Ein Antrag nach Mitternacht
zu wirken, die gesellschaftlich ein wenig … nun, sagen wir: zurückgeblieben sind. Ich weiß, es gibt für Sie keinen Grund, uns zu helfen, da Sie uns gar nicht kennen. Aber ich hoffe, Sie werden erwägen, mir wenigstens den einen oder anderen Ratschlag zu geben. Man sagte mir, Sie seien in dieser Hinsicht äußerst entgegenkommend.“
„Natürlich werde ich Ihnen gern helfen“, erklärte Francesca. Ihr erster Eindruck von Sir Alan war durchweg gut, zudem konnte sie sich kaum eine solche Gelegenheit entgehen lassen, die sich ganz ohne ihr Zutun ergeben hatte. Eigentlich hätte sie längst damit beschäftigt sein müssen, die Reihen der nachgerückten, nunmehr heiratsfähigen Mädchen zu sichten, um festzustellen, welche davon von ihrem umfassenden Wissen profitieren konnten – und wer von ihnen bereit war, sich von seinem Geld zu trennen, um die entsprechenden Resultate zu erzielen.
„Ich weiß allerdings nicht so recht, was genau Sie bei Harriet eigentlich tun können“, fügte ihr Besucher etwas unschlüssig an.
„Ich auch noch nicht“, gestand Francesca ihm. „Es wäre zweifellos von Nutzen, wenn ich Ihre Tochter kennenlernen würde.“
„Ja, natürlich. Wenn es Ihnen genehm ist, dass wir Sie besuchen, würde ich sie gern beim nächsten Mal mitbringen.“
„Sehr gern. Wie wäre es, wenn Sie beide morgen Nachmittag vorbeikommen? Dann kann ich Lady Harriet näher in Augenschein nehmen und mir einen besseren Überblick davon verschaffen, wo das Problem liegt.“
„Hervorragend“, gab Sir Alan strahlend zurück. „Das ist sehr freundlich von Ihnen, Lady Haughston.“
„Vielleicht könnten Sie mir jetzt schon etwas mehr dazu sagen, was Ihrer Ansicht nach mit Lady Harriet in dieser Saison geschehen soll.“
Er sah sie verständnislos an. „Wie meinen Sie das?“
„Wissen Sie, ich habe im Lauf der Zeit festgestellt, dass Eltern oft sehr unterschiedliche Ansichten haben. Manche wünschen, dass ihre Tochter möglichst schnell heiratet, anderen geht es darum, für sie einen wohlhabenden Ehemann zu finden.“
„Ach so.“ Er überlegte kurz. „Ich habe da keinerlei Vorstellungen, Mylady. Wenn Harriet einen geeigneten Mann findet, den sie heiraten möchte, dann wäre das natürlich sehr schön. Aber sie ist noch jung, und bislang hat sie nicht den Wunsch geäußert, den Bund fürs Leben zu schließen. Vor allem geht es mir darum, dass sie eine angenehme Saison verbringt. Sie beklagt sich nie darüber, jedoch weiß ich, in den letzten Jahren hat sie mehr Verantwortung übernommen, als es ein Mädchen in ihrem Alter tun sollte. Sie hat ein Recht darauf, sich auch zu vergnügen. Deshalb sind wir für die Saison hergekommen. Doch um ehrlich zu sein … nun, ich glaube, sie langweilt sich auf diesen Bällen. Sie möchte tanzen und sich unterhalten. Meine Mutter hat sich um Harriet bemüht, aber sie ist mittlerweile doch sehr betagt, und es fällt ihr schwer, sich um das Mädchen zu kümmern. Außerdem habe ich meine Zweifel, ob die Bälle, auf die meine Mutter sie mitnimmt, für Harriet tatsächlich so unterhaltsam sind.“
Francesca nickte, da das Bild allmählich deutlicher wurde. „Ganz richtig.“
Sir Alan schien ein netter Mann zu sein, der für seine Tochter nur das Beste wollte, was eine erfrischende Abwechslung von den Erwartungen der meisten Eltern an ihren Nachwuchs darstellte. Den meisten ging es darum, dass die Tochter reich heiratete und dass ihr persönliches Glück erst an zweiter Stelle kam. Nur wenige waren so wie dieser Mann, dem es einfach nur darum ging, dass sein Kind sich vergnügte.
Allerdings bedeutete das nicht zwangsläufig, dass Sir Alan auch bereit war, Geld dafür auszugeben, um diese Ziele zu verwirklichen. Viel zu viele Eltern erwarteten von Francesca, Wunder zu bewirken, ohne dass sie ihrer Tochter neue Kleider kauften. Oder sie wollten von nicht mehr als einem Taschengeld eine passende Toilette erstehen.
„Aus Erfahrung weiß ich, dass diese Aufgabe oftmals eine Anpassung der Garderobe erforderlich macht, was die Ausgaben natürlich noch einmal steigen lässt“, begann sie vorsichtig, um seine Einstellung zu erkunden.
Er nickte verständnisvoll. „Aber natürlich, wenn Sie das für das Richtige halten. Ich würde die Angelegenheit ganz in Ihre Hände legen. Ich fürchte nur, dass meine Mutter nicht die geeignetste Person war, die eine ideale Auswahl von Kleidern für meine Tochter zusammenstellen konnte.“
„Und zweifellos werden Sie selbst auch einen Ball
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