Eifelbaron
Klassenfahrt klären. Wenn es stimmt, ist der Punker meiner Meinung nach raus aus der Sache. Der hat keinen Mumm, allein jemanden zu opfern. Und danach ziehst du die Jacke an. Wenn ich mit Bönickhausen alles geklärt habe, düsen wir zu mir. Sigrid hat Hähnchen in Rieslingsoße auf dem Herd stehen. Du wirst begeistert sein. Mit vollem Bauch ist es leichter, dicke Belgier einzufangen.« Er zwinkerte Welscher zu.
ZEHN
Der Wind blies den Regen quer über das Feld. Die Tropfen stachen wie kleine Nadelstiche in Welschers Gesicht. Zumindest halfen ihm die Nässe und die Kälte, die langsam unter seine Jacke kroch, wach zu bleiben. Das Mittagessen bei Fischbachs war grandios gewesen. Wenn Sigrid ein Restaurant aufmachen würde, wäre ihr mindestens ein Michelinstern sicher. Er drückte das Fernglas kräftiger gegen seine Augen und schaute nach Juntersdorf hinüber. Das Nest lag wie tot da. Nichts rührte sich. Man könnte glauben, eine Seuche hätte die Einwohner ausgelöscht. Sehnsucht packte ihn. Wie anders war es doch in Köln. Überall Menschen, Lichter, der angestrahlte Dom, die Hektik im Straßenverkehr, die er so oft verflucht hatte, jetzt jedoch vermisste. Da war wenigstens etwas los. »Schon unheimlich«, murmelte er.
»Hier in der Eifel geht keiner vor die Tür, wenn er nicht muss. Und erst recht nicht bei diesem Wetter«, flüsterte Fischbach an seiner Seite. Dabei war Flüstern vollkommen überflüssig. Sie hatten auf einer Bank unter einem riesigen Baum an der Hovener Straße Stellung bezogen. Ein Steinkreuz mahnte die Vergänglichkeit des Lebens an, zwei große Findlinge wirkten, als ob ein Riese sie hier fallen gelassen hätte. Die Fahrzeuge hatten sie im Dorf geparkt. Zwischen ihnen lagen noch gut fünfhundert Meter braches Feld bis zum Haus der Eimermachers am Düttling. Eine sichere Entfernung. Das Sondereinsatzkommando würde die Drecksarbeit erledigen. Züll wartete mit vier Leuten im Haus der Eimermachers, ein Hubschrauber stand bereit, die Zufahrtsstraßen waren durch Zivilfahrzeuge abgesichert. Sobald der Belgier hier auftauchte, würde er in der Falle sitzen.
Welscher hatte nicht schlecht gestaunt, dass Bönickhausen ein ganzes Einsatzkommando nebst Hubschrauber für die Festnahme in Köln angefordert und auch zugeteilt bekommen hatte. Offensichtlich wurde bei der neuen politischen Zusammensetzung nicht gekleckert, sondern geklotzt. Ihm erschien das ein wenig übertrieben. Er sah auf die Uhr. »Schon zehn Minuten überfällig.«
»Er wird kommen«, prophezeite Fischbach zuversichtlich und spähte durch sein Fernglas.
»Hm«, machte Welscher weniger überzeugt.
Fischbachs Handy klingelte. Die Melodie von »Highway to Hell« durchschnitt die Stille.
»Soll ich dir noch einen Verstärker bringen?«, brummte Welscher, der sich ärgerte, dass Fischbach den Klingelton nicht abgestellt hatte. Nicht weil er fürchtete, entdeckt zu werden, sondern einfach nur aus Prinzip. An so etwas musste man im Einsatz denken, das bekam jeder Anwärter schon am ersten Tag eingebläut.
»Ha, ha, lustig«, kommentierte Fischbach und nahm das Gespräch an. Er brummte hin und wieder zustimmend in das Gerät, steckte es dann wieder ein. »War Bianca. Robins Kameraden sind tatsächlich auf Tour.«
»Dann ab mit ihm auf die hintersten Plätze unserer Verdächtigenliste«, meinte Welscher und spähte weiter durch das Fernglas.
»Genau«, stimmte Fischbach zu. »Und du hast die Welle gemacht, dass wir ihn uns nicht eher vorgeknöpft haben.«
»Zu Recht. Gab ja bis dato keinen Hinweis darauf, dass er nicht involviert war.«
»Doch. Meine Intuition.«
»So ein Quatsch.«
»Neidisch?«
Welscher setzte das Fernglas ab und sah, dass Fischbach ihn übermütig anstrahlte. »Neidisch? Du hast Glück gehabt, mehr nicht.«
Er nahm das Glas wieder vor die Augen und betrachtete die Umgebung. »Die Dinger sind echt gut«, lobte er. »Damit kannst du sogar dort hinten das Werbeplakat lesen.« Er deutete zum Ortseingang.
Fischbach hob sein eigenes Glas an die Augen und schaute es sich an.
»Vlado Kumpan und seine Musikanten«, las Welscher vor. »›Der Stern am Blasmusikhimmel‹, steht da. Die spielen am Sonntag in Obergartzem.« Sekundenlang schwieg er, dann machte sich ein süffisantes Grinsen auf seinem Gesicht breit. »Hast du dir schon Karten besorgt?«
»Ich?« Fischbachs Stimme hatte einen zu hohen Ton. »Was soll gerade ich denn dort? Du weißt doch, was ich für Musik höre.« Er holte sein Handy aus der
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