Eifelteufel - Kriminalroman
beschloss, seine weiteren Fragen für ein paar Minuten zurückzustellen, damit Rita Lörsch sich sammeln konnte. Er trat näher an die Ruine heran. Der Boden des Erdgeschosses war trichterförmig eingebrochen. In der Mitte lagen Mülltüten, ein alter Kühlschrank und zwei Fahrradrahmen. Offensichtlich nutzte jemand die Ruine als illegale Deponie. Er meinte, immer noch etwas von dem Rauch zu riechen. Ob das nach all den Jahren überhaupt möglich war? Er schlug den Weg zur Rückseite ein. Dabei warf er einen Blick in den ausgebrannten Wagen. Der Form nach tippte er auf einen VW -Bully, ein T 1 oder vielleicht auch schon ein T 2. Von den Vordersitzen waren nur Sprungfedern übrig, die Türen hingen in den Angeln, und von den Reifen fanden sich nur noch die Felgen. Er hob den Blick. Ãberreste eines Zauns markierten die Fläche des ehemaligen Gemüsegartens. Statt Kohl und Stangenbohnen wuchsen dort jetzt Brennnesseln und meterhohe Disteln. Der Bach, der hinter der Ruine plätscherte, zog Fischbach magisch an. Er hockte sich ans Bachbett. Mit beiden Händen schöpfte er Wasser und spritzte es sich ins Gesicht. Die Kühle erfrischte ihn. Er schlürfte einige Schlucke aus der hohlen Hand und beschloss dann, wieder zu den anderen zurückzukehren.
Rita Lörsch schien es besser zu gehen. Ihr Gesichtsausdruck wirkte gefasst, ihre Tränen waren getrocknet.
»Gehtâs wieder?«, fragte er.
Sie nickte.
Welscher setzte sich auf einen liegenden Baumstamm. »Wie viele sind denn damals hier umgekommen?«
»Fünf. Drei Frauen, zwei Männer. Fragen Sie mich jetzt aber nicht nach den Namen, meine Erinnerungen sind ziemlich verblasst. Oder verdrängt, suchen Sie sich was aus.«
»Das wird sich recherchieren lassen«, sagte Fischbach. »Wie ist der Brand denn ausgebrochen?«
»Es war Brandstiftung. Irgendjemand hat uns buchstäblich Feuer unter dem Arsch gemacht. Er hat sogar ⦠die Polizei hatte dafür einen Begriff â¦Â«, fragend blickte sie Welscher an. »Feuerbeschleuniger?«
»Fast. Brandbeschleuniger«, korrigierte er.
»Von mir aus. Auf jeden Fall wurde Benzin verwendet.«
»Wurde der Täter gefasst?«, fragte Fischbach.
»Leider nicht.« Ihr Gesicht verzerrte sich zu einer wütenden Grimasse. »Dieses Schwein! Er muss sich gut ausgekannt haben. Hat den Benzinkanister aus dem Wagen von Andreas Resch geklaut.« Sie zeigte auf das ausgebrannte Wrack. »So etwas muss man ja wissen, oder? Dass der da drin Benzin hortet.«
»Wahrscheinlich, ja. Haben Sie denn jemanden in Verdacht?«
Sie nickte. »Es war bestimmt einer aus dem Dorf. Die waren nicht gut auf uns zu sprechen. Sogar ein Pfarrer kam vorbei und hat uns gewarnt.«
Nur mit Mühe konnte sich Fischbach einen Geistlichen als Brandstifter vorstellen, was er jedoch seiner katholisch geprägten Erziehung anlastete. Rein objektiv wusste er natürlich, dass selbst solche Personenkreise nicht ausgeschlossen werden durften.
»An dem Tag, als das Gruppenfoto aufgenommen wurde«, berichtete Rita Lörsch weiter, »wurden wir beschossen. Das müssen Sie sich mal vorstellen: Da tauchen so ein paar Typen auf und feuern wild um sich. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass wir äuÃerst unbeliebt waren.«
»Anfeindungen waren also an der Tagesordnung«, fasste Welscher zusammen.
»Genau.«
Sollte wirklich jemand aus dem Dorf das Haus angesteckt haben, konnte er sich der Rückendeckung der anderen sicher sein, dachte Fischbach. Niemand wurde hier in der Gegend einfach so von den Nachbarn verraten. Es war noch nicht allzu lange her, da hatten sie einen Mordfall in Kall aufzuklären gehabt. Ein Mann hatte seinen Kumpel mit einem Jagdgewehr erschossen. Zwei Wochen später war die Leiche auf einer Deponie entdeckt worden. Sowohl bei der Beseitigung der Tatwaffe wie auch bei der Zerstückelung der Leiche mittels Trennschneider hatte ein Nachbar geholfen. Ein anderer Helfer hatte die Leiche vorübergehend in seinem mit Bauschutt gefüllten Anhänger versteckt. Beide hatten von dem Mord und der Leiche gewusst, jedoch nichts der Polizei gemeldet. So lief das auf dem Lande.
Fischbach holte tief Luft. Die Kollegen, die damals an der Aufklärung der Brandstiftung gearbeitet hatten, waren auf eine Mauer des Schweigens gestoÃen, da war er sich sicher. »Was ist mit der Kommune nach dem Brand
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