Ein Antrag nach Mitternacht
zu schmal, doch sie hatte volles dunkelbraunes Haar, und ihre großen braunen Augen säumten dichte, lange Wimpern. Viele Männer würden sie als Wohlgestalt bezeichnen, davon war Francesca überzeugt.
Sie sah Rochford von der Seite an und fragte sich, ob er zu diesen Männern zählte.
Höflich erkundigte sich Lady Althea nach Rochfords Großmutter und Francescas Eltern, dann sprach sie einige lobende Worte über Callies Hochzeit aus. Es war genau die Art von belanglosem Geplänkel, mit dem Francesca einen Großteil ihres Lebens verbracht hatte, nicht anders als Lady Althea und Rochford. Mithin standen sie einige Minuten beisammen und unterhielten sich eigentlich über so gut wie gar nichts.
Nachdem sie lange genug Lady Whittingtons Ball gelobt hatten – nach Altheas Meinung möglicherweise der beste, den sie je veranstaltet hatte – und nachdem sie auf den bedauernswerten nervlichen Zustand von Lady Altheas Mutter zu sprechen gekommen waren, wechselte das Thema zum neuesten Stück, das in der Drury Lane gegeben wurde, wobei sie feststellen mussten, dass keiner von ihnen es bislang gesehen hatte.
„Dann müssen wir das nachholen!“, rief Francesca, während sie Lady Althea eindringlich ansah.
Diese wirkte ein wenig überrascht, schließlich entgegnete sie etwas zögerlich: „Gewiss. Es klingt ja sehr unterhaltsam.“
Francesca strahlte sie an. „Und wir werden den Duke überreden, mit uns hinzugehen.“ Erwartungsvoll wandte sie sich zu Rochford um.
Auch er staunte über ihren Vorschlag, erklärte aber ruhig: „Selbstverständlich. Es wäre für mich eine Ehre, zwei so reizende Damen ins Theater zu begleiten.“
„Wunderbar.“ Francesca blickte erneut Althea an, die mit einem Mal mehr Interesse an der Einladung erkennen ließ, da sie nun wusste, dass der Duke auch anwesend sein würde. „Dann müssen wir uns nur noch auf einen Abend einigen. Sollen wir Dienstag sagen?“
Als die beiden zustimmten, lächelte Francesca sie an. Sie wusste, sie hatte die beiden mit ihrem Vorstoß völlig überrumpelt, und normalerweise ging sie dezenter vor. Warum sie jetzt so plump agiert hatte, war ihr selbst nicht klar, doch zumindest wirkte keiner der beiden verärgert oder machte einen argwöhnischen Eindruck.
Sie plauderte eine Zeit lang weiter, dann entschuldigte sie sich und ließ Rochford mit Althea allein. Auf dem Weg durch den Saal begrüßte sie andere Gäste und unterhielt sich mit dem einen oder anderen. Eigentlich hätte sie ein Triumphgefühl verspüren müssen, hatte sie doch ihren Plan endlich in Gang gesetzt.
Tatsächlich spürte sie aber, wie sich Kopfschmerzen in ihr ausbreiteten. Sie blieb stehen und schaute sich um. In einiger Entfernung entdeckte sie Irene, und auf der Tanzfläche bemerkte sie Sir Lucien. Sie hätte zu ihrer Freundin gehen oder auf Sir Lucien warten können, genauso gut hätte sie sich auch mit einer Vielzahl anderer Gäste unterhalten können. Es waren mehr als genug Männer anwesend, die sie gern um einen Tanz gebeten hätten.
Doch nach nichts von alldem stand ihr der Sinn. Ihre Schläfen begannen zu pochen, und sie fühlte sich gelangweilt und ungewöhnlich erschöpft. Eigentlich, so überlegte sie, wollte sie im Moment nichts lieber, als sich auf dem Weg nach Hause zu begeben.
Mit dem Vorwand, unter Kopfschmerzen zu leiden – was diesmal ausnahmsweise zutraf –, verabschiedete sie sich von ihrer Gastgeberin und begab sich nach draußen zu ihrer Kutsche. Das Gefährt war schon zehn Jahre alt und sah allmählich etwas schäbig aus, aber es war angenehm, in diesem gemütlichen Wagen zu sitzen, in dem sie weit weg war von der Musik und den Lichtern ebenso wie von der Geräuschkulisse der vielen Menschen, die alle gleichzeitig zu reden schienen.
Ihr Butler Fenton zeigte sich überrascht, dass sie so früh schon wieder zu Hause war. Aufmerksam kümmerte er sich sofort um sie. „Fühlen Sie sich nicht wohl, Mylady? Haben Sie sich erkältet?“
Seit über vierzehn Jahren war er ihr Butler, sie hatte ihn kurz nach ihrer Heirat mit Lord Haughston eingestellt. So wie alle ihre Bediensteten zeichnete auch ihn große Loyalität aus. Viele Male war sie nicht in der Lage gewesen, ihm ihren Lohn zu zahlen, aber Fenton hatte sich nie beklagt – und sie war sich sehr sicher, dass er jedem der ihm unterstellten Diener, der sich beschweren wollte, klar und deutlich die Meinung gesagt hatte.
Sie lächelte den Butler an. „Nein, es ist alles in Ordnung. Ich habe nur leichte
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