Eifelteufel - Kriminalroman
und für ihr Leid. Ihr Herz machte einen Sprung. Die Welt erschien ihr von einem Augenblick auf den anderen nicht mehr so rabenschwarz wie noch vor gut einer halben Stunde.
»Pass auf«, sagte Agnetha. Sie zog Sabine mit sich hoch. »Morgen Vormittag klären wir die Sache. Du musst raus aus der Kommune. Ich werde versuchen, deinen Vater zu erreichen.« Sie umarmte Sabine. »Alles wird gut, du wirst schon sehen. Jetzt aber los.« Agnetha löste sich. »Eine Mütze Schlaf muss schon sein. Morgen wird ein anstrengender Tag.«
LeichtfüÃig folgte Sabine Agnetha zurück zum Haus. Die Nacht war immer noch hell und klar, der mit Wurzeln gesäumte Weg gut zu erkennen. Stumm dankte sie dem lieben Gott für Agnethas Auftauchen. Wenn sie nicht gewesen wäre, dann läge sie vielleicht schon tot am FuÃe der Steilwand. Sie unterdrückte ein Kichern. Wie irrational ihr der Gedanke, sich selbst zu töten, inzwischen vorkam. Was für ein Blödsinn. »Alles wird gut« hatte Agnetha eben gesagt, und sie glaubte fest daran. Agnetha war bestimmt schon dreiÃig Jahre alt. Sie besaà sicher genug Lebenserfahrung, um zu wissen, wie man solche Dinge anging.
Leise schlichen sie sich ins Haus. Im Wohnzimmer lachten einige, aus den Schlafzimmern waren die üblichen vertrauten Geräusche zu hören. Ihr Fortbleiben schien niemanden sonst interessiert zu haben. Unbemerkt erreichten sie Sabines Zimmer. Agnetha schob sie hinein. »Leg dich hin und rühr dich nicht vom Fleck. Du kannst beruhigt schlafen, ich passe auf dich auf. Heute Nacht passiert hier nichts mehr, das garantiere ich dir.« Entschlossen schob sie das Kinn vor.
Sabine konnte nicht anders. Wild umarmte sie Agnetha, drückte ihr einige Küsse aufs Gesicht und lieà sie wieder los. »Danke«, murmelte sie.
»Ist doch selbstverständlich, Kind. Jetzt aber los.« Sie wedelte mit der Hand in Richtung Zimmer.
Sabine warf sich aufs Bett und zog die Decke über sich. Morgen früh stand erst mal ein Vollbad an. Vielleicht kam die Polizei, und einem Beamten, von dem sie sich Hilfe erhoffte, wollte sie nicht verlottert gegenübertreten.
Erleichtert seufzte sie. Endlich würde sie dem Alptraum entfliehen können. Keine Angst mehr vor Ole oder Björk haben zu müssen, kam ihr vor wie der Himmel auf Erden.
Der Schlaf übermannte sie, die Augen wurden schwer. Sie träumte von einer Sommerwiese. In der Luft hing der Geruch von Heu. Ihr Vater war da. Sie lachten viel, streckten sich auf einer Decke aus und verfolgten die wenigen schneeweiÃen Schäfchenwolken, die über den blauen Himmel schwirrten. Nur einen schwarzen Schatten, der hin und wieder auf ihr Gesicht fiel und ihr die Sicht nahm, konnte sie nicht zuordnen, sosehr sie auch nach der Ursache suchte. Er beunruhigte sie.
Noch Jahre später würde sie sich an diesen Schatten im Traum erinnern, ihn in Verbindung mit der Zeit und den Ereignissen danach bringen. Oder, wie sie es ausdrückte: mit der Hölle auf Erden.
*Â *Â *
Langsam fuhr Fischbach über die HauptstraÃe durch Ripsdorf in westlicher Richtung. Im Rückspiegel sah er Welscher, der mit dem schwarzen BMW folgte. Lars hatte sich nach dem turbulenten Wochenende einen Tag Urlaub gegönnt und benötigte den Wagen heute nicht. Welscher schien das Fahrzeug mittlerweile richtiggehend zu lieben. Vermutlich lag das in erster Linie an der Klimaanlage.
Am Restaurant »Breuer« stoppte Fischbach und winkte Welscher im Wagen an seine Seite.
Surrend fuhr die Fensterscheibe des BMW s herunter. Ein Schwall kalter Luft streifte Fischbachs Gesicht.
Welscher beugte sich über den Beifahrersitz und sah zu ihm auf. »Was ist?«
»Wo geht es weiter?«
»Du hast dir doch vorhin die Zeichnung angesehen.«
»Ja klar, Ripsdorf habe ich mir ja auch gemerkt. Aber meinst du, ich kenne jeden Wirtschaftsweg hier?«
Welscher kramte aus der vorderen Hosentasche das Papier hervor und faltete es auseinander. Suchend sah er sich um. »Da.« Er deutete auf das StraÃenschild hinter Fischbach. »Tränkgasse. Da müssen wir rein.« Er blickte wieder auf das Blatt und runzelte die Stirn. »Ein gutes Stück weiter, da, wo es ein paar Kreise gibt, steht der Wohnwagen.«
»Kreise?«
»Mann, bist du vergesslich.« Welscher hielt das Papier so, dass er draufschauen konnte, und tippte mit dem Finger auf die besagte Stelle.
»Ja,
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