Ein Bär im Betstuhl
an schließend gab es Geburtstagskaffee. Das Gespräch drehte sich auch um Astrid Saharis Beerdigung und darum, wer die wohl bezahlte, da die Tote allein stehend gewesen war. Der Pastor wusste zu berichten, dass die Köchin ein recht ordentliches Bankkonto besessen hatte, sie würde also auf eigene Kosten bestattet.
»Oh ja, in der Lebensmittelbranche hat man noch immer seine Brötchen verdient«, sagte die achtzigjährige Hauswirtschaftsberaterin fröhlich.
Am Nachmittag führte Pastor Huuskonen Verhand lungen über die Erneuerung des Kirchendaches. Aus Lumparland von den Ålandinseln waren zwei Schindel macher gekommen, um das Dach auszumessen und ihr Angebot zu unterbreiten. Huuskonen billigte ihren Plan und sagte, dass er die Sache im Gemeindevorstand vorantreiben werde.
Als die beiden Schindelmacher zufrieden abgefahren waren, widmete sich der Pastor dem zweiten größeren Projekt. Der Totengräber der Gemeinde klagte schon seit langem über seinen Rücken und wünschte, dass zur Erleichterung seiner Arbeit ein Bagger angeschafft wür de. Er hatte von zwei Landmaschinenherstellern Ange bote eingeholt, und nun sollte zwischen ihnen ausge wählt werden. Huuskonen entschied sich für das ein heimische Modell Valtras, das angeblich besonders beweglich und auch für den gefrorenen Boden geeignet war.
Wenn die Gemeinde nicht in die Anschaffung des Baggers eingewilligt hätte, hätte man den Totengräber in Rente schicken müssen. Das fanden die Leute nicht anständig, denn immerhin hatte der Mann sein Leben lang auf dem Friedhof von Nummenpää Gräber geschau felt, Hunderte, wenn nicht sogar Tausende.
Pastor Huuskonen sagte sich, dass der besagte Bag ger der Firma Valmet bestimmt noch funktionstüchtig war, wenn er selbst starb und für ihn ein Grab geschau felt werden würde.
»Womöglich besteht sogar noch die Garantie«, dachte er ein wenig wehmütig.
Der Pastor sollte an diesem Tag eigentlich noch in der Diakonie von Nummenpää sprechen, aber da die Aus segnung der Köchin Astrid Sahari für denselben Abend vereinbart war, schaffte er den Termin in der Diakonie nicht. Und so hielt er denn im Festsaal der Kirchenge meinde die Trauerfeier für die weithin bekannte Köchin. Nur wenige Leute waren gekommen, im Tod war Astrid Sahari vergessen. Zu Lebzeiten hatte sie tausende fei ernder Münder gespeist, jetzt, auf ihrer eigenen Toten feier, hatte die arme Frau nur wenige treue Begleiter, und Delikatessen gab es auch nicht, nur Kaffee und einfache Kekse aus dem Dorfladen.
Pastor Huuskonen hielt eine schöne Gedenkrede für Astrid. Als Ausgangspunkt dienten ihm die Worte aus dem Johannes-Evangelium Kapitel 21, Vers 15:
»Jesus sprach: Weide meine Lämmer.« In diesem Kapitel berichtet Johannes, wie Jesus sei
nen Jüngern am Seeufer erscheint und bei der Gelegen heit dafür sorgt, dass sie eine Rekordmenge von Fischen fangen.
Der Pastor verglich Astrids Beköstigungsdienste mit einem Werk der Barmherzigkeit, in diesem Falle von einem Menschen aus Liebe und Fürsorge für seine Nächsten geleistet. Als Jesus seinen Jüngern am See erschien, wurden Brot und Fisch gegessen, was ganz natürlich war, denn die Jünger waren Fischer. Auch Astrid war eine Freundin von Fischgerichten gewesen. All die vielen herrlichen Räucherfische, Lachspasteten, Hechtaufläufe, und erst gar die Salzheringe, die geräu cherten kleinen Maränen und gebackenen Brachsen… mit ihnen hatte die Köchin die feiernden Einwohner der Gemeinde jahrzehntelang verwöhnt. Genau wie die Jünger war auch Astrid eine ausgezeichnete Bäckerin gewesen, sie hatte wohl die besten Roggen-, Gersten und süßen Brote, die besten Baguettes weit und breit gebacken, hatte den besten Zwieback, die besten Pirog gen gemacht.
»Aber der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Unsere liebe Verstorbene war unschlagbar bei der Zubereitung von Fleischgerichten, ja, sie waren geradezu göttlich!«
Andächtig zählte der Pastor weitere Delikatessen von Astrids Festtafeln auf:
»Denken wir nur an die gegarten Lammkeulen oder die langsam im Ofen gebackenen Schinken,… und erst die herrlichen Sülzen und Rouladen, oder die Schnee huhnbraten und die Fasanenbrüste, die in Fett gebrate nen Nieren, die luftgetrockneten Rentierschultern, ganz zu schweigen von ihrer berühmten Elchpastete!«
Den wenigen anwesenden Trauergästen lief bei den Worten des Pastors das Wasser im Munde zusammen. Als die Tote ausgesegnet und ins Grab gesenkt
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