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Ein Abend im Club

Ein Abend im Club

Titel: Ein Abend im Club Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Gailly
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holen, ihn zu schützen, ihn zu behalten, für sich zu behalten, das ist nur normal, natürlich.
    Was sich da zusammenbraute, war Debbie bewusst und es war ihr nicht gleichgültig. Sie aß ihr Omelett, schlenderte mit dem Teller durch den großen, von Meereslicht erfüllten Raum, summte nebenher die Melodie mit, die Simon spielte, aber sie wusste, was sich da zusammenbraute. Vergiss nicht, sie anzurufen, sagte sie, und wenn sie da ist, trennen wir uns.
    Nein, sagte Simon, ohne sein Spiel zu unterbrechen, als ließe sich sein Gefühl freier denken, wenn er sein Spiel nicht unterbrach, als ließe sich sein Gefühl in diesem Spiel ausdrücken: Nein, sagte er, wir trennen uns nicht, ich fahre wohl mit ihr zurück, aber wir trennen uns nicht, nie, nie mehr.
    Debbies Lachen. Sie fand ihn rührend, so bezaubernd mit seinem nie mehr. Sie stellte den Teller auf den Flügel, lehnte sich an seinen Rücken, legte ihm die Hände auf die Schultern und küsste ihn mehrere Male aufs Haar. Zuletzt hatte das seine Mutter getan. Suzanne war auf dem Weg zu ihm. Denk dran, im Hotel anzurufen, sagte er sich.
    Gegen 16 Uhr rief er ein erstes Mal an. Er wollte den jungen Mann an der Rezeption nur daran erinnern, dass Madame Nardis zwischen 18 und 19 Uhr kommen würde. Haben Sie es notiert?, fragte er. Ja, Monsieur, sagte der Junge. Und dann, fügte Simon noch hinzu und wiederholte damit, was er schon gesagt hatte und was sich übrigens von selbst verstand: Sollte Madame Nardis ein wenig früher ankommen, möchte sie im Zimmer auf mich warten, sie ist sicher sehr müde, Sie geben ihr doch den Schlüssel, nicht wahr? Gewiss, Monsieur, sagte der junge Mann.
    Gegen 17 Uhr rief Simon ein zweites Mal an. Ein kurzes Gespräch. Keine Nachricht? Madame Nardis hat nicht angerufen? Nein, Monsieur. Ich rufe in einer Stunde wieder an.
    Zwischen 16 und 17 Uhr versuchte Debbie noch einmal, Simon zur Liebe zu verlocken. Nein, nicht noch einmal, das erste Mal hatte sie nichts versucht. Sie wollte ihn unter dem Vorwand dazu verlocken, dass sie sich wahrscheinlich nicht wieder sähen. Simon, recht beunruhigt, lehnte unter dem Vorwand ab, in seinem Alter sei zweimal am selben Tag zu viel verlangt. Debbie fand Simons Antwort nicht nur ordinär und rührend, sondern auch irrig. Sie machte sich daran, ihn von seinem Irrtum zu überzeugen.
    Dann hatte er Hunger. Auch so ein Omelett, verlangte er. Das gleiche. Debbie hatte keine Eier mehr. Zu dumm, sagte Simon. Ich geh und hol welche, sagte Debbie. Aber nein, sagte Simon, nicht doch. Darauf überlegte Debbie kurz, dann sagte sie: Wie wäre es mit einem Stückchen Lachs? Darauf Simon: Mit einem Glas Wein, weiß, trocken und kühl, und auf dem Fisch ein wenig Dill, wäre das möglich? Aber ja, mein geliebter kleiner Simon, antwortete Debbie und gab ihm einen Kuss als Trost fürs Warten.
    Das Glück traf ihn mit solcher Wucht, dass er aufs Sofa fiel. Vor lauter Angst, der Augenblick könne vergehen, wagte er nicht mehr zu denken. Er hielt sein Denken an, wie man den Atem anhält.
    Als das nicht mehr möglich war, weil sonst sein Gehirn erstickt wäre, als sein nach Sauerstoff ringendes Gewissen ihn daran erinnerte, dass er anrufen musste, protestierte er rüde: Ja, ja, ich weiß, ich weiß, du brauchst mich nicht daran zu erinnern.
    Etwa in diesem Augenblick wünschte sich Simon, der sich dermaßen gut fühlte, Suzanne möge nicht ankommen. Und etwa zu dieser Uhrzeit starb Suzanne.
    Gegen 18.15 rief Simon wieder im Hotel an. Suzanne war nicht mehr auf dem Weg zu ihm. Der Zug, den er hätte nehmen sollen, war schon längst in Paris. Dann noch einmal, wieder eine halbe Stunde später, also etwa 18.45 Uhr.
    Der Junge wollte gerade seinen Dienst beenden. Ich habe eine Nachricht für Sie, sagte er. Ach ja?, fragte Simon, hat Madame Nardis angerufen? Nein, Madame Nardis hat nicht angerufen, aber Ihr Sohn, Monsieur Jamie Nardis, er ist doch Ihr Sohn? Hallo? Sind Sie noch da?
    Debbie sah Simon an. Auch er sah sie an. Ja, sagte er, ich bin noch da, entschuldigen Sie, ich dachte gerade nach. Also mein Sohn hat angerufen. Und? Was wollte er?
    Das weiß ich nicht, er sagte nur, Sie sollten ihn dringend bei sich zu Hause zurückrufen. Simon: Soll ich ihn zurückrufen oder bei mir zu Hause anrufen? Der junge Mann: Er hat lediglich gesagt: Sagen Sie ihm, er möchte sofort bei sich zu Hause anrufen, das scheint mir doch eindeutig, oder? Ja, sagte Simon, danke.

21.
    In Simons Wohnung in Paris herrscht Stille. Nicht Leere. Anne und

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