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Ein Akt der Gewalt

Ein Akt der Gewalt

Titel: Ein Akt der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ryan David Jahn
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auf bloßen Füßen, blind, und torkelte schließlich, mit den Armen um sich tastend, los, taumelte hierhin, zu heiß, Feuer, dorthin, da lauert auch das Feuer, also dort entlang, hinter den Ratten her, die laut quiekend ins Freie flüchteten.
    Er schaffte es tatsächlich hinaus. Nur sein rechtes Bein trug schlimme Brandwunden davon. Aber er verlor das gesamte Geld, das er in den vergangenen Monaten angespart hatte, verlor alles bis auf das, was er am Leib trug. Und er musste die Stadt verlassen. Wenn nicht, würden sie ihn am nächsten Baum aufknüpfen.
    Doch er blieb noch zwei Tage nach dem Scheunenbrand in der Gegend und schlief nachts im Wald. Tagsüber legte er sich auf die Lauer, und als sich ihm die Chance bot, allein mit Erin zu sprechen, bat er sie, mit ihm zu kommen, mit ihm die Stadt zu verlassen, damit sie zusammen sein konnten.
    Noch am selben Abend waren sie unterwegs Richtung Norden. Per Anhalter.

    Sie stellten bald fest, dass sie Erin als Köder benutzen mussten, und sobald ein Wagen oder Laster anhielt, kam Frank aus dem Versteck hervor. Der eine oder andere Fahrer sagte dann, einen Nigger nehme er nicht mit und erst recht nicht so ein Niggerliebchen, und fuhr davon. Trotzdem kamen sie so ein ziemliches Stück vorwärts. Aber wenn sie beide sich gemeinsam an die Straße stellten, hielt absolut niemand.
    Und jetzt, einundzwanzig Jahre später, stecken sie wieder in Schwierigkeiten – in großen Schwierigkeiten.
    »Bist du sicher«, fragt Frank, »dass es ein Mensch war, den du angefahren hast?«
    Erin nickt in seine Richtung, Panik im Blick.
    »Woher weißt du das?«
    »Ich konnte doch …« Sie hält inne, schließt die Augen, als wolle sie das Geschehen noch einmal vor sich ablaufen lassen, öffnet sie wieder und sieht Frank an. »Ich konnte doch den Kinderwagen im Rückspiegel sehen.«
    »Du hast ein Baby überfahren?«
    Erin nickt und weint.
    »Ach, du Scheiße«, sagt Frank.
    Woraufhin Erin noch hemmungsloser weint.
    »Beruhige dich«, beschwichtigt Frank. Und dann: »Scheiße, Scheiße, Scheiße! «
    Er geht ans Fenster. Auf der anderen Hofseite sieht er einen nackten Mann eine ebenfalls nackte Frau bumsen. Die Frau blickt aus dem Fenster, scheint ihn sogar anzusehen. Ihre weißen Augen sind ausdruckslos.
    Er dreht sich um. Geht auf und ab. Wendet sich zu Erin.
    »Hat dich jemand gesehen?«
    Erin sieht zu ihm auf, wischt sich die Augen, verschmiert dabei ihre Wimperntusche und schafft es, ein bisschen auszusehen wie ein Waschbär. Sie atmet tief ein und aus, um sich zu beruhigen. Ihre Brust hebt und senkt sich.

    Schließlich sagt sie: »Ich weiß nicht.«
    Natürlich hat jemand sie gesehen, sagt sich Frank. »Das Baby hat sich doch wohl kaum selbst auf die Straße geschoben, oder?«
    Er sieht Erin an, aber sie reagiert nicht.
    »Du hast nichts anderes gesehen als den Kinderwagen?«
    »Nein«, sagt Erin. »Ich hatte solche Angst. Ich bin … ich bin einfach weitergefahren. Tut mir leid. Ich hatte solche Angst.«
    »Also bist du gar nicht sicher, dass du ein Baby totgefahren hast?«
    »Nein, aber …«
    »Ist am Kühlergrill Blut oder sonst irgendwas zu sehen?«
    »Ich weiß doch nicht. Ich hab nicht nachgesehen. Frank, glaubst du, ich habe es totgefahren?«
    »Ich weiß nicht, Liebes«, sagt Frank, geht zum Fenster, blickt hinaus und wendet sich dann wieder seiner Frau zu. Er ist wütend auf sie, aber hat auch gleichzeitig um sie Angst. »Ich werde es aber rauskriegen.«
    Er geht zum Sofa und streift sein schmutziges T-Shirt von der Lehne. Es ist voller Wagenschmiere und unter den Achseln gelb von Schweiß. Mit einem Schwung kehrt er das Innere nach außen und schlüpft hinein.
    »Wenn nun jemand das Auto erkannt hat und denkt, dass du es gewesen bist?«
    »Dann soll er es meinetwegen denken«, sagt Frank. »Manchmal müssen Menschen für die Fehler anderer bezahlen. Du bist meine Ehefrau. Ich werde für deinen Fehler bezahlen, wenn es sein muss.«
    Frank schnappt sich die Schlüssel vom Haken neben dem Eingang und zieht die Tür auf.
    »Ich bin bald zurück.«
    »Wann?«

    »Ich weiß nicht«, sagt er. »Wenn niemand dort ist, und das Baby ist tot, oder wenn niemand dort ist, und der Kinderwagen ist auch weg, dann bin ich schon bald zurück. Dann kann ich ja nichts tun, oder? Wenn aber doch jemand da ist und den Wagen erkennt, dann bleibe ich vielleicht ein paar Jahre weg. Also kann ich dir nicht sagen, wann ich wiederkomme. Ich weiß aber eins. In diesem Augenblick könnte ein verletztes

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