Ein Abenteuer zuviel
entgegnete sie eigensinnig. „Ich bin nur realistisch und weiß, dass ich einer solchen Aufgabe auf Grund meiner Erziehung nicht gerecht werden kann.”
„Was haben Sie mit Ihrem Leben vor? Ist Ihnen je der Gedanke gekommen, dass die interessantesten Herausforderungen oft auch die gefährlichsten sind?”
Franco war sich im Klaren, dass er mit viel Fingerspitzengefühl vorgehen musste, um sie zur Mitarbeit bei dem Projekt zu bewegen. Er war wirklich davon überzeugt, dass sie dafür die Richtige war, aber die Versuchung, dann eng mit ihr zusammenarbeiten zu können, war auch groß. Doch er durfte Ruth nicht zu sehr bedrängen. Sonst würde sie sich stur stellen und sich rundheraus weigern, seine Assistentin zu werden.
„Ich werde Sie nicht bitten, etwas Gefährliches zu tun, Ruth”, fuhr er sanfter fort und musste sich sehr beherrschen, um sie nicht unter Druck zu setzen, damit sie seinem Wunsch entsprach. „Wir werden es mit jungen Mädchen zu tun haben, denen wir sehr persönliche Fragen stellen müssen. Und diese Teenager werden sich Ihnen gegenüber weit schneller öffnen, als sie es je bei einem forsch auftretenden Menschen machen würden. Mit Ihrem freundlichen, ruhigen Wesen können Sie eine Vertrauensbasis schaffen, so dass die Mädchen sich Ihnen etwas offenbaren. Und wer weiß, vielleicht gelingt es Ihnen sogar, das eine oder andere Mädchen dazu zu bringen, den eingeschlagenen Weg noch einmal zu überdenken.”
Ruth errötete. Sie war einfach machtlos dagegen. Wenngleich ihr bewusst war, dass er ihre Sanftmut mit meisterlichem Geschick ausnutzte, war ihr auch klar, dass sie nicht vor allem davonlaufen konnte, das nicht ganz alltäglich oder ungefährlich war.
Franco las die Unentschlossenheit in ihrem Blick und fuhr in dem Gefühl, dass er schon fast gewonnen hatte, ruhig fort: „Die Hauptarbeit fällt abends an. Deshalb habe ich Sie auch gefragt, ob Sie einen Partner haben. Ich möchte mir nicht vorwerfen lassen müssen, dass ich Sie Ihrem Freund entziehe. Sie können, wie gewohnt, einige Tage in der Woche hier in der Redaktion sein. Aber wenn sich Ihr Körper auf die neue Arbeitszeit umstellt, ist es möglich, dass Sie tagsüber lieber schlafen möchten. Und die Recherchen werden ja auch nicht ewig dauern. Ich schätze, maximal zwei Wochen. Dann dürften wir uns ein Bild davon gemacht haben, was den jungen Mädchen da draußen widerfährt und die Regierung dagegen unternimmt.”
„Warum wollen Sie selbst aktiv werden?” fragte Ruth, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen. „Jeder Ihrer Redakteure ist absolut fähig, sich der Sache anzunehmen.”
„Ich gehe gern mit gutem Beispiel voran.” Franco lächelte spöttisch. „Und außerdem haben Sie möglicherweise Recht mit Ihrer Feststellung, dass ich mich etwas langweile.” Er zuckte die Schultern und versuchte, zerknirscht auszusehen. „Ich habe alles, was ich brauche oder je wollen könnte. Wissen Sie, ich habe selbst einmal als Reporter angefangen.”
Franco verschränkte die Hände hinter dem Kopf, lehnte sich etwas zurück und blickte zur Decke. „Erst habe ich bei einem Lokalblatt gearbeitet und Skandale aufgedeckt. Danach war ich Wirtschaftsredakteur
bei einer größeren Zeitung. Es hat viel Spaß gemacht und sich als sehr nützlich erwiesen, als ich mich dann selbstständig gemacht und mein Glück auf den Geldmärkten versucht habe. Ich war recht erfolgreich, und nun - wer weiß - möchte ich vielleicht zu meinen Wurzeln zurückkehren. Oder ich suche einfach nur ein wenig …” Er blickte ihr in die Augen. „…Aufregung.”
Ruth fragte sich staunend, wie er einem einzigen Wort so viel Bedeutung verleihen konnte. „Haben Sie Alison erzählt, was Sie vorhaben … mit mir, meine ich? Ich möchte niemanden verärgern …”
„Ja, selbstverständlich.” Franco legte die Hände auf den Schreibtisch und setzte eine geschäftsmäßige Miene auf. „Sie findet meine Idee großartig und wird die Redakteure ermutigen, sich ähnlich strittiger Themen anzunehmen, so dass die Ausgabe Ende nächsten Monats in gewisser Weise ein einheitliches Ganzes wird. Und wenn wir unsere Zusammenarbeit beendet haben, bekommen Sie eine verantwortlichere Position, in der Sie vielleicht auch gelegentlich einen der Redakteure unterstützen.”
„Oh!” stieß sie atemlos hervor. Die in Aussicht gestellte Beförderung flößte ihr etwas Scheu ein.
„Natürlich wirkt sich diese Veränderung auch auf Ihr Gehalt aus”, sagte er, während er ein Blatt
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