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Eifler Zorn

Eifler Zorn

Titel: Eifler Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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und versucht erneut, Ludwig hochzuheben.
    »Erschlag
ihn.« Löhbach packt einen der beiden schweren Kerzenleuchter. »Tu, was ich dir
sage. Du willst doch auch deinen Gesellen machen.«
    »Nein!«
Paul weicht zurück.
    »Ich habe
dem Direktor nichts von der Hure gesagt.« Er sieht Paul an. »Noch nicht. Weil
ich weiß, dass dir etwas an ihr liegt.«
    »Das
stimmt nicht.«
    »Ich bin
nicht blind, Weber.« Löhbach kommt auf Paul zu. »Erschlag ihn, oder die Hure
wird ihres Lebens nicht mehr froh.«
    Paul
zittert. Er nimmt das schwere Metall aus Löhbachs Hand entgegen. Sein Arm sackt
unter der Last nach unten, der Körper folgt ihm.
    »Schlag
endlich zu!«, kreischt Löhbach, greift nach Pauls Hand und umfasst sie. Er
führt ihn, der sich nicht wehrt, wie eine Marionette, hebt Pauls Arm, presst
seine Finger auf den Leuchter und schlägt zu. Knochen knirschen. Ludwig zuckt
einmal. Dann liegt er still. Paul hört Löhbach atmen, als der sich von ihm
löst, mit der Hand über seine Stirn fährt und vor Ludwig auf den Boden spuckt.
»Bring ihn weg. Bau eine Kiste und pack ihn in den Keller. Dort wird ihn
niemand suchen. Ich werde sagen, er ist weggelaufen. Das genügt.« Er dreht sich
um und verlässt den Raum.
    ***
    »Nichts. Sie ist nicht
da.« Steffen schaltete sein Handy aus und hielt es unschlüssig in der Hand. Er
hatte mit meiner Nachbarin telefoniert, bei der ich einen Haustürschlüssel
deponiert hatte, und sie gebeten, in der Wohnung nachzusehen, ob Henrike nach
Hause gekommen war. Auch sein Anruf im Altenheim bei Hermann war erfolglos
geblieben. »Wo, zum Teufel, ist sie?«
    Ich hockte auf einem der
Gartenstühle, die Arme um mich geschlungen. Trotz einer dicken Jacke, die
Steffen aus seinem Wagen geholt und mir um die Schultern gelegt hatte, fror
ich.
    »Luisa ist auch nicht
auffindbar«, murmelte ich und beugte mich vor, in der Hoffnung, den Schwindel
aus meinem Kopf zu verdrängen. Das Denken fiel mir schwer, und eine bleierne
Müdigkeit kroch durch alle meine Glieder. Ich schloss die Augen. Henrike. Ich
hatte keine Ahnung, wo ich noch suchen sollte. Wie ich ihr helfen konnte. »Und
wenn die Mädchen zusammen weg sind?« Ich sah Steffen an, der mich aber gar
nicht beachtete, sondern aufsprang, dabei seinen Stuhl umstieß, und zum Ende
des Gartens lief.
    »Henrike!«, rief er und breitete
die Arme aus. Ich schoss hoch, bemüht, an ihm vorbei etwas zu erkennen, und
setzte mich mit unsicheren Schritten in Bewegung. Mein Kreislauf streikte,
trotzdem schaffte ich es, ihn einzuholen. Eine Welle der Erleichterung rollte
über mich hinweg. Henrike und Luisa. Blass, hohlwangig, die Kleidung klebte an
ihren Körpern, aber sie waren unverletzt.
    »Kümmert euch um meine
Freundin. Kümmert euch um Luisa«, hörte ich Henrike sagen, dann packten mich
Schwindel und Übelkeit. In einem Schwall übergab ich mich auf die Wiese,
stolperte und fiel in mein Erbrochenes, während das Grün um mich herum
verschwamm und mich mit sich riss.
    »Ina? – Sie rührt sich
nicht.«
    »Sie müssen sie jetzt
schlafen lassen.« Eine Frauenstimme. Leise. Freundlich. »Sie wird von allein
aufwachen. Es ist alles in Ordnung.«
    »Aber sie ist bewusstlos!«
    »Nein, sie schläft. Machen
Sie sich keine Sorgen.«
    Schlafen.
    Jemand hatte einen Ring
um meinen Schädel gelegt und zog ihn langsam enger. Unter meiner Haut pochte
der Schmerz.
    »Frau Weinz?« Jemand legte
eine Hand auf meine Schulter. Ich zwang mich zu blinzeln. »Ach, Sie sind wach.
Das ist gut.«
    Ich bin nicht wach, dachte
ich und ließ meine Lider dort, wo sie mir am wenigsten Mühe machten.
    »Können Sie mich bitte
ansehen?« Die Stimme ließ nicht locker. Höflich, aber bestimmt.
    Ich seufzte und öffnete die
Augen. Hoffentlich ließ er mich dann in Ruhe in meinem Bett liegen.
    »Hallo, Frau Weinz. Mein
Name ist Müller. Ich bin Ihr Arzt. Wissen Sie, wo Sie sind?«, fragte der Mann
neben meinem Bett. Er trug einen weißen Kittel, ein Stethoskop um den Hals und
ein freundliches Lächeln im Gesicht. Hinter ihm erkannte ich Hermann.
    »Im Krankenhaus?« Ich wollte
mich aufsetzen, aber der Versuch misslang gründlich.
    »Bleiben Sie liegen. Sie
haben eine schwere Gehirnerschütterung. Ein Wunder, dass Sie nicht schon früher
zusammengeklappt sind.«
    Ich war verwirrt.
Krankenhaus? Bilder drehten sich in meinem Kopf. Konzentrier dich, Ina! Streng
dich an!
    »Henrike!«
    »Es ist alles gut, Kind.«
Hermann schob sich an dem Arzt vorbei und setzte sich zu mir auf die

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