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Ein Abenteuer zuviel

Ein Abenteuer zuviel

Titel: Ein Abenteuer zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Williams
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um halb sieben, noch ziemlich leer war. Die meisten Barhocker an der Theke waren noch frei, und auch an den Tischen saßen nur vereinzelt Gäste.
    „Ich habe lange und gründlich darüber nachgedacht”, begann Ruth, während sie die Hände im Schoß faltete. „Eigentlich habe ich fast den ganzen Tag darüber nachgedacht…”
    „Sind Sie sicher, dass Sie nichts trinken möchten? Vielleicht um etwas Mut zu schöpfen?”
    „Ja, ein Glas Wein wäre prima”, antwortete sie nach kurzem Zögern. Nur zu ihrem Spiegelbild zu sprechen war wesentlich einfacher gewesen.
    Ruth beobachtete, wie er zum Tresen ging und sich dann mit dem Rücken dagegen lehnte, während er darauf wartete, dass der Barkeeper die Bestellung ausführte.
    Franco trug auch heute Abend wieder Jeans. Schon gestern hatte sie bemerkt, dass er darin noch beunruhigender auf sie wirkte als im Anzug, mit dem sie - zu Recht oder Unrecht - eher gutes Benehmen, Kultiviertheit und Selbstbeherrschung verband. Als sie ihn in der lässigen Freizeitkleidung erblickt hatte, war ihr auch bewusst geworden, dass er jünger sein musste, als sie zunächst gedacht hatte. In gewisser Weise hatte er in der perfekt sitzenden engen Hose noch verführerischer ausgesehen, als er es ohnehin schon war. Und auch jetzt konnte sie sich seiner so umwerfend männlichen Ausstrahlung nicht völlig entziehen.
    „Nun, was wollten Sie sagen?” fragte Franco, nachdem er an den Tisch zurückgekehrt war. Er reichte ihr das Weinglas, setzte sich und blickte sie über den Rand seines Bierglases hinweg an.
    Ruth trank einen Schluck und fuhr sich dann nachdenklich mit der Zungenspitze über die Lippen. „Ich glaube nicht, dass ich meine Sache gestern besonders gut gemacht habe”, erklärte sie. „Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, als ich diese Aufgabe übernommen habe. Aber sie überfordert mich ein wenig.”
    „Ich fand eigentlich, dass Sie recht gut waren”, erwiderte er, während er sich den Nacken massierte. „Sie waren interessiert und freundlich. Kate und Angie haben sich Ihnen gegenüber ziemlich geöffnet.”
    „Ja, schon, und das ist das Problem. Ich glaube, ich möchte nicht …” Sie zögerte und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. „Ich bin nicht mutig … entschlossen genug …”
    „Stopp!” Franco legte die Hände auf den Tisch und sah Ruth grimmig an. „Hören Sie mir genau zu, denn ich werde es nur einmal sagen. Wenn Sie nicht weitermachen wollen, dann ist das in Ordnung. Aber verstecken Sie sich nicht hinter blödsinnigen Argumenten wie Sie seien nicht mutig genug oder auf Grund Ihrer Erziehung nicht geeignet oder als Tochter eines Pfarrers nicht die Richtige für diese Aufgabe. Sagen Sie einfach, wie es wirklich ist. Dass Ihnen dieser Job nicht gefällt. Vielleicht mögen Sie nicht abends arbeiten. Vielleicht finden Sie die jungen Mädchen schrecklich, die wir treffen. Ist es das? Habe ich ins Schwarze getroffen? Halten Sie sich für etwas Besseres?”
    Ruth wurde ganz blass, und ihre Hand zitterte, als sie das Weinglas nahm. Wie konnte er das nur von ihr glauben? Sie hatte sich stundenlang den Kopf darüber zerbrochen, was sie sagen und wie sie es formulieren sollte. Doch es hatte ihr im entscheidenden Moment nichts genützt, denn sie hatte sich wieder einmal unbeholfen und gehemmt gezeigt und offenbar einen völlig falschen Eindruck bei ihm erweckt.
    „Nein, ich habe nichts dagegen, abends zu arbeiten … Ich habe keine familiären Verpflichtungen … und ich habe auch nichts … Wie können Sie mir nur unterstellen, dass ich diese Mädchen … schrecklich finde?”
    fügte sie bestürzt hinzu und beobachtete, wie sein Blick freundlicher wurde.
    „Was ist es dann?”
    „Ich … ich fühle mich der Aufgabe nicht gewachsen”, erklärte sie schließlich. „Die Geschichten gestern Abend haben mich entsetzt. Siebzehnjährige Mädchen verlassen ihr Zuhause, nur weil es ihnen dort zu eng ist oder sie Streit mit einem Stiefelternteil haben, und begraben ihre ganze Zukunft. Ich wollte sie mit in meine Wohnung nehmen und … ich weiß nicht… sie retten, glaube ich. Stattdessen musste ich jedes Wort aufschreiben, das sie gesagt haben, ihnen Fragen stellen und mich dann von ihnen verabschieden, weil wir heute die nächsten Teenager interviewen, mit wieder anderen Geschichten und Tragödien.”
    „Aber Sie können nicht die ganze Welt verbessern, und vor unangenehmen Tatsachen davonzulaufen bedeutet nicht, dass es sie nicht länger gibt. Sie entziehen sich

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