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Ein anderes Leben

Ein anderes Leben

Titel: Ein anderes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Enquist
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Publikums anhören muss. So geschieht es auch. Es wird teuer, der Platz wird aus einem Hang herausgebaggert, und Västra Hjoggböles glänzende Spieler müssen zu jedem Training drei Kilometer mit dem Rad fahren. Der Platz liegt also falsch, sowohl aus geistlicher wie aus gottloser Sicht, und die Komet-Mannschaft ist bald nicht mehr, was sie einmal war.
    Onkel Anselm, der über hundert Jahre alt wird und mit klarem Kopf, unveränderten Wertvorstellungen und im Glauben an seinen Erlöser stirbt, ist gezwungen zu schweigen und zu leiden. Die Bälle springen.
    Das Kind ist ein Teil dieses Dorfs. Er bewundert auf seine Art und Weise Onkel Anselm, der es wagt, sich zu widersetzen, und verhöhnt wird. Er sehnt sich auch nach der verzauberten Welt des Fußballs. Da das Dorf geteilt ist, weiß er nicht, in welchem Dorf er lebt. Das, was in ihm Dorf ist, kämpft mit dem, was in anderen Dorf ist.

Das Dorf befindet sich im Universum, dessen Fußboden schneebedeckt ist und dessen Decke die Sterne sind, die ihm Zeichen geben.
    Eines Tages beginnt im Norran plötzlich eine neue Zeichenserie. Sie heißt Blixt Gordon. Er holt wie gewöhnlich die Zeitung bei Sehlstedts ab, zu denen der Postsack gebracht wird. Weil er nicht warten kann, öffnet er die Zeitung schon dort, geht dann im funkelnd kalten Sternenlicht durch den Schnee, zurück ins grüne Haus. Dieser Blixt Gordon soll eine Raumfahrt unternehmen, das ist schon am allerersten Tag klar. Ergriffen bleibt er am Waldrand stehen und blickt zum sternklaren Himmel auf. Die Unendlichkeit des Himmels, die theologische Drohung, die ihm so viel Schrecken eingejagt hat, der eiskalte Griff der Ewigkeit um sein Herz, alles wird von dieser Weltraumrakete durchbrochen.
    Jemand geht das Wagnis ein, eine Reise zu unternehmen.
    Sein Name ist Blixt Gordon. Die Herrschenden dort oben sind beunruhigt, besonders Gott, oder auf jeden Fall der Erlöser Jesus Christus. Die Klänge aus dem Weltraum kommen nicht mehr nur von der Himmelsharfe. Dort oben jetzt auch Blixt Gordon, dem er von diesem Augenblick an täglich im Norran folgen wird. Es geschieht etwas, dort oben gibt es diesen neuen Helden, mit anderen Erklärungen.
    Er macht auf diese Weise Blixt Gordon zu einem Teil der Antwort auf die Frage, zusammen mit dem Vater, dem kleinen Toten und gewissermaßen auch mit Eeva-Lisa, und dem Jungen, der im See ertrank, und an dessen Tod er in keiner Weise schuldig oder für den er aufgrund seines geringen Alters nicht rechtlich belangbar ist, und mit dem verklingenden, aber nicht länger einsamen Lied der Telefondrähte.
    Bäume fallen jeden Winter, aber nur einmal als Vorzeichen. Er ist zuversichtlich. Es fängt so gut an.

Kapitel 2
DIE REISE DES KREUZFUCHSES
    Er versteht nie warum. Lag es in der Familie?
    Er zweifelt. Absolut nichts deutete darauf hin, dass gerade er von der Schreibsucht befallen werden sollte. In seiner Familie nichts. Kleinbauern und Holzfäller. Strebsame und rechtschaffene Menschen. Von Dichten keine Spur.
    Oder fast keine.
    Aber die Mutter?
    Die Notizbücher vom Seminar in Umeå sind gefüllt mit ehrgeizigen Texten, der längste handelt von einer finnlandschwedischen Krankenschwester, die in den finnischen Gefängnissen Gutes tat und Freundin der Gefangenen genannt wurde und deren Name Mathilda Wrede war. Dies ist ein Vorbild. In der Volksschule von Bureå war die Mutter, deren Name Maria war, die aber Maja genannt wurde, die Beste in der Klasse und beschloss mit zwölf Jahren, Lehrerin zu werden. Sie ging bei den Bauern herum und bekam kleine Darlehen. Als sie nach vier Jahren fertig war, hatte sie Schulden von neuntausendsechshundert schwedischen Kronen.
    An dem Tag im März, als ihr Mann gestorben war, nahm sie den Bus von der Krankenstation nach Hause, und der Fahrer, es war Marklin, fragte nach hinten in den Bus, ob sich nicht jemand der Frau erbarmen könne. Sie hatte während der ganzen Fahrt geflennt, nahm sich nun aber zusammen und stapfte allein in der Dunkelheit durch den tiefen Schnee zum Haus hinauf. Die Darlehen bezahlte sie pünktlich zurück. Aber sie hatte den Sohn, er war das Einzige.
    Mathilda Wrede hatte sich zusammengenommen und sich im Glauben an ihren Erlöser allen Entbehrungen und Schrekken zum Trotz durchs Leben gekämpft. Das war die Quintessenz des Aufsatzes.
    Kein einziger Rechtschreibfehler.
    Sein späteres Verhältnis zur Erinnerung an die Mutter ist jedoch eigentümlich. Er gestaltet sie um.
    Weil er, zu Recht, fürchtet, dass sie ihn geformt hat,

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