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Ein Akt der Gewalt

Ein Akt der Gewalt

Titel: Ein Akt der Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ryan David Jahn
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Person.«
    Frank und Mr. Reynolds lesen.

    Dann sieht Mr. Reynolds auf. »Das scheint mir nicht fair zu sein«, schmatzendes Saugen, »dass wir den gleichen Betrag bekommen«, schmatzendes Saugen, »wo ich doch«, schmatzendes Saugen, »in einem weitaus schlimmeren Zustand bin.«
    Busey schürzt die Lippen und pfeift zwischen den Zähnen, presst die Handflächen gegeneinander, berührt mit ihnen sein Kinn und löst sie wieder voneinander.
    »Okay«, sagt er schließlich. »Schlagen Sie fünfzig Prozent drauf.«
    Mr. Reynolds nickt.
    »Okay«, sagt er.
    Busey grinst.
    »Das hör ich gern. Vernünftiger Mann. Mr. Riva?«
    Frank lässt sich mit seiner Antwort viel Zeit. Er starrt nur auf das Stück Papier und die mit blauer Tinte daraufgekritzelte Zahl.
    »Was geschieht mit Officer Kees?«
    »Er bekommt einen Tadel und wird für zwei Wochen suspendiert.«
    »Mit Gehalt?«
    Busey nickt. »Höchstwahrscheinlich.«
    »Seine Bestrafung«, sagt Frank, »besteht also in bezahltem Urlaub. Dieses Arschloch hat versucht, einen Mann umzubringen, und wollte es mir anhängen, und Sie sagen, in zwei Wochen ist er wieder auf der Straße? In seiner blauen Uniform? Ihm sollte nicht erlaubt sein, andere ins Gefängnis zu bringen. Er gehört selbst in den Knast.«
    Zehn Minuten zuvor hatte Frank noch befürchtet, hinter Gitter zu kommen. Jetzt weiß er, dass es nicht geschehen wird, und er sollte eigentlich froh sein, dass er aus der Sache raus ist. Aber er ist es nicht. Er ist wütend. Er weiß schon lange, dass die Welt kaputt ist, aber manchmal ist er
verblüfft darüber, wie sehr sie zerbrochen ist. Selbst jetzt noch, zu diesem Zeitpunkt seines Lebens, da er bald fünfzig Jahre alt sein wird, stößt er noch auf Dinge, die ihm bewusstmachen, dass die Welt nicht nur zerbrochen, sondern nicht mal mehr zu retten ist. Keine noch so große Menge Klebstoff würde reichen, sie zu reparieren. Und doch muss man sich auf den kleinen Teil konzentrieren, den man selbst darin einnimmt, oder? Man muss sich auf die eigene kleine Ecke der Welt konzentrieren und so viele Risse kitten, wie man kann. Sonst besteht überhaupt keine Hoffnung mehr.
    Captain Busey sagt: »Ein Makel in der Personalakte eines Officers ist eine ernste Angelegenheit, Mr. Riva. Eine sehr ernste Angelegenheit.«
    »So ernst wie Mord?«
    Busey seufzt – ein der Verzweiflung naher Vater.
    »Ich verstehe ja Ihren Standpunkt«, sagt er, »und ich kann sogar nachvollziehen, wie schwer es für Sie ist, diese Vereinbarung zu unterschreiben, trotz der finanziellen Zuwendung. Aber«, sagt Busey, lehnt sich vor auf seine Ellbogen und funkelt mit den schon fast unheimlich hellgrauen Augen, die in den Winkeln blutunterlaufen und gelb sind, »Sie werden unterschreiben, Mr. Riva. Und das ist jetzt keine Bitte mehr.«
    »Und wenn ich es nicht tue?«
    Busey zuckt die Achseln.
    »Wir haben einen gestohlenen Fernsehapparat, auf dem überall Ihre Fingerabdrücke sind.« Er kratzt sich die Wange. »Und obwohl ich Mr. Reynolds nicht kenne, möchte ich wetten, dass es ein Leichtes wäre, von ihm eine Zeugenaussage gegen Sie zu bekommen. Mit Hilfe Ihres Geldanteils zum Beispiel. Und lassen Sie mich Ihnen eines sagen, Mr. Riva. Wir werden das Beweismittel sehr lange aufbewahren,
und Ihr Name wird draufstehen. Ich werde es immer greifbar haben, und Sie werden gefälligst Ihren Mund halten.«
    Frank spürt, dass sich seine Kiefer aufeinanderpressen.
    Er betrachtet die schriftliche Vereinbarung, die er in der Hand hält. Er sieht auf die Zahl in blauer Tinte auf Buseys Schreibtisch.
    Die Welt ist eben kaputt. So ist es nun mal. Man kittet die Risse, die man kitten kann, aber man stürzt sich auch nicht dort hinein, wo sie nicht zu kitten sind. Nicht, wenn man es vermeiden kann. Man hätte nichts davon, und wahrscheinlich würde auch sonst niemand etwas davon haben.
    Frank ergreift einen Stift, beugt sich zum Schreibtisch, unterschreibt die Vereinbarung und wirft sie Busey vor die Nase. Dann steht er auf.
    »Ich will Ihr Geld nicht.«
    »Umso besser«, sagt Busey.
    »Ich möchte jetzt nach Hause.«
    »Fahren Sie ihn nach Hause, Officer Kees. Die Suspendierung beginnt nach Ihrer Rückkehr.«
    »Ich würde es vorziehen, von jemand anders gefahren zu werden«, sagt Frank.
    »Fahren Sie ihn nach Hause, Officer Kees.«

37
    William fährt den Kombi bis vor die verbeulte und geschlossene Garagentür. Er macht den Motor aus.
    Er betrachtet sich im Rückspiegel. Eine Wange ist blutverschmiert. Sein Blick ist

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