Ein Akt der Gewalt
Stirn.
Er legt sich bereits seine Version zurecht, warum er den Kerl hat niederknüppeln müssen. Er hat den Scheißer sozusagen auf frischer Tat erwischt. Der hat Widerstand geleistet, und Alan musste ihn mit Gewalt im Zaum halten. Mit erheblicher Gewalt. Das ist alles. Aber das ist auch eine Menge. Wer glaubt schon einem Zivilisten eher als einem Cop? Niemand. Nicht mal Zivilisten glauben Zivilisten mehr als Cops; man stelle die Aussage eines Cops der eines Zivilisten entgegen, der behauptet, es nicht getan zu haben – Euer Ehren, ich schwöre -, und man kann sicher sein, Recht zu bekommen. Und zwar jedes verdammte Mal. Besonders wenn der Kerl ein Farbiger ist.
Alan schiebt den Schlagstock wieder hinter den Gürtel, beugt sich hinunter und wälzt den Mann auf die Seite. Verflucht schwerer Dreckskerl. Alan kann von Glück sagen, dass er sich nicht gewehrt hat. Durchaus möglich, dass er den Kürzeren gezogen hätte. Nachdem er den Bewusstlosen ganz auf den Rücken gedreht hat, muss er den Fernseher wieder aus dem Kofferraum holen. Er hat es verdammt satt, das Ding hin und her zu schleppen, und ist froh, dass es damit bald ein Ende hat. Wer auch immer den Fernseher
erfunden hat, hätte ihn nicht so schwer machen dürfen. Himmel nochmal. Er stellt das Ding dem Kerl auf die Brust und hält es mit einer Hand im Gleichgewicht. Mit der anderen Hand packt er den rechten Arm des Ohnmächtigen und presst dessen Fingerspitzen eine nach der anderen auf die Oberfläche des Apparats. Nachdem er für die Fingerabdrücke der einen Hand gesorgt hat, lässt er den Arm los, hebt den anderen hoch und drückt die Finger auf die andere Seite. Gründlichkeit zahlt sich aus.
Nachdem die Fingerabdrücke hinterlassen sind, hebt Alan den Fernseher wieder in den Kofferraum.
Dann holt er das Montiereisen hervor. Als er es aus dem Kofferraum nimmt, wird ihm klar, dass er sich selbst damit verletzen muss. Einmal am Arm und einmal am Hals. Für alle Fälle.
Dann das Eisen neben den bewusstlosen farbigen Dreckskerl fallen lassen und Unterstützung rufen. Also, der Typ schnappte sich das Montiereisen, schlug zu, traf mich, ich musste mich zur Wehr setzen und hab ihn zu Boden geschickt. Beinahe wäre er davongekommen, aber ich hab ihn zu Boden geschickt.
Alan nickt. So wird es hinhauen, davon ist er überzeugt.
Könnte sein, dass er sogar einen Verdienstorden bekommt.
Er packt das kalte Metall mit der behandschuhten Rechten. In der morgendlichen Dunkelheit steht er am Straßenrand und betrachtet das klebrige Blut, das auf dem Eisen trocknet. Er atmet tief aus und ein.
»Okay.«
Mit der Faust, die das Eisen umklammert, holt er aus und zielt auf den Hals, verfehlt aber die weiche Stelle, die er hatte treffen wollen. Stattdessen prallt das Eisen auf Kiefer und Ohr – mit einem unüberhörbaren Metall-auf-Knochen-
Krachen ! -, und von der Stelle breitet sich stechender Schmerz in schartigen Wellen aus.
Alan lässt das Montiereisen fallen.
»Gottverdammte Scheiße«, presst er zwischen zusammengebissenen Zähne heraus, als ihm das Blut aus dem Ohr tropft. Er trampelt auf den Asphalt. »Scheiße!« Er stampft vor Schmerz eine wütende Runde, kommt schließlich aber wieder zur Besinnung. Er berührt sein Ohr und betrachtet das Blut auf den Fingerspitzen. Im Ohr hört er nichts als ein hohes Sirren, als sei ein Insekt darin gefangen.
»Du kannst nur hoffen, dass es vorübergehend ist, du Arschloch«, sagt Alan und tritt Frank in die Rippen. Der stöhnt, ohne das Bewusstsein wiederzuerlangen.
Dann nimmt Alan das Eisen nochmal zur Hand und streckt seinen linken Arm aus.
»Okay«, sagt er. »Aber bloß nicht brechen.«
Er leckt sich die Lippen, fixiert die Stelle auf dem Arm, die er treffen will. Schluckt.
Warmes Blut tropft vom Ohrläppchen auf die Schulter.
»Okay«, sagt er nochmal.
Dann holt er aus.
30
Kat kann sich kaum auf den Beinen halten. Sie lehnt sich an die kalte Steinmauer vor ihrer Wohnung – versteckt im Schatten ihrer Veranda -, um überhaupt stehen zu können. Und sie steht tatsächlich. Sie steht hier, nur Zentimeter von der eigenen Haustür entfernt. Sie hat keine Ahnung, wie sie es geschafft hat, aber sie ist hier.
Der Mann, der sie überfallen hat, ist nicht weiter als ungefähr fünf Meter entfernt. Er steht da mit dem Küchenmesser in der Hand, halb im Schatten und halb im Lichtschein des Hofs. Er dreht sich im Kreis, um sie zu erspähen.
»Ich weiß, dass du irgendwo hier draußen bist«, sagt er. »Und ich
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