersten Etage über dem Eingang bemerkte er eine Bewegung. Eine Nonne sah zu ihm herunter und beobachtete ihn. Fischbach deutete zur Tür. Sie schüttelte den Kopf und bildete mit den Händen ein X. Anscheinend wollte sie ihm so signalisieren, dass der Betrieb noch nicht begonnen hatte.
Er zückte seine Marke und hielt sie hoch. Sie fixierte eine Weile das Alu. Fischbach fürchtete bereits, dass sie aus dieser Entfernung nichts erkennen würde. Doch dann kam Leben in die Frau, sie nickte und verschwand. Kurz darauf wurde die Eingangstür aufgeschlossen, und die Nonne trat heraus. Sie trug jetzt eine dicke Strickjacke über ihrer schwarzen Tracht.
»Sie sind von der Polizei, richtig?« Sie lächelte gütig. So, wie man es erwartet, dachte Fischbach.
»Sie haben Augen wie ein Luchs«, sagte er anerkennend und stellte sich vor.
Sie tat es ihm gleich. »Schwester Regina«, erwiderte sie freundlich. »Und die Feder muss ich wieder von meinem Hut nehmen. Mit Luchsaugen hat das wenig zu tun. Ich habe Sie wiedererkannt. Oder besser gesagt Ihr Motorrad. Als die schlimme Sache dort im Wäldchen passiert ist«, sie senkte traurig den Blick, »stand Ihre Maschine auf dem Parkplatz. Der Kollege, der die Zufahrt bewachte, sagte mir, dass sie dem Hauptkommissar gehört.« Sie kam die Stufen runter und umrundete die Maschine.
»Eine Harley«, erläuterte Fischbach ein wenig stolz.
»Ich weiß. Eine ›Night Rod Spezial‹, wenn ich mich nicht irre. Sie haben allerdings eine ganze Menge daran herumgeschraubt.«
Fischbach staunte. »Sie interessieren sich für Motorräder?«
»Sicher doch.« Ihre Augen strahlten. »Ich fahre selbst eine MZ.«
Fischbach gab sich redlich Mühe, nicht das Gesicht zu verziehen. Es schien ihm nicht zu gelingen, denn Schwester Regina lachte auf.
»Geben Sie sich keine Mühe. Mir ist bekannt, was so harte Biker wie Sie über uns MZ-Fahrerinnen denken.«
Erleichtert atmete Fischbach aus. »Wissen Sie, wie man eine MZ zur bleibenden Wertanlage macht?«, unkte er.
Sie verzog gequält die Mundwinkel und gähnte gespielt übertrieben. »Volltanken, ja, ja. Aber kennen Sie den? Ein Harley-Fahrer muss mit dem Auto in die Stadt zum Einkaufen. Auf der Fahrt zurück kann er gerade noch einem Frosch ausweichen und hält an, um zu sehen, ob der Frosch okay ist. Plötzlich sagt der Frosch: ›Dafür, dass du mich gerettet hast, erfülle ich dir drei Wünsche.‹ Der Harley-Fahrer nimmt den Frosch mit nach Hause. Unterwegs erfüllt dieser ihm schon mal den Wunsch nach unendlich viel Geld und ewiger Gesundheit. Zu Hause angekommen, zeigt der Harley-Fahrer dem Frosch seine überaus potthässliche Frau und fragt: ›Kannst du aus dieser Frau ein richtig hübsches Mädchen machen?‹ – ›Ausgeschlossen‹, sagt der Frosch, ›so hässlich wie die ist, kann selbst ich nichts mehr machen.‹ – ›Aber aus meiner Harley ein richtig tolles Motorrad machen, das geht wohl, oder?‹ Sagt der Frosch: ›Kann ich noch mal deine Frau sehen?‹«
Sie lachten beide.
Schwester Regina scheint es faustdick hinter den Ohren zu haben, dachte Fischbach. Er versuchte, ihr Alter zu schätzen. Sie musste irgendwo um die vierzig sein.
»Jetzt muss ich aber leider dienstlich werden. Ich gehe davon aus, dass Sie nicht die Oberschwester hier sind.«
»Warum?«
»Sie … hm, ich denke, eine Oberschwester wäre älter«, gab er ehrlich zu, wobei er sofort merkte, wie oberflächlich seine Annahme war.
Sie kicherte. »Oberschwester heißt das bei uns nicht, sondern Leiterin der Bildungsstätte. Und richtig, ich bin es nicht.« Sie seufzte. »Leider ist aber außer mir niemand da. Diese Woche haben wir keinen Betrieb, da alle auf Wallfahrt nach Lourdes sind. Sonntagabend wollen sie wieder zurück sein.«
Fischbach fuhr sich durch die Haare und ärgerte sich. Jetzt würde wieder Zeit ins Land gehen, bevor er die Zeugenaussagen aufnehmen konnte. »Kann ich die Leiterin telefonisch erreichen?«
»Das wird nicht nötig sein«, erklärte Schwester Regina. »Wir haben uns am Montag nach dem
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