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Ein abenteuerliches Herz

Ein abenteuerliches Herz

Titel: Ein abenteuerliches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Ludwig Arnold
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sogleich und ungelesen zu Dr. des Coudres als Belege dafür, daß ich mit diesen Leuten ein für alle Male nichts zu tun habe. Das war bereits im Dritten Reich so. Damals lebten diese Herren davon, daß es die Weimarer Republik, und heute leben sie davon, daß es ein Drittes Reich gegeben hat. Pillendreher, die sich in alten Kothaufen wohlfühlen. Semper idem, und die Impotenz wuchs inzwischen noch.«
    Er konnte da sehr deutlich werden. Im Herbst 1962 war in der DDR ein Buch von Helmut Kaiser über Jünger und Benn erschienen, das an beiden kein gutes Haar ließ – dazu schrieb er mir am 17. Dezember 1962: »Pamphlete aus dem Osten bin ich seit Zeiten des seligen [Johannes R.] Becher gewöhnt, der in keiner Nummer des ›Aufbau‹ versäumt hat, mir etwas am Zeuge zu flicken. Herr [Wolfgang] Weyrauch war da unter anderem junger Mann. Dr. des Coudres wird das Material haben. Da Becher sah, daß mir eher ein Gefallen damit getan wurde, ordnete er dann an, daß mein Name überhaupt nicht mehr erwähnt wurde. Das hatte vor ihm bereits der selige Goebbels getan. Daß meine Bücher in der Ostzone auf dem Index stehen, während sich die westlichen Buchhändler beeilen, von drüben gegen mich gerichtete Pamphlete zu bestellen, beleuchtet die ganze erbärmliche Gesellschaft hüben und drüben. Ich mach da gar keinen Unterschied. Ob die Leute sich hier oder dort auslassen – es bleiben dieselben, und ebenso wird meine Prosa weder besser noch schlechter durch ihre Auslassungen. All diese Leute belebt die Sehnsucht nach dem Kommißstiefel. Sie wollen ihn aber nicht anziehen, sondern im Genick spüren. Dann vereinen sie sich zu Lobeshymnen, als ob sie im Paradies wären.«
    Seine in Deutschland verbreitete Ablehnung konfrontierte er immer wieder mit der Hochachtung, die man ihm in Frankreich entgegenbrachte – so schrieb er, nachdem die »Strahlungen« 1964 in Frankreich ein großer Erfolg waren, am 16. Februar 1965: »Überhaupt sind uns die Franzosen darin überlegen, daß sie die musische Wertung ins Zentrum stellen, während bei uns die politische überwiegt. Da wird auch der Gegner geachtet, selbst wenn er sich, wie im Falle Cocteaus und Montherlants, höchst unklug in politicis verhalten hat.«
    Es ging aber nicht nur um eine politische Position, sondern um die distanzierte Haltung, die Jünger in seinen Tagebüchern gegenüber den Verhältnissen, die er da beschrieb, geradezu demonstrierte, und in dieser distanzierten Kälte meinten viele Hochmut, auch einen Dandyismus zu erkennen, der gerade für einen Besatzungsoffizier in Paris unangemessen sei. Zu den am meisten kritisierten Notaten der »Strahlungen« gehört jenes vom 27. Mai 1944: »Alarme, Überfliegungen. Vom Dache des ›Raphael‹ sah ich zweimal in Richtung von Saint Germain gewaltige Sprengwolken aufsteigen, während Geschwader in großer Höhe davonflogen. Ihr Angriffsziel waren die Flußbrücken. Art und Aufeinanderfolge der gegen den Nachschub gerichteten Maßnahmen deuten auf einen feinen Kopf. Beim zweiten Mal, bei Sonnenuntergang, hielt ich ein Glas Burgunder, in dem Erdbeeren schwammen, in der Hand. Die Stadt mit ihren roten Türmen und Kuppeln lag in gewaltiger Schönheit, gleich einem Kelche, der zu tödlicher Befruchtung überflogen wird. Alles war Schauspiel, war reine, von Schmerz bejahte und erhöhte Macht.« Ich sprach Jünger darauf an, und er sagte dazu: »Ich bin da als reiner Zuschauer gewesen, tat es aber auch auf mein eigenes Risiko hin. So auch ›In Stahlgewittern‹ – sonst hätte ich die Situationen nie so schildern können, wie ich das getan habe. Ich sehe dann noch einmal mit einem dritten Auge auf die Geschichte runter. (…) Wozu soll ich mich immer in eine moralische Position begeben, wenn ich etwas sehe? Ich sehe das nicht ein. (…) Ja, soll ich etwas auslassen? Ich müßte ja auch etwas schreiben, wenn ich etwas tue, das unrühmlich ist für mich. Selbst wenn ich ein Verbrechen begehe. Sonst ist der Wert des Tagebuchs doch sehr anfechtbar. Ich habe doch auch ›In Stahlgewittern‹ geschrieben, daß ich auf Leute geschossen habe und daß sie gefallen sind – das könnte ich ja auch aussparen. Dann wäre ich ein feiner Mann. Ich finde doch auch, daß es den Grad der Wahrscheinlichkeit erhöht. So etwas erfindet man nicht.«
    Während die meisten jüngeren Schriftsteller Jünger damals gerade wegen dieser Haltung ablehnten, wollten ihn ältere Schriftsteller gern für sich in Anspruch nehmen, gerade auch im Zusammenhang mit

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