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Ein Alptraum für Dollar

Ein Alptraum für Dollar

Titel: Ein Alptraum für Dollar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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ist da. Der Knirps trippelt vergnügt die Mauer entlang! Der Familienrat schreckt vor nichts zurück, um den Querkopf weich zu kriegen! Die schlimmsten Augenblicke seines Abenteuers stehen Monsieur Dumesnil noch bevor — das ist ihm klar! Alle verfügbaren Kräfte wurden mobilisiert.
    Wie für eine nationale Wahlkampagne! Es dauert auch nicht lange, bis der Schwiegersohn, als bevollmächtigter Abgesandter der Familie, seine Argumente durch die Wand losläßt:
    »Vater, wir haben volles Verständnis, so etwas kann jedem von uns passieren. Die viele Arbeit... die Sorgen... Probleme... ja, da gehen einem manchmal die Nerven durch. Sie sollten zu einem Arzt gehen. Ich begleite Sie gern.«
    »Warum nicht gleich zu einem Psychiater?«
    »Vielleicht... Im Augenblick... sind Sie nicht... ganz normal. Sie sind verwirrt... irgendwie gestört...«
    »Allerdings kann man... Störungen bekommen, wenn man’s zwanzig Jahre lang mit sechs Nervensägen hat aushalten müssen!«
    »Monsieur Dumesnil! Ich verbiete Ihnen, meine Frau zu beleidigen! Sie sind wirklich verrückt!«
    Die Sache nimmt beträchtliche Ausmaße an. Die ganze Nachbarschaft versammelt sich langsam im Treppenhaus. Der Hausverwalter eilt herbei und informiert den Hausbesitzer. Der alarmiert wiederum die Polizei, und dank eines herumirrenden kleinen Lokalreporters auf der Suche nach überfahrenen Hunden und entlaufenen Katzen gelangt das »Familiendrama« in die Presse, und von der Zeitung natürlich auch zum Rundfunk.
    Ganz Frankreich verfolgt bei den stündlichen Nachrichten die spannende neue Familienserie! Ein Skandal! Madame Dumesnil faselt von Selbstmord, während die zwei anderen Töchter samt Ehemännern auf dem Weg nach Paris sind. Der dritte, dynamische Schwiegersohn handelt sofort und läßt einen Maurermeister kommen, um das Bauwerk abzureißen. Aber Monsieur Dumesnil stürzt sich zum Fenster, öffnet es und ruft um Hilfe! Eine Menge Leute stehen vor dem Haus!
    »Wer kann sofort meinen Maurer holen?«
    Der Maurer, der seit Stunden auch vor dem Haus steht, springt sofort hinauf zu der Wohnung und macht sich gleich an die Arbeit. Backsteine rein, Backsteine raus... eine groteske Angelegenheit für die zwei Arbeiter, noch dazu vor den Fernsehkameras.
    Auch die Rechtsanwälte mischen jetzt mit, und die Bevölkerung unten auf der Straße ergreift Partei und schreit vor dem belagerten Haus:
    »Halte durch, Raymond, die kriegst du schon!«
    »Keine Angst, Juliette, mit dem wirst du fertig!«
    Im Treppenhaus gibt es ein ständiges Auf und Ab von Schaulustigen, und die Polizei hat allerhand zu tun, die Meute aufzuhalten. Jeden Moment glaubt man, Monsieur Dumesnil gäbe sich geschlagen. Aber nein. Er bleibt hartnäckig. Er gibt nicht nach, seine Mauer auch nicht.
    Dann endlich kommt der Tag der großen Versammlung — der großen Konferenz, die auf Wunsch des Hausbesitzers einberufen wurde.
    Dort erscheint: der Hausverwalter, der Monsieur Dumesnil großzügig erlaubt hatte, einige kleine Veränderungen in der Wohnung vornehmen zu lassen, ohne Näheres nachzufragen. Seine Nachsichtigkeit kann ihn jetzt teuer zu stehen kommen!
    Auch der Architekt ist da und bestaunt das Bauwerk... sehr überrascht von der eigentlich ausgezeichneten Idee und Ausführung! Bei jedem Winkel, den er entdeckt, kann er sich ein bewunderndes Lächeln nicht verkneifen. Keine Frage, er steht auf der Seite des Ehemannes. Die Rechtsanwälte — wie üblich — sagen zuerst einmal gar nichts und machen sich Notizen.
    Die Familie ist komplett — sechs Frauen und vier Männer. Aber für Monsieur Dumesnil heißt es leider eins gegen neun. Die Schwiegersöhne sind noch viel zu jung, um jetzt schon Verständnis zu haben für den Freiheitstraum, der nicht wenige Männer um die fünfzig befällt.
    Nun ja. Die Omi und die Tante zeigen sich — dem Himmel sei Dank — von ihrer besten Seite. Sie sind so reizend mit allen, sie gackern und kichern in gewohnter Weise so laut und bösartig, daß sie bald jedem auf die Nerven gehen. Da beschließt der Hausbesitzer:
    »So kommen wir nicht weiter — es ist ja ein Irrenhaus! Monsieur Dumesnil, dürfen wir uns — das heißt nur die Betroffenen — in Ihrer Wohnung weiter unterhalten?«
    »Aber gerne!«
    Dieser kleine Einwurf wird zum entscheidendsten Moment in der ganzen Diskussion:
    »Verstehen Sie jetzt, warum ich diese Mauer errichten lassen mußte?!«
    Ja. Alle verstehen es. Und in aller Ruhe — im wahrsten Sinne des Wortes — wird die Wohnung neu

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