Eifelbaron
Abendessen hingesetzt und über die Sache im Wald gesprochen.« Sie senkte wieder den Blick und wirkte traurig.
Fischbach fiel auf, dass sie immer von der Sache, nie von Mord oder Totschlag sprach. Als brächte sie diese Worte nicht über die Lippen.
»Ich habe den Auftrag, der Polizei alles zu erzählen, was uns aufgefallen ist«, ergänzte Schwester Regina.
Verdutzt hob Fischbach die Augenbrauen. »Wenn das so ist, warum sind Sie dann nicht sofort zur nächsten Polizeidienststelle und haben Ihre Aussage zu Protokoll gegeben?«
Sie blickte auf. »Ich habe mich falsch ausgedrückt, entschuldigen Sie bitte. Damit meinte ich, dass ich im Falle einer polizeilichen Befragung als Ansprechpartnerin zur Verfügung stehen sollte. Wir können nämlich leider nichts zu den Ermittlungen beitragen, da niemandem von uns etwas Ungewöhnliches aufgefallen ist.«
»Auch das ist eine wichtige Aussage«, tadelte Fischbach. Er musterte sie. Die Schwester begegnete seinem strengen Blick mit einem offenen Gesichtsausdruck, ihre Hände ruhten ineinander. Fischbach kam zum Ergebnis, dass sie die Wahrheit sagte und nicht nur eine Ausrede benutzte, damit der Frieden hier in Maria Rast nicht gestört würde. »Das ist bedauerlich«, stellte er fest. »Ich hatte gehofft, dass man hier zumindest den Schuss gehört hat. Dann wäre der Todeszeitpunkt eindeutiger zu bestimmen.« Er rieb sich das Kinn. »Wissen Sie etwas von Jugendlichen, die hier im Wald ab und an … äh … sich etwas seltsam benehmen?«
Sie zog die Stirn kraus. »Sie meinen die Teufelsanbeter.«
Fischbach nickte.
»Arme Kinder. Sie haben die falschen Werte.«
»Kennen Sie welche von ihnen?«
Sie winkte ab. »Nein, das nicht. Sie treiben sich meist oben im Wald rum. Hier auf dem Gelände waren sie noch nie. Ich weiß nur, dass sich der Förster aufregt, wenn sie da oben Feuer machen und Tiere …« Sie brach ab.
»Ich weiß, was sie mit den Tieren machen«, beeilte sich Fischbach zu sagen. Er blickte zum Waldrand. »Würden Sie mich ein Stück begleiten? Ich möchte die Fundstelle besuchen und den Tatort noch mal auf mich wirken lassen. Dabei können wir uns weiter unterhalten.«
»Gerne«, sagte sie und gesellte sich an seine Seite. Sie überquerten den Wanderparkplatz, der jetzt leer war. Der weiße Corsa war verschwunden. Sie folgten dem Weg rechts in den Wald.
»Wieso wird ein Mensch so brutal aus dem Leben gerissen?«, fragte Schwester Regina.
Fischbach überlegte. Neid, Rache, Liebe, Eifersucht, Gier. Er hätte einige Dinge aufzählen können, die als Mordmotiv in Frage kamen. Aber er spürte, dass sie das nicht gemeint hatte. »Das müssen Sie Gott fragen«, sagte er daher.
Stumm gingen sie weiter, bis Schwester Regina plötzlich stehen blieb. »Das habe ich bereits. Doch er schweigt.«
In dieser einfachen Feststellung schwang irgendetwas anderes mit. Fischbach vermutete, dass Schwester Regina gerade in einer Sinnkrise steckte. »Es gehört alles zum Leben dazu«, sagte er. »Ohne Leid kann es keine Freude geben, ohne Schmerzen kein Glück, ohne Angst keine Besinnung auf das Schöne.« Sie setzten ihren Weg fort.
»Und deswegen passieren solche Dinge? Weil Gott uns auf Kosten anderer verdeutlichen will, wie schön das Leben ist?« Ihre Stimme klang skeptisch.
»Ich bin nicht der Richtige für theologische Fachgespräche«, wehrte er ab.
»Sie sind ein Mensch, Sie denken, Sie fühlen, Sie leben. Reicht das nicht, um sich eine Meinung zu bilden?« Sie hob ihren Rocksaum leicht an, um über einen im Weg liegenden Ast zu steigen.
»Für mich ja«, gab Fischbach zurück. »So, wie ich mir meine Welt zusammengebastelt habe, bin ich zufrieden. Sie ist zwar einfach gestrickt, aber ich komme damit zurecht. Nur fürchte ich, dass Ihnen das nicht weiterhelfen wird.«
Sie nickte. »Sie können sich glücklich schätzen. Es ist nicht einfach, zu zweifeln.« Sie deutete mit dem Zeigefinger voraus. »Sehen Sie.«
Ein rotes Licht flackerte auf dem Stein, an dem sie Baron gefunden hatten. Sie traten näher.
»Ein Grablicht«, stellte Fischbach fest. »Wer stellt denn so etwas mitten im Wald auf und riskiert einen Brand?«
»Jemand, der um ihn trauert«, hauchte Schwester Regina. »Stellen Sie es bitte wieder hin. Der Wald ist feucht, der Boden noch gefroren. Es wird nichts passieren.«
Fischbach zögerte, stellte dann aber das Licht wieder zurück. Ob Barons Frau hier gewesen war? Oder diese Sängerin, die Poth? Die Sekretärin kam ebenfalls in Frage.
»Die
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