Ein Abenteuer zuviel
Blick über die gesenkten Köpfe oder den Bildschirmen zugewandten Gesichter ihrer Kollegen schweifen ließ.
„Würden Sie mich bitte ansehen, wenn ich mit Ihnen rede”, sagte Franco spitz, und Ruth zuckte zusammen und wandte sich ihm augenblicklich wieder zu.
„Selbstverständlich!” Fast hätte sie salutiert und musste dann ein Lachen unterdrücken, als sie sich vorstellte, was er daraufhin wohl für ein Gesicht gemacht hätte.
„Erinnern Sie sich noch an unsere kleine Unterhaltung am Freitag?”
„An welchen Teil?” erkundigte sie sich vorsichtig und blickte unwillkürlich wieder woandershin, während sie versuchte, sich ihr Gespräch ins Gedächtnis zu rufen.
„Könnte ich Ihre Aufmerksamkeit haben?” fragte er grimmig, und sie lächelte ihn nervös an.
War er sich bewusst, dass er sehr laut sprach und alle aufmerksam lauschten? Alle Kollegen warteten nur darauf, dass er ging, um sie dann mit tausend Fragen zu bestürmen. Ruth wurde es angst und bange.
Sie konnte ihn unmöglich bitten, leiser zu sprechen. Aber wenn sie die Stimme senkte, würde er sich zu ihr herunterbeugen müssen, um zu verstehen, was sie sagte.
„Ich bin ganz aufmerksam”, flüsterte sie und kam sich wie eine zwielichtige Gestalt in einem drittklassigen Film vor.
„Ich habe mit Alison über meinen Vorschlag gesprochen …”
„Welchen Vorschlag?”
„Können Sie sich denn nicht einmal einen Moment auf etwas konzentrieren?”
Finster betrachtete er Ruth. Was hatte sie nur für einen perfekten, natürlichen Teint! So etwas hatte er noch bei keiner Frau gesehen. Entsetzt merkte er, dass seine Gedanken erneut abschweiften, und blickte Ruth, die sich nervös auf die Lippe biss, nur noch ärgerlicher an. Und auch die Tatsache, dass sie ihm zwar genau zuhörte, ihn allerdings nicht beachtete, schürte seinen Unmut.
Wer war der Jüngling, der mit ihren Haaren gespielt hatte? Hatten die beiden etwas miteinander?
Franco rief sich zur Vernunft und rang sich ein steifes, gekünsteltes Lächeln ab, das Ruth jedoch noch mehr zu beunruhigen schien als seine finstere Miene von eben. „Vielleicht setzen wir unsere Unterhaltung in Alisons Büro fort. Da sind wir ungestört.”
„Ja.” Sie seufzte erleichtert auf.
„Nach Ihnen”, sagte er höflich und machte einen Schritt zur Seite.
Was will er von mir, warum will er allein mit mir reden? fragte sie sich ängstlich, während sie auf Alisons Büro zuging. Deutlich spürte sie seinen Blick im Rücken und wusste, dass Franco sie genau beobachtete.
„Könnte ich Ruth einen Moment unter vier Augen sprechen?” wandte er sich an seine Chefredakteurin, sobald sie das Zimmer betreten hatten, und sie verließ eilig den Raum. Entweder war sie froh, nicht in Francos Nähe bleiben zu müssen, oder fieberhaft darauf bedacht, jeden seiner Wünsche zu erfüllen.
„Nehmen Sie Platz.” Er deutete auf den schwarzen Stuhl, der vor dem Schreibtisch stand.
Ruth setzte sich und beobachtete, wie er zum Fenster ging und einen Moment hinaussah. Dann drehte er sich um, lehnte sich gegen die Fensterbank und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Ich erzähle Ihnen nichts, was Ihre Kollegen nicht auch bald erfahren werden. Im Wesentlichen hat sich meine Unterhaltung mit Alison um das gedreht, was wir am Freitag kurz besprochen haben. Das Magazin lässt sich auf dem Markt nicht eindeutig zuordnen, wie Sie selbst richtig festgestellt haben. Wir müssen das Konzept ändern.”
Das unerwartete Kompliment tat ihr gut und half ihr, sich etwas zu entspannen.
„Wir haben drei begabte Redakteure mit einem ansprechenden Schreibstil. Aber die Themenbereiche sind zu verschieden. Sport, Mode, Naturkatastrophen. Können Sie mir folgen?”
„Natürlich kann ich Ihnen folgen. Ich bin doch keine Vollidiotin.” Seine herablassende Art machte Ruth plötzlich ärgerlich. Auch hatte er ihr noch immer nicht erklärt, warum er allein mit ihr reden wollte.
Beabsichtigte er, ihr zu kündigen? Eigentlich konnte sie sich das nicht vorstellen. Sie hatte nichts mit der Leitung von Issues zu tun, war nur das Mädchen für alles, und den Job machte sie gut und mit viel Begeisterung.
Ihr fiel nur ein Grund ein, warum er dieses Gespräch unter vier Augen herbeigeführt hatte: um alles, was sie impulsiv sagte, in der Luft zerreißen zu können. Ihre gutmütige Art war vielleicht eine zu große Herausforderung für ihn, so dass er der Versuchung einfach nicht widerstehen konnte, auf ihr, Ruth, herumzutrampeln.
Nein,
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