Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein allzu schönes Mädchen

Titel: Ein allzu schönes Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Seghers
Vom Netzwerk:
Stelle untersuchen.
    Keine halbe Stunde später gab der Einsatzleiter der Feuerwehr dem Fahrer des Kranwagens die Anweisung, die Motorwinde in Gang
     zu setzen. Langsam straffte sich das Seil. Kurz darauf kam das Heckteil des grünen Fiat Spider an die Oberfläche. Aus den
     Radkästen ergoss sich das Wasser in den See. Zentimeter für Zentimeter näherte sich das Auto dem Ufer.
    Dann stockte der Vorgang. Einen Moment lang sah es so aus, als wolle die Stoßstange, an der der Haken befestigt war, abreißen.
     Aber dann ging es langsam weiter. Die Befestigung hielt.
    Zwei Feuerwehrleute in Gummihosen und riesigen Stulpenstiefeln stiegen ins Wasser und halfen mit ihrer Muskelkraft nach.
    Als das Fahrzeug endlich an Land war, versammelten sie sich um das Wrack. Marthaler gab Anweisung, den Wagen nicht unnötig
     zu berühren. Wenn überhaupt noch Spuren zu sichern waren, sollte die Arbeit von Schillings Leuten nicht erschwert werden.
    Die Scheiben waren eingeschlagen worden. Das Auto war also absichtlich in dem Weiher versenkt worden. Marthaler schaute in
     den Innenraum. Die Sitzpolster hatten sich mit Wasser voll gesogen. Überall klebte Schlick. Sonst konnte er nichts Auffälliges
     entdecken. Er zog Latexhandschuhe an und öffnete die Beifahrertür. Im Handschuhfach befand sich ein |224| Stapel durchnässter Papiere. Er packte die Unterlagen in eine Plastiktüte. Darum musste Sabato sich kümmern.
    «Robert, kannst du mal kommen.» Petersen stand am Heck des Wagens und rief nach ihm. Seine Stimme klang merkwürdig. So, als
     habe er etwas Beunruhigendes entdeckt. «Schau mal hier!»
    Marthaler ging um das Auto herum. Er sah sofort, was Petersen meinte. Die Kofferraumhaube des Spider war an mehreren Stellen
     durchlöchert. Es sah aus, als habe jemand mit einem großen Messer das Blech durchstochen.
    Marthaler äußerte die Vermutung, dass die Löcher angebracht worden waren, damit der Wagen schneller sinke.
    «Warum hat man dann nicht einfach die Haube geöffnet?», sagte einer der Feuerwehrleute.
    Der Mann hatte Recht. Etwas stimmte hier nicht.
    «Vielleicht sollte die Klappe nicht geöffnet werden», sagte Marthaler. «Wir müssen den Kofferraum aufbrechen», und er merkte,
     wie seine Unruhe aufs Neue wuchs.
    Der Fahrer des Kranwagens brachte ein Stemmeisen. Er bat die anderen, zur Seite zu gehen. Er setzte das Eisen zweimal an,
     dann sprang die Klappe auf.
    Der Mann wurde blass.
    Er ging einen Schritt zur Seite, ließ das Stemmeisen sinken und wandte sich ab.
    Marthaler sah es im selben Moment.
    Im Kofferraum lag zusammengekrümmt die nackte Leiche eines Mannes. Die Haut war fahl und aufgeschwemmt. Die Augen waren trüb.
     Der Körper wies mehrere Einstiche auf. Am Hals sah man eine lange Narbe.
    Marthaler drehte sich um und lief ein paar Meter in den Wald. Dann sank er auf einen Baumstumpf und vergrub das Gesicht in
     den Händen.

|225| Fünfundzwanzig
    Als Marthaler und Petersen das Besprechungszimmer betraten, hatten sich die anderen bereits versammelt.
    Marthaler setzte sich schweigend auf seinen Platz.
    Was er befürchtet hatte, war eingetreten. Sie hatten ein weiteres Mordopfer. Dass es sich dabei um jenen Jo handelte, von
     dem ihm Sandra Gessner noch gestern erzählt hatte, daran konnte kaum ein Zweifel bestehen. Und immer noch wurden zwei Personen
     vermisst, die sich ebenfalls in dem Auto befunden hatten. Allen war klar, dass keine Zeit zu verlieren war.
    Aber Marthaler fühlte sich wie gelähmt. Er wusste nicht, was er sagen, was er denken sollte. Alle schauten ihn an. Man erwartete
     von ihm, dass er Vorschläge machte, was jetzt zu tun war. Stattdessen saß er stumm auf seinem Stuhl.
    Das Bild der nackten Leiche ging ihm nicht aus dem Kopf. Wenn nicht alles täuschte, hatte der Mann schon einige Tage im Wasser
     des Kesselbruchweihers gelegen. Mit einiger Wahrscheinlichkeit waren die beiden Morde am selben Tag, vielleicht sogar zur
     selben Stunde, begangen worden. Aber was war nur dort draußen im Wald geschehen? Warum waren die beiden jungen Männer auf
     so bestialische Weise umgebracht worden?
    Wer hatte ein Motiv dafür? Und welches? Angenommen, es hatte eine Vergewaltigung stattgefunden. War das Opfer, war eine Frau
     in der Lage, sich so brachial gegen zwei Männer zur Wehr zu setzen? Wer hatte die nackte Leiche in den Kofferraum verfrachtet?
     Wer hatte den Wagen in dem Weiher versenkt? |226| Und welche Rolle spielte der dritte Mann? Hatte er womöglich der Frau geholfen? Nichts passte

Weitere Kostenlose Bücher