Eifelteufel - Kriminalroman
der sich mit Lörsch geprügelt hat.«
Welscher nickte. »Ja, muss ganz bestimmt erledigt werden. Aber ich denke, das hat auch bis morgen Zeit. Mit Verlaub, du siehst echt beschissen aus. Ein wenig bleich im Gesicht.« Er schenkte ihr ein mitfühlendes Lächeln.
Schwer lieà sich Andrea Lindenlaub auf einen Schreibtischstuhl fallen. Der Teleskopdämpfer protestierte mit einem Quietschen gegen die unsanfte Behandlung. Nur zu gern würde sie Welschers Ratschlag Folge leisten. Doch was, wenn Otto Kruschweski der Mörder war und gerade in diesem Moment eine neue Teufelei plante? Schlimmer noch: Er könnte einen weiteren Menschen töten, nur weil sie sich nicht rechtzeitig an seine Spur geheftet hatte. Es war nach der derzeitigen Sachlage zwar nicht wahrscheinlich, aber auch nicht auszuschlieÃen.
Das würde sie sich nie verzeihen.
*Â *Â *
Die Nächte waren schrecklich.
Sobald die Sonne unterging und Sabine sich bettfertig machte, kam die Furcht. Ihre Gedanken drehten sich nur noch darum, ob Björk oder Ole erneut versuchen würden, sie zu vergewaltigen. Zwei Wochen war der Ãbergriff jetzt her.
Die Zahnbürste zitterte in ihrer Hand, der Schaum der Zahnpasta lieà sie würgen. So konnte es nicht weitergehen. Das Spiegelbild des Aliberts zeigte ein Mädchen mit strähnigen Haaren und fettiger Haut. Die Körperpflege hatte Sabine auf das Nötigste reduziert. Als graue Maus würde sie weniger anziehend wirken.
Tagsüber hielt sie sich nur noch in der Nähe von Erwachsenen auf und hoffte, niemand würde es wagen, sich an ihr zu vergehen, solange sie beobachtet würden. Bisher war die Rechnung aufgegangen.
Schwieriger gestaltete es sich, ihren Schutz auch auf dem Schulweg aufrechtzuerhalten. Dabei stellte der morgendliche Gang kein sonderliches Problem dar, üblicherweise schliefen noch alle, wenn sie um kurz vor halb acht das Haus verlieÃ. Für den Heimweg jedoch hatte sie sich etwas einfallen lassen müssen. Glücklicherweise schien ein Junge aus dem Dorf ein Auge auf sie geworfen zu haben. Er störte sich nicht an ihrem schmuddeligen Aussehen. Warum es so war, dafür hatte sie keine Erklärung. Sie selbst fand, dass sie erbärmlich nach Schweià stank. Wie es jemand in ihrer unmittelbaren Nähe aushielt, war ihr unerklärlich. Eigentlich konnte sie den Jungen auch nicht ausstehen. Er war ein Angeber. Ohne Unterlass prahlte er von dem wahnsinnig tollen Mercedes seines Vaters, der nur noch von dem neuen Deutz-Traktor der Familie übertroffen wurde. Dabei zupfte er in einer Tour an seinen wahrscheinlich sündhaft teuren Klamotten herum. Vermutlich, um Sabines Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Ein echtes Arschloch. Mit ihm zu reden hatte sie bereits Ãberwindung gekostet. Doch er brachte sie jeden Tag bis zur Haustür, und das war das Beste, was ihr im Moment passieren konnte. Da schluckte man auch schon mal die eine oder andere Kröte.
Die Scheune mied sie wie die Pest. Aber da sie sich ohnehin nicht auf das Lesen konzentrieren konnte, vermisste sie ihre Ruhezone nicht sonderlich.
Sie wusch den Kopf der Zahnbürste aus und stellte sie ins Glas. Mehr investierte sie nicht in die Körperpflege. Die Zähne putzte sie auch nur deshalb, weil sie Angst davor hatte, Schmerzen wegen Karies zu bekommen. Das Wasser zum Ausspülen schlürfte sie direkt vom Hahn, spuckte aus und verlieà das Bad.
Bisher waren ihre VorsichtsmaÃnahmen von Erfolg gekrönt. Doch das Leben in Angst konnte kein Dauerzustand werden. Sie musste unbedingt mit ihrer Mutter unter vier Augen sprechen. Bisher war es ihr nicht gelungen. Immer wieder hatte Viola sich verleugnen lassen oder vorgegeben, keine Zeit zu haben.
Keine Zeit für das eigene Kind! Verächtlich schnaufte Sabine. Diesmal würde sie sich nicht vertrösten lassen. Sie würde ihre Mutter zur Rede stellen und sie um Hilfe bitten.
Im Schlafanzug rannte sie die Treppe hinunter. Vor einer halben Stunde war ihre Mutter mit Knut in einem der Schlafzimmer verschwunden. Sie drehte nach rechts ab, ging den kleinen Flur entlang und riss die Tür am Ende des Ganges auf. Wie erwartet lag ihre Mutter erschöpft und mit einem seligen Lächeln auf dem Gesicht in Knuts Armen. Die Kamera lag auf seinem Bauch.
Mistkerl, dachte Sabine, der scheint vor nichts mehr Respekt zu haben und alles zu fotografieren, was ihm vor die Linse kommt. Allerdings schien ihre Mutter auch
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