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Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs

Titel: Ein bisschen blutig - Neue Gestaendnisse eines Kuechenchefs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Bourdain
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Büfetts und nippe an meinem Martini, als mich jemand berührt. Eine Hand fährt unter mein Jackett und den Rücken hinauf. Ich gehe davon aus, dass ich diese Person sehr gut kenne, wenn sie mich so berührt, zumal vor meiner Frau.
    Ottavia trainiert schon seit Jahren verschiedene asiatische Kampfsportarten, und das letzte Mal, als mir ein weiblicher Fan solcherlei Avancen machte, packte sie die Frau am Arm
und sagte sinngemäß: »Wenn Sie nicht die Hände von meinem Mann lassen, kriegen Sie eins in Ihre verdammte Fresse.« (Das waren sogar genau ihre Worte. Und es war keine leere Drohung.)
    Die Sekunde, in der ich mich nun umdrehte, verging in der Art Zeitlupe, wie man sie bei einem Autounfall erlebt, und war geprägt von einem wahrlich beängstigenden Anblick: dem Gesichtsausdruck meiner Frau. Er war so ungewöhnlich, weil ihre Züge zu einem starren Grinsen gefroren waren, das ich noch nie gesehen hatte. Was war das hinter mir, das eine solche Reaktion auslöste, sie geradezu lähmte wie ein Reh, das vom Fernlicht geblendet wird?
    Da blickte ich schon in das Gesicht von Sandra Lee.
    Jeder anderen Frau, die mir den Rücken gestreichelt hätte, wäre jetzt schon mit einem Faustschlag der Schädel gespalten oder zumindest der Ellbogen in den Brustkorb gerammt worden, gefolgt von einer Links-rechts-Kombination und einem Tritt auf den Kiefer, der dem Opfer auf dem Weg zum Boden den Rest gegeben hätte. Aber nein. Die TV-Königin, Moderatorin der Serie Semi-Homemade, übte eine dermaßen groteske, entsetzliche Macht über uns aus, dass wir dastanden wie hypnotisierte Küken. Dass neben Sandra der Justizminister des Staates New York und Kandidat für den Gouverneursposten Andrew Cuomo stand - ihr Lebensgefährte -, machte die Sache noch bedrohlicher.
    »Sie sind ein böser Junge«, sagte Sandra und meinte damit wohl meine beiläufige Bemerkung, sie sei die »Höllenbrut von Betty Crocker und Charles Manson«. Vielleicht hatte ich auch einmal vom »durch und durch Bösen« gesprochen. Angeblich habe ich in Zusammenhang mit Sandras
berühmt-berüchtigten Rezepten wie dem »Kwanzaa Cake« auch das Wort »Kriegsverbrechen« verwendet. In diesem Moment habe ich allerdings keinerlei Erinnerung an solche Bemerkungen.
    Ich weiß auch nicht mehr, wie ich reagierte, als mir Sandras eiskalte Raubtierkrallen über Rückgrat und Hüfte strichen und wie die grauenvollen Zähne eines Aliens nach einer empfindlichen Stelle tasteten, ehe sie sich tief in die weiche Masse von Nieren oder Leber gruben. Rückblickend stelle ich mir vor, dass ich wie Ralph Kramden in der Sketchshow The Honeymooners : »Homina-homina-homina!« rufe.
    Aber so war es nicht. Eigentlich war es eher wie in Kap der Angst . Gregory Peck und seine Familie geraten in den Bann des bösen Robert Mitchum. Da steht er, im Gang, eine kaum verhüllte Bedrohung, knapp an der Grenze des noch akzeptablen Verhaltens. Mit jeder Sekunde, die vergeht, denkt man: »Kann ich die Polizei rufen? … Jetzt? … Oder … jetzt?« Derweil überschreitet der bedrohliche Fast-Eindringling die Grenze noch nicht, lässt sein Gegenüber aber wissen: »Ich komme rein, wenn ich es will.«
    Sie erforschte gerade meine Nierengegend, sah meiner Frau dabei auch noch direkt in die Augen und sagte: »Keine Speckröllchen«, was nicht ganz zutrifft, aber präzise Fleischbeschau war wohl auch nicht Zweck der Übung. Meiner Frau - und damit auch mir - wurde unmissverständlich mitgeteilt, dass sie wie Mitchum in Kap der Angst jederzeit schnurstracks in unser Wohnzimmer marschieren und uns nach Belieben allerlei grässliche Grausamkeiten antun konnte - wir konnten gar nichts dagegen ausrichten.

    »Sind die Ohren schon rot?«, waren ihre letzten Worte, begleitet von einem Zupfer am Ohrläppchen. Dann war sie mit mir fertig und ging weiter. Sie hatte alles gesagt.
    Das ist Sandra Lees Welt. Es ist Rachaels Welt. Sie und ich, wir leben nur zufällig darin.
    Falls es mir damals noch nicht klar wurde, als mich Tante Sandy auf den Kopf stellte, schüttelte und nur die Hülse von einem Mann übrig ließ, ähnlich den Resten einer Hummermahlzeit, so begriff ich es letzte Woche endgültig, als Scribbs Howard, das Mutterunternehmen von Food Network, Rupert Murdochs NewsCorp überbot und meinen Sender, den Travel Channel, erwarb - für fast eine Milliarde Dollar. Womit ich wieder in der Galeere landete, auf der ich doch nie wieder hatte arbeiten wollen.
    Heute, viel später, fällt mir wieder ein, wie mein

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