Ein Abenteurer und Gentleman (Historical My Lady) (German Edition)
beinahe vor Erleichterung aufgeschrien. Was immer er zu sagen hatte – es nicht zu erfahren, war ungleich schlimmer. „Bitte glaub nicht, dass ich mich mit dem, was ich dir nun erzähle, irgendwie rechtfertigen will. Es ist nicht zu rechtfertigen.“
„Willst du meine Hand halten, während du sprichst?“, fragte sie leise und legte ihre Hand unter der Decke in die seine. Als er sie drückte, weinte sie stumme Tränen.
Und dann begann er.
In seiner Jugend war er wild gewesen. Gesegnet mit einem altehrwürdigen Titel, reich, gut aussehend und so begabt, dass ihm fast alles, was er begann, leicht von der Hand ging. Zu leicht?
Die Schule absolvierte er mit Auszeichnung, schloss mühelos Freundschaften, und als er schließlich nach London kam, eroberte er die Stadt im Flug. Sowohl beim Spiel als auch bei den Frauen war das Glück ihm hold. Er war ein Liebling der Götter und kostete das aus … bis schließlich all diese Freuden schal wurden.
Also heiratete er, eine junge Frau, die im ton fast genauso angesehen war wie er, eine Schönheit, die sich glänzend an seiner Seite machte. Gemeinsam genossen sie ihr Eheleben, Abendgesellschaften, Bälle und ähnliche Vergnügungen und gingen ansonsten ihrer eigenen Wege.
Doch sie war indiskret, nicht nur einmal, was endlich zu jenem fatalen Duell führte, das Robbie Fabers Leben beendete und Justins für immer veränderte.
Er floh erst nach Brüssel, dann weiter nach Wien und tauchte dann unter, suchte seine Verzweiflung in Alkohol zu ertränken. Bis er Monate später einen Brief seiner Mutter erhielt. Es gebe, schrieb sie, einen Weg zur Rückkehr nach England, der nicht leicht sei, doch er habe die Fähigkeit dazu, und wenn er der Krone in diesen schweren Zeiten wertvolle Dienste erbringe, könne er letztendlich auf eine königliche Begnadigung zählen.
Er hatte sich gesträubt, erklärt, dass er lieber als der niedrigste Soldat in den Krieg ziehen wolle, am Ende musste er jedoch nachgeben, da ihm jede andere Möglichkeit verschlossen blieb.
Die Franzosen hießen den verbannten Engländer mit dem glänzenden Geist und der offenen Tasche freudig willkommen. Er spielte hoch und zechte mit den Herren. Wie Wasser floss sein Geld in ihre Taschen, und sie liebten ihn dafür.
Und in der kalten grauen Dämmerung lauerte er dann, eine Büchse im Anschlag, auf einer Hügelkuppe und setzte eine Kugel präzise zwischen die Augen eines hohen französischen Titelträgers.
Ein Schuss, der eine Schlacht verhinderte, in der sonst viele Unschuldige umgekommen wären. Es war nicht ehrenhaft, und die Krone würde jede Verantwortung von sich weisen, doch es war effektiv.
Brutus gesellte sich zu ihm, dann Wigglesworth, und er war ständig unterwegs, spielte seine Rolle als leutseliger Lebemann.
Der Krieg zog sich hin.
Er wurde rücksichtsloser, waghalsiger, gleichgültiger, bis er merkte, wie gefühllos er geworden war, gegen andere und sich selbst.
Dann kam er in die kleine böhmische Stadt Wittingau.
Alina kannte sie, hatte sie einst mit ihrem Vater besucht. Als er davon erzählte, drückte er ihre Finger so hart, dass er ihr wehtat, doch sie achtete nicht darauf, denn sie wollte ihn nicht unterbrechen, stand er doch kurz davor, ihr zu erzählen, warum er sich für ewig verdammt hielt.
Er hatte den Auftrag, einen Verräter zu eliminieren, einen Kaufmann, der mit den Franzosen kollaborierte. Mehr über den Mann wollte Justin nicht wissen. Es war ein Auftrag wie viele zuvor, eine weitere Stufe auf dem Weg zurück nach England.
Ein paar Tage verbrachte er in dem Städtchen, legte gefälschte Einführungsschreiben vor und warf mit Geld um sich. So kam es, dass er auch ins Haus des reichen Kaufmanns eingeladen wurde, der ihn sogar seinem Sohn vorstellte, dem vierzehnjährigen Erich. Er verbrachte mit dem Jungen einen heiteren Nachmittag, und er lehrte ihn schießen.
Justin wusste, dass er schon zu lange verweilte, zu vertraut mit der Familie geworden war. Doch in Erichs Augen sah er etwas, das ihm selbst schon lange abhanden gekommen war.
Er brach den Besuch ab, kehrte aber in derselben Nacht noch zu dem Haus zurück, um seinen Auftrag abzuschießen. Der Kaufmann musste sterben. Sein Verrat kostete zu viele unschuldige Leben. Er musste aufgehalten werden, und diese Aufgabe oblag Justin.
Als er nun eine ganze Zeit lang schwieg, fürchtet Alina schon, er wolle nicht mehr weitersprechen. Tief drinnen wusste sie, dass das Entsetzlichste erst kommen würde. „Justin? Sag, was
Weitere Kostenlose Bücher