Ein Antrag nach Mitternacht
würde das Wort üppig benutzen. Ich liebe es hier.“
„Ganz so wie meine Mutter.“ Er folgte ihr, während Francesca sich behutsam einen Weg zwischen den Blumen hindurch bahnte und mal hier, mal dort stehen blieb, um manche Pflanze genauer zu betrachten. „Mein Vater ließ die Mauern rings um diesen Garten bauen und all die Blumen nur für meine Mutter pflanzen. Es war sein Geschenk für sie zum zweiten Hochzeitstag. Ihr fehlten die Gärten in Marcastle, wenn sie für die Saison nach London kamen, darum ließ er hier all ihre Lieblingsblumen in die Erde setzen, damit sie sich hierher zurückziehen und sich einschließen konnte, wann immer sie das wollte.“
„Die Tür lässt sich abschließen? Mir ist gar kein Schloss aufgefallen.“
„Man kann sie nur von innen verschließen.“ Er deutete auf die Tür, die über einen metallenen Riegel verfügte, der ins Mauerwerk geschoben werden konnte. „Niemand konnte ihr hier zur Last fallen – kein Kind, kein Diener, keine Schwiegermutter. Nicht mal ihr Ehemann, wenn sie das nicht wollte. Sie kam her, um zu malen oder zu lesen … oder um für eine Weile nicht die Duchess sein zu müssen.“
„Und Sie haben alles so belassen.“ Sie sah den Duke an.
„Ja. Viele Jahre sind vergangen, seit sie das letzte Mal hier war. Nach Vaters Tod reiste sie nur noch ein paar Mal nach London, aber ich brachte es nicht fertig, hier irgendetwas zu verändern.“
„Das kann ich verstehen. Es ist wunderschön.“ Wieder schaute sie sich um. „Kommen Sie oft her?“
„Manchmal. Aber … das ist der Garten der Duchess.“
Als sie den Kopf hob, stellte sie fest, dass er sie anschaute. Ein Windhauch wehte ihr eine Haarsträhne ins Gesicht, die Rochford gleich wieder nach hinten strich.
Würde das dann der Garten von Mary Calderwood werden? fragte sie sich, wobei ihr ein Stich durchs Herz ging. Sie wollte, dass dies hier ihr Ort wurde, doch sie wusste, dass dieser besitzergreifende Wunsch viel weiter ging, denn in Wahrheit wollte sie, dass dieser Mann ihr Mann war.
Sie sehnte sich nach dem, was sie verloren hatte. Sie sehnte sich nach ihm, nach einem Leben, das sie niemals erfahren würde. Nach Kindern und Hoffnungen und ausgelassenem Lachen.
Aber sie wusste, solche Wünsche waren vergebens. Die Zeit, als sie all diese Dinge hätte haben können, als sie ein Leben voller Liebe hätte leben können, gehörte unwiderruflich der Vergangenheit an. Sosehr sie sich auch danach sehnte, nichts konnte diese Zeit zurückholen.
War sie tatsächlich so egoistisch? fragte sie sich. Wie konnte sie Rochford zum Vorwurf machen, dass er jetzt seine Chance aufs Glück bekam? Wenn Lady Mary die Frau war, die er zur Duchess machen wollte, dann sollte sie selbst alles unternehmen, um ihm zu diesem Glück zu verhelfen.
So wunderbar es sich auch anfühlen mochte, wenn er mit seinen Fingern über ihre Wange strich, war es doch albern von ihr, sich einem nostalgischen Bemühen hinzugeben, um die Romanze wiederaufleben zu lassen, die sie und Sinclair früher einmal verbunden hatte. Auch wenn er sie jetzt auf eine Weise ansah, die bei ihr den Wunsch weckte, in seine Arme zu sinken, auch wenn ihr Mund sich nach seinen Lippen sehnte, um das süße Feuer aufleben zu lassen, das sie bei seinem Kuss vor ein paar Tagen wieder verspürt hatte, wäre es töricht von ihr, diesem Wunsch Taten folgen zu lassen.
Vielleicht wollte Sinclair sie ja, oder zumindest wollte er die Erinnerung an sie. Und sie konnte es nicht leugnen, sie wollte ihn in diesem Moment ebenfalls. Wenn sie sich nach vorn beugte, wenn sie eine Hand auf seine Brust legte und ihm in die Augen sah, würde er sie ganz bestimmt küssen. In ihr schwelte in diesem Moment die Hoffnung, wenn sie sich küssten, dann würde sie erneut diese fremdartigen, wunderbaren Empfindungen spüren, die sie vor wenigen Abenden wahrgenommen hatte. Für ein paar Minuten würde sie sich von strahlendem Leben erfüllt fühlen.
Aber das würde nur von kurzer Dauer sein.
Was Sinclair brauchte, war eine Frau, die er heiraten konnte, die ihm Kinder schenkte und ihr Leben mit ihm teilte, die seine Leidenschaft erwiderte und sein Leben mit Liebe erfüllte. Er brauchte keine Frau, die tief in ihrem Inneren kalt und gefühllos war. Nach jahrelanger kinderloser Ehe mit Andrew wusste sie, sie konnte Sinclair weder die Leidenschaft noch die Kinder geben, die er verdiente.
Sie drehte sich von ihm weg und sagte leise: „Es ist schon spät. Ich sollte nach Hause
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