Eifelteufel - Kriminalroman
nichts dagegen zu haben.
»Was willst du denn schon wieder? Kannst du mich nicht mal für fünf Minuten in Ruhe lassen?«
»Fünf Minuten? Da ist ja wohl die Höhe«, empörte sich Sabine. »Seit Tagen laufe ich dir hinterher. Ich muss mit dir sprechen, schon vergessen? Ich muss mit dir sprechen.«
»Wie theatralisch. Ich bin müde. Lass uns morgen â¦Â«
»Nein! Jetzt!«, schrie Sabine. Diesmal würde sie sich nicht vertrösten lassen.
Das Gesicht ihrer Mutter verlor den gleichgültigen Ausdruck und verfinsterte sich. »Wenn du nicht auf der Stelle verschâ«
»Ich bleibe.« Entschlossen schob Sabine sich auf den Stuhl in der Ecke und verschränkte die Arme vor der Brust.
Knut seufzte, schob Viola zur Seite und setzte sich auf die Bettkante. »Ich geh runter und ess was.« Er schlüpfte in seine Jeans und verlieà den Raum.
»Und? Zufrieden? Da siehst du, was du mit deiner Zickerei anrichtest. Die Leute flüchten vor dir.« Sie nahm den Tabakbeutel von der Nachtkonsole und drehte sich eine dünne Zigarette. »Ich verstehe dich nicht. Andere Kinder wären froh, wenn sie so viele Freiräume hätten wie du.«
»Kinder vielleicht«, entgegnete Sabine. Böse funkelte sie ihre Mutter an. »Aber ich bin ja kein Kind mehr. Ich heiÃe ja jetzt Finja.«
»Wie du das sagst. Als wenn du etwas auskotzen würdest. Dagegen hast du also auch schon wieder was?« Viola steckte sich die Zigarette an und blies den Rauch nach oben. »Du wurdest im Kreis der Kommune als volles Mitglied aufgenommen. Das ist doch toll. Aber nein, was passiert? Schon wieder nur Gemecker von dir. Hast du dir schon mal selbst zugehört? Du beschwerst dich am laufenden Band. Das Haus ist dir zu zugig, das Essen zu spartanisch, die Menschen zu freizügig. WeiÃt du, ich kann deine ewige Nörgelei bald nicht mehr hören.«
»Ich habe auch allen Grund dazu.« Sabines Stimme bebte vor Zorn. Das Gespräch verlief so, wie sie es befürchtet hatte. Ihre Gefühle waren ihrer Mutter vollkommen egal. Was mit ihr geschah oder wie sie den Tag verbrachte, interessierte sie nicht. Sie wollte sich damit nicht beschäftigen. Die Kälte, die Viola ausstrahlte, schmerzte Sabine bis in die tiefste Seele. Hätte sie doch ihrem Vater schreiben können. Doch sie hatte noch nicht mal eine Adresse. Seine Briefe nahm ihre Mutter entgegen. War sie guter Laune, durfte Sabine sie nach ihr lesen. Wenn nicht, behauptete sie nur: »Nichts Neues.« Wo sie die Briefe versteckte oder ob sie diese nicht direkt ins Feuer des Küchenherdes warf, wusste Sabine nicht.
Ihre Mutter lachte verächtlich. »Ach? Sag blo�« Heftig zog sie an ihrer Zigarette, die Glut leuchtete grell auf. »Welchen Grund hat das Prinzesschen denn, uns alle zu terrorisieren? Du hast genug zu essen, ein Dach über dem Kopf und sogar ein Einzelzimmer. Also, ich sehe nichts, was dich quälen könnte.«
Wut brodelte in Sabine, Tränen schossen ihr in die Augen. Die Ignoranz ihrer Mutter war unglaublich. Merkte sie denn nicht, dass sie litt, dass sie sich quälte, jeden Tag aufs Neue? »Kein Wunder, dass du nichts von mir mitbekommst. Du denkst nur noch an deine Hurerei«, fauchte sie.
Sekundenlang schwebte die Zigarette ungeraucht vor den Lippen ihrer Mutter. Ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. »Was hast du gesagt?«
»Hure! Du denkst nur noch ans Ficken!« Erschrocken zuckte Sabine zusammen. Hatte sie das gerade wirklich gesagt?
Ihre Mutter sprang aus dem Bett, baute sich vor ihr auf und holte aus. Die Ohrfeige fegte Sabine vom Stuhl.
»Du Miststück!«, schrie ihre Mutter, beugte sich hinunter und riss Sabine an den Haaren hoch. »Was nimmst du dir heraus? Was glaubst du, wer du bist?«
Speicheltröpfchen benetzten Sabines Gesicht. Vor ihren Augen tanzten rote Punkte, die Kopfhaut brannte fürchterlich. Sie war nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen. Ihr Zorn loderte in jedem Muskel. »Nutte!«, schrie sie und trat wild um sich. Es klatschte, ihre Mutter stöhnte auf und lieà endlich die Haare los. Sabine robbte von ihr fort, ballte die Fäuste und hielt sie drohend vor sich.
Doch Viola schien genug zu haben. Sie rieb sich den Oberschenkel und sah sie trotzig an. »Ich habe geahnt, dass es eines Tages so kommen wird.« Die glimmende Zigarette lag unbeachtet vor ihren FüÃen. »Aber
Weitere Kostenlose Bücher